Vaterstetten:Auf ein Neues

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Die umstrittene Baulandausweisung in Baldham Dorf wird ein Fall für die Regierung von Oberbayern. Dort liegt eine Beschwerde gegen das Landratsamt vor

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Der eine baut, dem anderen graut. Dieser zugegeben etwas abgegriffene Spruch würde gut als Motto für zwei in Baldham Dorf geplante Mini-Baugebiete passen. Dort sollen nach dem Willen der Mehrheit im Gemeinderat insgesamt bis zu neun zusätzliche Häuser am südlichen und am nördlichen Ortsrand gebaut werden dürfen - kein ungewöhnlicher Vorgang. Nicht ganz gewöhnlich ist allerdings der bereits seit fünf Jahren dauernde Streit um diese beiden Baugebiete.

Treibende Kraft dahinter ist der FBU/AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt, der bereits mehrere Beschwerden gegen die Gemeinde eingereicht hat, um das Bauleitverfahren zu stoppen. Nachdem nun das Landratsamt die jüngste Beschwerde Schmidts in der Sache Baldham Dorf abgewiesen hat, hat sich dieser erneut beschwert. Diesmal bei der Regierung von Oberbayern über das Landratsamt. Dieses, so der Vorwurf Schmidts, habe seine Beschwerde "eher oberflächlich oder auch lustlos-unwillig" bearbeitet und sei auf seine Beanstandungen nicht ausreichend eingegangen.

Die Baugebiete, um die es geht, liegen nördlich des Kornweges und westlich der Bahnhofstraße. Auf dem einen Grundstück sollen zwei Doppel- und drei Einfamilienhäuser entstehen, auf dem anderen sind vier Häuser mit insgesamt acht Wohneinheiten geplant. Besonders um dieses Projekt gab es in den vergangenen Jahren einige Kontroversen in Vaterstetten, auch diese angestoßen von Schmidt unterstützt wurde er dabei auch von Teilen der Fraktion der Freien Wähler.

Hintergrund ist, dass auf dem Grundstück, das nun offiziell zum Bauland werden soll, bereits gebaut worden ist. Seit gut 20 Jahren steht dort eine Halle, die zunächst landwirtschaftlich genutzt wurde. Doch Ende der 1990er Jahre wurde die Halle zu einem Gewerbeobjekt umgebaut, unter anderem ist dort ein Getränkemarkt eingezogen. Da Gewerbe auf diesem Grundstück laut geltendem Bebauungsplan nicht zulässig sei, so der Vorwurf Schmidts, handele es sich bei der Halle seitdem streng genommen um einen Schwarzbau . Eine Einschätzung, die sogar das bayerische Innenministerium auf Nachfrage Schmidts 2014 bestätigt hat. Allerdings ohne Folgen, denn es existiert eine zeitlich unbefristete Duldung für die Gewerbenutzung der Halle, diese hatte das Landratsamt zum Zeitpunkt des Umbaus erteilt. Mit dem neuen Bebauungsplan, den Schmidt kippen will, wäre diese Duldung aber nicht mehr nötig. Vorgesehen ist den Norden des Baugebietes, also den Bereich in welchem die Halle bereits steht, als Mischgebiet auszuweisen, wo gewerbliche Gebäude zulässig sind.

Ein weiterer Kritikpunkt Schmidts an der Planung, bei der er auch auf die Unterstützung der Freien Wähler zählen kann, ist, dass durch die beiden Baugebiete die Ortschaft unverhältnismäßig stark wachse. Die Kritiker berufen sich dabei auf das vor einigen Jahren beschlossene Gemeindeentwicklungsprogramm (GEP), dessen Wachstumsziele seien durch andere Wohngebiete in der Gemeinde bereits übererfüllt. Schmidt hatte daher gefordert, das Landratsamt möge den vom Vaterstettener Gemeinderat verabschiedeten Bebauungsplan aufheben. Dieser laufe dem "Grundsatz der Erforderlichkeit" zuwider. Wenn Baldham Dorf schon wachsen solle, gebe es genügend andere bebaubare Flächen, wie etwa das Brennereigelände, das zudem bereits erschlossen sei. Ob dieses aber "für eine Wohnentwicklung geeignet ist, scheint nicht sichergestellt", schreibt das Landratsamt in seiner Antwort an Schmidt. Daher könne der Verweis auf freie Flächen auf dem Brennereigrundstück auch "nicht als Begründung gegen die Fortentwicklung von Wohnbauland in Baldham-Dorf herangezogen werden", die Beschwerde werde daher abgewiesen.

Diese Begründung nimmt Schmidt nun zum Anlass für seine Aufsichtsbeschwerde bei der Regierung von Oberbayern. Denn entgegen der Einschätzung des Landratsamtes ist das alte Brennereigelände längst von der Gemeinde als geeignet für die Wohnentwicklung eingestuft worden, es wurden bereits zwei Baugenehmigungen für Wohnhäuser auf dem Grundstück erteilt. Dies habe er dem Landratsamt sogar noch mitgeteilt, so Schmidt, auf jeden Fall aber hätte die Behörde sich bei der Gemeinde informieren müssen. "Insgesamt ergeben sich für mich erhebliche Zweifel an einer ausreichenden Prüfung meiner Beschwerde", schreibt Schmidt als Begründung seiner Beschwerde an die Regierung.

Im Landratsamt kommentiert man diese eher zurückhaltend: "Es ist das gute Recht jedes Bürgers, dass man, wenn man mit einer Behörde nicht zufrieden ist, sich an die übergeordnete Stelle wendet", sagt Landratsamtssprecherin Evelyn Schwaiger. Was die Aussichten von Schmidts Beschwerde betreffen, dazu könne man derzeit nichts sagen, die Regierung habe sich bisher in der Sache noch nicht in Ebersberg gemeldet. Zumindest eine Prognose wagt man im Landratsamt dennoch: dass die Satzungsbeschlüsse für die Bebauungspläne in Baldham Dorf doch noch aufgehoben werden könnten, "damit ist nicht zu rechnen", sagt Schwaiger, "da müssten schon beide Behörden grob fahrlässig gehandelt haben."

© SZ vom 24.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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