Vaterstetten:Die Preis-Frage

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Die Großmarkthalle bräuchte nach mehr als einem Jahrhundert eine Generalüberholung - oder einen Umzug nach Parsdorf, worauf Vaterstetten hofft. (Foto: Robert Haas)

Nach jüngsten Kostenschätzungen für den Neubau der Münchner Großmarkthalle wittert man in Vaterstetten Morgenluft

Von Wieland Bögel

Kostensteigerungen am Bau sind ärgerlich - meistens zumindest. In Vaterstetten indes sorgt ein ziemlich teures Bauvorhaben gerade für eher entspannte Stimmung. Denn es handelt sich nicht um ein eigenes Projekt, sondern um den Bau der Großmarkthalle in München. Und dort gibt es gerade Streit um die Kosten, was man in Vaterstetten nicht ungern hört - ist die Großgemeinde doch als Ausweichstandort für die Markthalle im Gespräch.

Manche hielten es für einen verspäteten Aprilscherz, als der Fruchthandelsverband laut über einen Auszug aus der Halle in Sendling nachdachte. Doch die in der ersten Aprilwoche kommunizierten Pläne klangen ziemlich konkret: Man habe einen Investor an der Hand, der in Parsdorf nicht nur eine komplett neue, sondern auch eine viel günstigere Großmarkthalle hinstellen wolle. Während die knapp 400 Nutzer aktuell in München rund 15 Euro pro Quadratmeter und Monat bezahlen, lägen die Kosten am neuen - und moderneren - Standort Parsdorf nur bei etwa der Hälfte.

Offiziell bestätigen wollte man diese Zahlen beim Fruchthändlerverband zwar nicht. Aber wenige Tage nachdem die ersten Gerüchte über einen Umzug nach Parsdorf an die Öffentlichkeit lanciert wurden, wurden diese auch schon von höchster Stelle bestätigt. Günther Warchola, Präsident des bayerischen Fruchthändlerverbandes, erklärte, ein Großteil der Fruchthändler habe sich für einen Umzug aufs Land ausgesprochen. Auch, wo dieses Land genau liegen soll, wurde bekannt: Es handelt sich um ein Areal an der A 94, das vor einigen Jahren bereits als interkommunales Gewerbegebiet von Poing und Vaterstetten gemeinsam entwickelt werden sollte - woraus dann aber nichts wurde.

In Vaterstetten selbst war die Reaktion auf die Pläne geteilt: Während die offizielle Gemeinde um Bürgermeister Georg Reitsberger und Wirtschaftsförderer Georg Kast den möglichen Umzug begrüßte - und auf die dringend benötigten Gewerbesteuereinnahmen verwies - , gab es von anderer Seite viel Kritik. So beklagte etwa die örtliche FDP, mit der Ansiedelung der Großmarkthallen werde man kaum große Einnahmenzuwächse, dafür aber starken Zuwachs beim Verkehr bekommen. Noch deutlicher wurde die Kritik auf der Bürgerversammlung in Parsdorf Ende April. Auch dort wurde vor einer Zunahme des Verkehrs durch die Markthallen gewarnt, und in Frage gestellt, dass die Gemeinde überhaupt viel Gewerbesteuer erzielen werde. Die Bürger verabschiedeten sogar einen Antrag an den Gemeinderat, dass dieser sich gegen eine Ansiedelung der Markthalle aussprechen soll. Was laut Bürgermeister Reitsberger wohl gar nicht mehr nötig sei. Noch auf der Versammlung bezeichnete er einen Umzug der Großmarkthalle nach Parsdorf als "eher unwahrscheinlich."

Grund dafür war, dass man in München die Pläne für einen Neubau der Halle in Sendling nach der Auszugsdrohung der Händler mit Hochdruck vorantrieb. Noch vor der Sommerpause, so beeilte sich Kommunalreferent Axel Markwardt zu betonen, werde der Stadtrat einen konkreten Neubauplan beschließen. Markwardt verwies dabei auch auf ein "Stillhalteabkommen" mit der Gemeinde Vaterstetten. Auf dieses bezog sich Reitsberger wohl auch auf der Bürgerversammlung, ohne es konkret zu nennen: Demnach wird Vaterstetten den Bau einer Großmarkthalle nicht aktiv weiterverfolgen, sollten die Münchner selbst eine neue bauen. Doch dieser Neubau sorgt in der Landeshauptstadt nun für Ärger, nachdem Markwardt vergangene Woche den Kostenrahmen für das Bauprojekt vorgestellt hatte: Gut 150 Millionen Euro sollte die neue Halle kosten, woraufhin die Stadtrats-CSU prompt die Zustimmung verweigerte.

Eine Entwicklung, die man in Vaterstetten "schon ganz interessant", findet, wie Wirtschaftsförderer Kast sagt. Zwar sei damit noch keine definitive Entscheidung für ein Aus der Halle an der Thalkirchner Straße gefallen, aber die Parsdorf-Option doch ein wenig wahrscheinlicher geworden. Denn ein 150-Millionen-Neubau würde laut Kast deutlich höhere Mieten bedeuten, was für die Händler wiederum einen günstigeren Standort attraktiver mache. Der Investor für den Neubau der Hallen in Parsdorf sei laut Kast weiterhin an dem Projekt interessiert.

Bleibt noch der Antrag der Parsdorfer gegen eine Ansiedelung der Markthallen. Dieser muss binnen der nächsten zwei Monate im Gemeinderat behandelt werden. Angesichts früherer großer Mehrheiten zugunsten großer Gewerbeansiedlungen gilt eine Zustimmung zum Antrag indes als eher unwahrscheinlich.

© SZ vom 26.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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