Vaterstetten:Der Würfel hat missfallen

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Das alte Gasthaus in Neufarn soll einen modernen Anbau mit Flachdach bekommen. Das Denkmalamt hätte damit keine Probleme, die Vaterstettener Gemeinderäte dagegen schon. Sie befürchten eine Beeinträchtigung des Ortsbildes. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vaterstettens Bauausschuss sorgt sich wegen eines geplanten Anbaus an ein Neufarner Hotel um das historische Ortsbild, obwohl das Landesamt für Denkmalpflege keine Einwände hat

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Der Denkmalschutz gilt vielen Bauherren als institutionalisierter Gottseibeiuns. Viele Auflagen hat zu beachten, wer ein altes Haus oder auch nur eines in der Nähe eines alten Hauses umbauen möchte. In Vaterstetten gibt es dagegen gerade den ungewöhnlichen Fall, dass der Denkmalschutz mit einem Bauvorhaben vollumfänglich zufrieden ist - was aber nicht auf die Mitglieder des Bauausschusses zutrifft.

Dort wurden nun die Pläne für die Neugestaltung eines Anbaus des alten Gasthauses an der Neufarner Kirche vorgestellt. Grund ist eine geplante Nutzungsänderung des Hotels, Teile davon sollen zu einem Wohnhaus werden, darunter auch der Anbau. Dieser soll allerdings auch größer werden. Beantragt wurde, ein Geschoss aufzusetzen. Wogegen man im Bauamt eigentlich nichts einzuwenden hätte. Die Form des Aufbaus, ein würfel- beziehungsweise kastenförmiges Geschoss mit Flachdach, war der Genehmigungsbehörde allerdings suspekt.

Denn, wie Bauamtsleiterin Brigitte Littke nun auch im Ausschuss vortrug, befinden sich in unmittelbarer Nähe zum alten Wirtshaus gleich vier denkmalgeschützte Gebäude. Gleich gegenüber, auf der anderen Seite der Münchner Straße, steht die Peter-und-Paul-Kirche aus dem Jahr 1868. Noch älter ist das östliche Nachbargebäude, ein Bauernhaus von 1840, vier Jahre älter ist das Kuraten- und Schulhaus, das ebenfalls in direkter Nachbarschaft liegt. Zudem befindet sich knapp 100 Meter westlich noch die neugotische Lourdes-Kapelle aus dem Jahr 1870.

Um eventuelle Konflikte mit dem historischen Erbe auszuschließen, hatte sich die Verwaltung darum an das Landesamt für Denkmalpflege gewandt - und von dort eine überraschende Antwort bekommen. Gegen den Würfel auf dem Wirtshausdach hatte die Behörde keine Einwände. Sie erteilte zwar einige Auflagen, etwa zur Farbgestaltung und zum Erhalt der Fensterform im Altbau des Hotels, grundsätzlich könne der Neubau aber wie geplant erstellt werden.

Die Ausschussmitglieder waren allerdings quer durch alle Fraktionen deutlich anderer Meinung. Dass an dem Hotel angebaut wird, sei schon in Ordnung, "aber muss es denn unbedingt so was sein?", fragte etwa Maria Wirnitzer (SPD). "Ich finde nicht, dass sich das einfügt mitten im Dorf, das haut ganz schön rein." Dem sei nichts hinzuzufügen, stimmte Leo Spitzauer (CSU) zu, etwas Hinzufügung kam allerdings von seinem Fraktionskollegen Stefan Huber. Es sei schon "schwer nachvollziehbar", dass die Denkmalbehörde für diesen "Fremdkörper" ihre Zustimmung erteilt habe. "Das passt gar nicht zum Bestand." Ähnlich äußerte sich Renate Will (FDP), "meiner persönlichen Ansicht nach wäre es für das Ortsbild schon problematisch." Auch Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) hatte seine Zweifel, dass der Neubau dem Ensemble gut tun würde. Er erinnerte daran, dass auch das alte Gasthaus "ein markantes Gebäude und ein Teil der Ortsgeschichte sei."

Vielleicht könne man mit dem Bauwerber noch einmal reden, regte Wirnitzer an, und im Rahmen einer Bauberatung einen etwas ortsbildschonenderen Anbau erreichen. Dies befürwortete auch Huber, man solle fragen, "ob es wirklich dieser Entwurf sein muss." Dritter Bürgermeister Günter Lenz (SPD) erklärte, auch an die Antragsteller im Publikum gerichtet, dass der Ausschuss "dem Neubau grundsätzlich positiv gegenüberstehe, "aber mit diesem Plan haben viele hier Bauchschmerzen." Der Antrag wurde daraufhin zurückgestellt, auch wenn Littke einige Zweifel daran hatte, in einer erneuten Bauberatung - zwei hatte es schon gegeben - andere Ergebnisse zu erzielen.

Falls alle Stricke reißen, könnte vielleicht die kürzlich beschlossene Freiflächengestaltungssatzung hilfreich werden. Denn dort steht, neben Regelungen zur Höhe von Gartenzäunen und Tipps zur Begrünung, auch, dass in den Ortschaften gewisse Dachformen unzulässig sind - etwa Flachdächer.

© SZ vom 13.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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