Vaterstetten:Das Geld liegt auf der Straße - oder auch nicht

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Vaterstetten muss demnächst bei Anliegern für Sanierungen der Verkehrswege kassieren, dies ist nach einer aktuellen Gesetzesänderung vorgeschrieben. Fraglich ist allerdings, ob es sich lohnt. Die Erfahrungen anderer Kommunen sprechen eher dagegen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Ein Schlagloch vor dem Haus ist ärgerlich, dennoch könnte seine Beseitigung bei einigen Anwohnern in Vaterstetten künftig nicht nur reine Freude auslösen. Die Gemeinde muss nämlich demnächst eine Straßenausbaubeitragssatzung einführen. Hinter dem sperrigen Wort verbirgt sich die Tatsache, dass die Gemeinde bei Straßenreparaturen künftig bei den Anliegern mitkassiert.

Auch bisher zahlen Anwohner für den Straßenbau, aber nur wenn neu gebaut wird. Reparaturen und Sanierungen bestehender Straßen werden derzeit komplett aus der Gemeindekasse bestritten. Damit könnte aber bald Schluss sein, nach der Anfang des Jahres geänderten Kommunalabgabensatzung ist eine Anwohnerbeteiligung verpflichtend. Darauf wies Bauamtsleiterin Brigitte Littke nun im Gemeinderat hin und präsentierte gleich zwei Modelle, wie sich Beiträge zum Straßenausbau eintreiben lassen können.

Einmal viel oder regelmäßig wenig - das sind die zwei Möglichkeiten

Das klassische Modell sind die sogenannten "einmaligen Beiträge". Dabei wird immer nur von den Anwohnern kassiert, die an der Straße wohnen, die gerade saniert wird. Möglich seien aber auch "wiederkehrende Beiträge", dabei werden mehrere Straßenzüge, ganze Ortsteile oder Siedlungen zu einer Einheit zusammengefasst.

Wenn irgendwo in dem Quartier eine Straße repariert wird, werden die Kosten auf alle Bewohner umgelegt. Beide Modelle hätten ihre Vor- und Nachteile, sagte Littke. So sei das klassische Modell mit weniger Aufwand verbunden als die Umlage auf einen größeren Personenkreis. Diese jedoch, so zeigten es Erfahrungen aus anderen Kommunen, werde von den Bürgern eher akzeptiert, weil die Summen für den einzelnen geringer seien.

Geringe Summen seien es allerdings wohl auch, welche durch die neue Abgabe letztlich in der Gemeindekasse landeten. Littke führte als Beispiel die Stadt München an. Dort hatte man 2005 wegen klammer Kassen eine Anliegerbeteiligung eingeführt - und 2014 wieder abgeschafft. Denn in knapp zehn Jahren waren gerade 2,5 Millionen Euro eingegangen. Gleichzeitig waren aber zusätzliche Verwaltungskosten pro Jahr von 300 000 bis 350 000 Euro entstanden.

Nur nichts überstürzen, rät der Gemeindetag

Auch die Anteile, welche eine Kommune von den Anliegern einfordern kann, sind gedeckelt: Für eine reine Anwohnerstraße sind es drei Viertel der Kosten, bei Durchgangsstraßen nur 30 Prozent. Littke zitierte auch eine Stellungnahme des Gemeindetages, der nach der Änderung des Gesetzes den Kommunen empfohlen hatte, genau die Modelle zu prüfen und auf keinen Fall überstürzt eine Beitragssatzung einzuführen.

Genau dies forderte aber FBU/AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt. Er stellte den - von der Mehrheit abgelehnten - Antrag, die Verwaltung solle so bald einen Satzungsentwurf vorlegen, dass bereits von Januar an kassiert werden könne.

Mehrere Gemeinderäte forderten, dass die Bürger überhaupt nicht mitzahlen sollen. "Das kann schlechter gestellte Bürger schnell in den Ruin treiben", warnte Peter Reitsberger (FW). Dritter Bürgermeister Günter Lenz (SPD) sagte, es sei ungerecht, jetzt Leute für etwas zur Kasse zu bitten, was andere jahrzehntelang umsonst bekommen hätten. "Da wird es auf jeden Fall Klagen vor Gericht geben", prophezeite Renate Will (FDP) und fragte nach dem Mehraufwand für die Verwaltung.

Im Rathaus wird man mehr Personal benötigen

Mindestens eine Stelle zusätzlich brauche man schon, so Littke, eher mehr, wenn man das kompliziertere System einführe. Ein ziemlich großer Aufwand dafür, "dass am Ende die Erträge so gering sind", befand Benedikt Weber (CSU). Roland Meier (FW) regte an, "einfach von jedem Bürger fünf Euro im Jahr" zu kassieren, und sich die Satzung zu sparen.

Mit fünf Euro sei es eher nicht getan, entgegnete Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU). Denn der Verzicht auf die Satzung ist laut Gesetz nur möglich, falls "die Kommune weder für den laufenden Haushalt, noch zur Finanzierung von anstehenden Investitionen auf eine Kreditaufnahme angewiesen ist". Um dahin zu kommen, müsste Vaterstetten seine Haus- und Grundsteuern etwa verdoppeln, so Wagner.

Ohnehin gehe es im Moment noch nicht um die Einführung der Satzung, sondern "um Erkenntnisgewinn", erklärte Bürgermeister Georg Reitsberger (FW). Zunächst will die Verwaltung ein Gespräch mit dem Gemeindetag führen und Erfahrungen anderer Kommunen einholen, um sich für eines der beiden Beteiligungsmodelle zu entscheiden. Auch eine Kosten-Nutzen-Analyse soll erstellt werden. Ende des Jahres soll dann der Gemeinderat darüber informiert werden. Wann - und ob - die Satzung dann beschlossen wird, steht aber nicht fest. Denn zwar gibt es eine Verpflichtung, die Beteiligung einzuführen, eine Frist hat der Gesetzgeber aber nicht gestellt.

© SZ vom 17.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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