Großer Erfolg in Vaterstetten:Bavaria, Babelsberg - Hollywood

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Der Schüler Paul Füchsl aus Baldham dreht Kurzfilme. Für seinen düsteren Krimi hat er nun gleich drei Preise gewonnen

Von Nathalie Stenger

Was ergeben ein dunkler Kellerraum, vernebelndes Raumspray und der Qualm von Petersilienzigaretten? Ganz klar, die Privatdetektei von Jefferson natürlich. Diese ist das aufwendigste Szenenbild des Kurzfilms "Das Norman-Vermächtnis". Sein Schöpfer, der Schüler Paul Füchsl aus Baldham, hat damit nun gleich drei Preise beim "Crossmedia Wettbewerb", einer Plattform für digitale Medien in Bayern, gewonnen.

Wenn man es nicht besser wüsste, könnte es sich bei dem Gespräch um ein Interview mit einem professionellen Regisseur handeln, und nicht etwa mit einem siebzehnjährigen Schüler. Wie ein richtiger Filmemacher sitzt Paul in einem großen Drehstuhl, die Hände mal auf der Lehne, dann, in Denkerpose, das Kinn streichelnd. Manchmal verschränkt er die Arme. Er dreht sich leicht hin und her, während er, im Laufe des Gesprächs immer selbstbewusster, von seinen bisherigen Drehs, verrauchten Detektivbüros im eigenen Keller und neuen Ideen erzählt.

Paul Füchsl, angehender Abiturient am Humboldt-Gymnasium in Vaterstetten und mehrfacher Preisträger bei Crossmedia für zwei Kurzfilme, hat schon große Pläne. Er will in die Filmbranche. Ob als Regisseur, Schauspieler oder Komponist - Paul spielt Klavier - weiß er noch nicht genau. Wenn er sich sofort entscheiden müsste? "Regisseur", lautet die Antwort, wie aus der Pistole. "Da überleg' ich aber auch jeden Tag rum", sagt er dann und lacht.

Seit seinem zehnten Lebensjahr dreht Paul Füchsl Filme. Anfangs waren es Werbespots mit seinen Nachbarn, heute sind es professionell anmutende Kurzfilme, für die der Gymnasiast nun schon das zweite Jahr in Folge ausgezeichnet wurde. Beim Crossmedia Wettbewerb präsentieren bayerische Schülerinnen und Schüler ihre kreative Nutzung digitaler Medien. Eingereicht werden können Arbeiten in den Bereichen Games, Apps, Musik, Sprache, Text und Kurzfilm. 2018 wurden Paul Füchsl und sein Mitschüler Laurin Merbeck mit dem dritten Platz für die 3D-Arbeit in ihrem Kurzfilm "Jurassic" gewürdigt, und auch jetzt konnte sich Füchsl mit seinem Werk gegen mehr als hundert Einsendungen durchsetzen - und erhielt gleich drei Ehrungen auf einmal. Er gewann den ersten Platz für die Filmmusik, den zweiten für die 3D-Effekte und den dritten in der Kategorie "Short Film". 900 Euro hat Paul Füchsl bei der Preisverleihung im Bayerischen Rundfunk in München für seine Leistung bekommen, ein kleiner Anteil davon ging ans Gymnasium. "Für die Nutzung des Equipments", erklärt er, "wir hatten Slider, Stative und eine Kamera ausgeliehen".

Der nun prämierte, rund 20-minütige Kurzfilm "Das Norman-Vermächtnis", den Füchsl mit Freunden gedreht hat, ist ein spannender Krimi, der in einem mysteriösen Haus im Wald spielt. Alle gestalterischen Faktoren seien technisch hervorragend gelöst, lobt die Jury. "Dass der zunächst schwer verständliche Handlungsbogen für Verwirrung sorgt, ist vielleicht hier auch ein Qualitätsmerkmal des Films", heißt es in der Bewertung weiter.

"Auf die Idee zum Film bin ich im Sommerurlaub 2018 gekommen", erzählt Paul Füchsl. "Ich wusste, ich wollte einen Krimi machen, und da hatte ich dieses Haus im Wald vor Augen und habe mir überlegt, was sich darin alles abspielen könnte. Daheim ist mir dann alles nur so aus den Fingern geflossen." Wobei sich das Drehbuch mittlerweile ganz anders lese als ursprünglich, merkt der junge Autor an. "Während dem Filmen habe ich einige Szenen rausgeschmissen oder vertauscht. Ich wollte es spannend halten".

Das hat der Nachwuchsfilmer geschafft. Das Ende inspiriert von seinem Lieblingsfilm "Inception", Szenen im Stil von Sherlock Holmes und Zitate aus dem Filmklassiker "Psycho" von Alfred Hitchcock ergeben in Kombination mit animierten Rasereien und packender - wohlgemerkt selbstkomponierter - Musik ein beeindruckendes Filmerlebnis. Das Endergebnis hat Paul Füchsl bereits im Arena Kino im Glockenbachviertel vorgeführt. Eingeladen waren seine Jahrgangsstufe samt Kunstlehrer, sein Klavierlehrer sowie Familie und Verwandte von Cast und Crew. "Eine super-coole Erfahrung", schwärmt der Jungregisseur, wenn er sich an den Tag im Kino zurückerinnert. "Das war schon immer ein Riesentraum von mir - einen eigenen Film auf der großen Leinwand zu zeigen. Wir haben das auch so richtig im professionellen Sinne veranstaltet, mit Rede und anschließendem Filmgespräch."

