Vaterstetten:Game over

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Vaterstettener Bauausschuss fügt sich Entscheidung des Verwaltungsgerichts und genehmigt umstrittene Spielhalle

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Im Parsdorfer Gewerbegebiet dürfen acht Daddelautomaten aufgestellt werden. Der Bauausschuss genehmigte den Umbau eines Bürogebäudes zu einer Spielhalle - wenn auch sichtlich ungern. Eine Wahl hatten die Gemeinderäte indes keine, in der vergangenen Woche hatte das Verwaltungsgericht München bei einem Lokaltermin klar gemacht, dass es der Gemeinde keinerlei Handhabe gegen das Automatencasino einräumt.

Darauf wies auch Bauamtsleiterin Brigitte Littke in der Sitzung hin. Zwar hatte die Gemeinde früher entsprechende Anträge stets abgelehnt, im vergangenen Jahr mit Verweis auf den sogenannten "Trading-Down-Effekt". Demnach würde ein Etablissement wie die geplante Spielhalle schädliche Auswirkungen auf das übrige Gewerbegebiet haben, etwa die Grundstückspreise verderben und andere zweifelhafte Nutzungen in der Umgebung anlocken. Dass es einen solchen Effekt grundsätzlich gibt hatte zwar auch das Gericht bestätigt, aber eben nicht in Parsdorf rund um den Posthalterring. Denn das dortige Gebiet beherbergt nach Ansicht der Verwaltungsrichter kein besonders hochwertiges Gewerbe, das man vor unliebsamer Nachbarschaft schützen müsse. Zudem sei die beantragte Spielhalle mit acht Automaten und 98,56 Quadratmetern - ab 100 Quadratmetern wird ein aufwendigeres Genehmigungsverfahren nötig - zu klein, um sich schädlich auf die Umgebung auszuwirken. In einem Präzedenzfall wurde ein "Trading-Down-Effekt" erst bei einer vier Mal so großen Spielhalle bejaht. Das Gericht hatte angeregt, das Verfahren auf kurzem Weg ohne Urteil zu erledigen, indem der Antragsteller seine Klage zurückzieht, und die Gemeinde die Spielhalle genehmigt.

Für den Zweiten Bürgermeister Martin Wagner (CSU) ist der Ausgang der Verhandlung keine Überraschung. Dass die Chancen für die Gemeinde nicht gut standen, sei ohnehin von Anfang an klar gewesen, so Wagner, "wir haben schon gewusst, dass die Ablehnung wackelig ist". Dennoch sei das Ergebnis ärgerlich, dass man das Casino nun genehmigen müsse "bedauere ich außerordentlich, das finde ich sehr schade", so Wagner. Trotzdem sei es richtig gewesen, zunächst das Verfahren abzuwarten, meinte Wagner, einer Einschätzung der auch Manfred Schmidt (FBU/AfD) zustimmte. "Es war gut, dass wir den Rechtsweg gewählt haben", so Schmidt, dennoch sei es jetzt besser, das Verfahren zu beenden, da die Chancen in einer Berufungsverhandlung wohl nicht besser würden.

Maria Wirnitzer (SPD) stellte die Frage, ob es nicht andere Möglichkeiten gegeben hätte, die Spielhalle zu verhindern, etwa durch eine Veränderungssperre. Eine solche sei leider nur für begrenzte Zeit gültig, so Littke, danach könne der Bauwerber dagegen klagen. Das Problem sei, dass im alten Parsdorfer Gewerbegebiet die Baunutzungsverordnung gelte, wie sie vor 1990 bestand, und die lasse Spielstätten zu. Nicht zuletzt sei auch noch der gültige Bebauungsplan selbst ein Problem, dieser weise einige teils erhebliche Rechtsmängel und Formfehler auf, so die Bauamtsleiterin.

Für Wagner ist es jetzt vor allem wichtig, "dass nicht noch mehr passiert." Die Spielhalle selbst könne man zwar nicht mehr verhindern, aber "wir sollten jetzt höllisch aufpassen, dass das nicht erweitert wird und eventuell ins neue Gewerbegebiet rübergeht". Letzteres gilt aufgrund des dort gültigen Bebauungsplanes, der Spielstätten genau wie Bordelle ausdrücklich untersagt, als unwahrscheinlich. Eine Erweiterung der Halle am Posthalterring müsste die Gemeinde aber wohl bis zu einem gewissen Grad hinnehmen, so Littke: "Nach Meinung des Gerichts können wir eher nicht ablehnen." Michelino Capezzuto-Zehetmeier (CSU) wollte wissen, was im schlimmsten Fall zu erwarten sei: "Kann der jetzt in einem halben Jahr kommen und auf 500 Quadratmeter erweitern?" Eine solcher Zuwachs sei wohl nicht möglich, sagte Littke, denn bei einer derartigen Größe könne man sich wahrscheinlich doch auf einen "Trading-Down-Effekt" berufen. Allerdings sei eine Verdoppelung der Fläche durchaus wahrscheinlich und seitens der Gemeinde auch nicht zu verhindern.

© SZ vom 07.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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