Vaterstetten:Freie Wähler attackieren eigenen Bürgermeister

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Die CSU wirft Georg Reitsberger in der Haushaltsdebatte Planlosigkeit vor. Sogar seine eigene Fraktion, fällt ihm in den Rücken - und wird selbst heftig kritisiert.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Dass sich ein Bürgermeister Kritik anhören muss, ist besonders in der Haushaltsdebatte nicht ungewöhnlich. Dass ihn aber Redner anderer Fraktionen gegen Äußerungen aus seiner eigenen Partei in Schutz nehmen, dürfte Seltenheitswert haben. Im Gemeinderat haben nun CSU, SPD und Grüne scharfe Kritik an den Freien Wählern geäußert für deren Umgang mit der Verwaltung und ihrem eigenen Bürgermeister.

Natürlich gab es auch Kritik an Georg Reitsberger, etwa von Christl Mitterer (CSU). Sie kritisierte, dass es nach wie vor "nicht einmal die Andeutung konkreter Planungen und Finanzierbarkeiten" für die Großprojekte rund ums Rathaus gebe. Auch Reitsbergers Idee, Wendelsteinschule, Rathaus und Bürgersaal zeitlich versetzt zu bauen, verwarf Mitterer. Besser sei "eine Gesamtlösung, die städtebaulich Sinn macht". Außerdem forderte sie die Anmietung von Büros, um dem Platzmangel im Rathaus beizukommen.

Bessere Planung forderte auch Axel Weingärtner (Grüne), und zwar der Folgen von Großprojekten. So sei überhaupt nicht absehbar, was die in einigen Jahren im neuen Wohngebiet Nord und Nordwest einziehenden rund 1500 Neubürger für die Infrastruktur bedeuteten. Die Gemeinde werde aber neue Kindergärten und Schulen brauchen, außerdem seien Verkehrsprobleme zu erwarten. Diese durch Umgehungsstraßen zu lösen, wie etwa in Parsdorf, lehnen die Grünen ab, genau wie den Haushalt, der auch Mittel für diese Umfahrung bereitstellt. Auch Manfred Schmidt (FBU/AfD) stimmte gegen das Zahlenwerk. Er forderte unter anderem die Einführung einer Straßenausbaubeitragssatzung, die Streichung von Vergünstigungen wie Freibier für Senioren beim Volksfest und eine Anhebung der Gewerbesteuer. Im Gegenzug könne man die Grundsteuer senken, schlug Schmidt vor.

Weitgehend zufrieden mit dem Haushalt war die SPD. "Das gemeindliche Schiff ist nicht im Ozean versunken, sondern gut unterwegs", lobte Dritter Bürgermeister Günter Lenz angesichts der steigenden Einnahmen bei Gewerbe- und Einkommensteuer. Kritik gab es dagegen an den Freien Wählern für deren Vorbereitung auf die Sitzung: "Wenn es vom Kämmerer angeboten wird, in die Fraktionen zu kommen, finde ich es schade, wenn so ein Angebot nicht angenommen wird."

Weingärtner kritisierte ebenfalls die Freien Wähler: Deren "Störfeuer" seien "nicht hilfreich". Er bezog sich auf ein kurz vor der Haushaltsberatung verschicktes Schreiben von FW-Pressesprecher Udo Ricke. Dieser erhebt zahlreiche Vorwürfe, unter anderem wegen der seiner Meinung nach undurchdachten Planungen. Auch dass man es mit dem Sparen freiwilliger Leistungen nicht ernst meine, kritisiert er. Zu diesem Thema gibt es seit einigen Monaten eine Arbeitsgruppe, die laut Weingärtner durchaus erfolgreich arbeite: "Der Bürgermeister und wir Gemeinderäte machen sich Gedanken und dann müssen wir uns anhören, dass wir alles versanden lassen." Für CSU-Fraktionssprecher Michael Niebler könne man die Fundamentalkritik der Freien Wähler "nur als bizarr ansehen", schließlich sei es "der Haushalt ihres Bürgermeisters".

FW-Gemeinderat Peter Reitsberger bemühte sich, die Kritik Rickes zu relativieren. Diese sei nicht mit der Fraktion abgesprochen, erklärte er, "wir wollen uns davon distanzieren". Aber offenbar nicht alle. Reitsbergers Fraktionskollege Herbert Uhl meinte, er könne Nieblers Kritik nicht ganz verstehen, schließlich habe dessen Parteifreundin Mitterer doch ebenfalls die Planungen der Großprojekte bemängelt. Die Ablehnung des Angebots der Kämmerei erklärte Uhl damit, dass er die vergangenen Wochen im Urlaub gewesen sei. Aber im Jahr zuvor habe er den Haushalt "sehr ausführlich mit dem Kämmerer besprochen" und sei sich daher sicher, dass das Zahlenwerk auch heuer "handwerklich gut" sei. Dem Haushalt stimmten die Freien Wähler anschließend zu, dagegen waren Grüne und FBU/AfD.

Einstimmig beschlossen wurde dagegen, dass die Vhs bis auf Weiteres weniger Geld bekommen soll. Grund ist, dass die Musikschule überraschenderweise nicht in ein von der Gemeinde angemietetes Gebäude in der Baldhamer Straße umziehen möchte. Der für diesen Umzug im Haushalt eingeplante Zuschuss in Höhe von 63 400 Euro wird daher bis nur zu einem Drittel ausbezahlt.

© SZ vom 14.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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