Vaterstetten/Ebersberg:Kasimirs Abenteuer

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Durch den rauchenden Schlot eines (Bühnen-)Vulkans wird in dem Märchensingspiel des Don-Camillo-Chors ein Lavastein auf die Erde katapultiert. (Foto: Christian Endt)

Der Vaterstettener "Don-Camillo-Chor" führt ein faszinierendes A-cappella-Märchen auf. Musik, Text und Inszenierung sind komplett selbst geschaffen

Von Peter Kees, Vaterstetten/Ebersberg

Kindertheater vom Feinsten konnte man vergangenen Samstag im Alten Speicher in Ebersberg und am Sonntag im GSD Festsaal in Vaterstetten erleben, besser: Kindermusiktheater. Es ist ein hübsches musikalisches Märchen, das der Vaterstettener Don-Camillo-Chor sich da ausgedacht hat - die Abenteuer eines Lavasteins mit Namen Kasimir. Das Besondere daran: Der Chor singt a cappella. Er swingt, jazzt, rockt und klingt manchmal auch ganz klassisch, an einer Stelle sogar bairisch.

Die Geschichte geht so: Auf einer Wiese sitzt die Hummel Trude gemütlich auf einer kleinen gelben Blume, als sich plötzlich vor ihr ein Spalt in der Erde auftut und unter tosendem Grummeln, einem Vulkanausbruch gleich, Kasimir aus dem Erdinneren auf die Erdoberfläche geflogen kommt. Wie sich herausstellt, hat der innerirdische Stein eine wichtige Mission zu erfüllen: Er sucht die im Erdinnern verschwundene goldene Sumpfdotterblume, die bei einem Vulkanausbruch versehentlich mit auf die Erde geflogen war. Der Verlust lässt die Höhlen düster werden. Die Blume, das Leben, muss wieder her, sonst ereilt alle eine große Traurigkeit. Hummel und Lavastein gehen auf Suche. Ein großes Abenteuer beginnt, an dessen Ende die Blume natürlich wieder auftaucht und von Kasimir zurück ins Erdinnere gebracht wird.

Den Plot haben sich Sängerinnen, Sänger und Chorleiter selbst ausgedacht. Er funktioniert hervorragend und ließ so manches Kinderherz höher schlagen. Ausgedacht haben sich die Sänger aber auch die Musik dazu, sowie die bestens gelungene Inszenierung. Das Ganze beginnt mit einem Erzähler - bald sind es zwei, Robert Gregor Kühn und Philipp Bernhard, die auch die Hauptprotagonisten spielen. Der Sprecher führt auf der Bühne in die Geschichte ein, während der Chor noch hinter dem Publikum steht und mit einer Art Sprechgesang zur Bühne kommt. Und da offenbart sich bereits das ganze Wunder dieses Abends: Dem Chor gelingt es, wunderbare Arrangements zu singen, lebendig und frisch, Atmosphäre, Geräuschkulissen mit einfallsreichen und simplen Mitteln zu zaubern (bei Regen beispielsweise wird mit den Fingern geschnippt oder auf die Schenkel geklopft).

Durch rhythmisches Pfeifen, Summen und Singen kreieren die Choristen zu Beginn eine liebliche Sommerwiese. Alles endet in großartigem Piano, ehe sich die Erde auftut und Kasimir erscheint. Und wieder zaubern die Sänger und Sängerinnen eine faszinierende Stimmung, ehe sie in wunderbar arrangierte, zum Teil selbst komponierte Songs übergehen, voller Musikalität und swingender Rhythmik. Kindern kann man kaum etwas Besseres antun, als sie mit in dieses Stück zu nehmen. Poppig klingt es manchmal, auch jazzig, feine Chorsätze finden sich; und immer wieder besticht die Frische dieser Aufführung, aber auch die Fantasie, mit der Macher und Darsteller sich Musik, Arrangements, Geschichte, Texte, Inszenierung und Bühnenbild ausgedacht haben.

Kaum gehen Hummel und Lavastein auf Wanderschaft, treffen sie auf eitle Gänseblümchen (wie hübsch sich die Chordamen hier kleine Blümchen ins Haar flechten), die ihnen den Weg weisen zu einem Turm in einem See hinter dem Wald und drei Vulkanbergen. Dort könnte die gesuchte Blume von einem gefährlichen Ungeheuer gefangen gehalten werden. Schließlich ist das Ungeheuer ein Tausendfüßler (wunderbar von den Chorherren samt Chorsolisten dargestellt). Über den See führt ein morsches Holzboot, angenagt von Holzwürmern, die sich zur Überfahrt in die Löcher setzen, damit kein Wasser in das Gefährt eindringt. Die nagen noch die Türe zum Turm auf, und schon ist die gesuchte Blume gefunden. Doch oh weh, die Hummel ist von ihrem Duft so betört, dass sie in die Blüte fliegt - und schwupps, fällt die goldene Sumpfdotterblume um. Aber, da war doch noch was: Auf dem Weg haben Hummel und Stein ein pupsendes Flugschwein getroffen, das die Blume nun wieder lebendig werden lässt. Happy End!

Zwar fühlt man sich an manch bekannte Märchenadaption erinnert, etwa an den Zauberwald in der Oper "Hänsel und Gretel", und doch ist das selbst kreierte Stück ein großartiger Wurf mit viel Witz, Spannung und überzeugender Spielfreude. Dass man zudem auf höchstem Niveau musiziert, oder vielmehr singt, macht die Sache noch runder. Prädikat: besonders empfehlenswert.

© SZ vom 02.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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