Vielleicht werden solche Premieren in einigen Jahren Alltag für den jungen Filmemacher aus Baldham sein. Seine Ambitionen jedenfalls sind groß. "Ich versuche an eine staatliche Hochschule zu kommen, in München oder nach Babelsberg. Nach dem Abi im Mai werde ich mich daran machen, meinen Lebenslauf mit Praktika zu füttern. Man muss sich schließlich erst das Vertrauen gewinnen, um Geld für einen Film zu bekommen."

Gleichzeitig Schauspieler und Regisseur zu sein, davon hält der Schüler nicht viel. Deshalb ist er bei seinem neuen Kurzfilm, im Gegensatz zum letzten Projekt, bis auf eine kleine Nebenrolle nicht als Darsteller aktiv gewesen. "Dieser Beruf verlangt nämlich volle Konzentration auf die eigene Rolle, während der Regisseur die Performances der Spielenden beurteilen muss", erklärt er.

Für die Besetzung seiner Rollen ist der Siebzehnjährige sogar extra auf Darstellersuche gegangen. "Das war schon ein kleiner Vorgeschmack auf ein Casting", sagt er. Ein paar Schauspielschüler aus Vaterstetten spielten eine von Füchsl vorgegebene Szene - "dabei habe ich Ingmar sozusagen entdeckt". Ingmar Dressler, mit 16 Jahren der Jüngste im Team, spielt die Hauptrolle. Als Jack Norman, Sohn des Opfers, hatte er es mit sehr viel Kunstblut zu tun. Füchsl muss grinsen, als er zurückdenkt: "Am selben Tag, als die Mordszene gedreht wurde, hatte Ingmar abends ein Date. Er war voller Blut, das hat man auch nicht mehr richtig rausgekriegt. Die weißen Tücher auf dem Bett der Leiche waren danach zum Wegschmeißen. Anscheinend lief das Date aber trotzdem ganz gut." Die Outtakes, die wie der Film selbst auf Youtube zu finden sind, zeigen: Beim Dreh hat längst nicht alles funktioniert. "Manchmal ist es einfach zu lustig, um eine Szene ernsthaft durchzuziehen", beschreibt der Siebzehnjährige die Arbeit mit dem achtköpfigen Team.

Jungregisseur Paul Füchsl aus Baldham plant bereits seine Karriere im Filmgeschäft. (Foto: Christian Endt)

Aufwendig war auch die Koordinierung der Aufnahmen an verschiedenen Plätzen. "Die Traumsequenz zu Anfang und Ende wurde an gleich vier Orten gedreht", erklärt der Regisseur. "Bei der Oma eines Freundes, im Wohnzimmer und Keller bei mir daheim und vor dem Greenscreen." Füchsls Keller wurde ohnehin ständig umgebaut: Drei Tage lang hat er detailverliebt an der Detektei gearbeitet, Ordner, Papiere und Aschenbecher sorgfältig drapiert. Wenn man genau hinsieht, entdeckt man sogar die Süddeutsche auf dem Schreibtisch des Detektivs. Das vermeintliche Sonnenlicht, das durch die Jalousie ins Büro fällt, entstammt einer Lampe im Kellerschacht, und der Qualm ist mitnichten nikontingeschwängert: Dieser Ermittler pafft Petersilie statt Tabak.

Die Arbeit von Paul Füchsl wirkt ziemlich professionell. Beziehungen in die Filmbranche hat er aber nicht. Sein Vater arbeitet in der Bank, seine Mutter als Gymnastiklehrerin. Er habe sich viel selbst beigebracht, erzählt Füchsl, ganz nach dem Motto "Learning by doing", außerdem bekommt er Unterstützung von Markus Grimm, Kunstlehrer und Leiter der Arbeitskreises Film am Humboldt-Gymnasium. Dank ihm als Kontakt konnte der Schüler seine Arbeiten überhaupt erst beim Crossmedia Wettbewerb einreichen.

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Auch wenn er sich nun zunächst auf das Abitur konzentrieren wird, plant Paul Füchsl schon neue Filme. Für danach. Das kommende Projekt wird futuristisch, gekoppelt mit einer Umwelt-Message, verrät er. Seine Dystopie zeigt die Erde in 50 Jahren, es ist heiß, die Städte sind zerstört, Hurrikans fegen über das Land. Für die Dreharbeiten will er weniger animieren, dafür in Ruinenstädten filmen. Und sein Traum? Hollywood? Paul Füchsl lächelt. "Ja, schon, das ist natürlich ein hochgestecktes Ziel. Am wichtigsten ist mir aber, dass ich Filme machen darf. Ob das jetzt in Hollywood, Deutschland oder Asien sein wird, ist egal. Mir geht es darum, dass ich etwas tue, das mir Spaß macht."

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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