Urteil des Amtsgerichtes Ebersberg:Litanei des Grauens

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Das Ebersberger Amtsgericht hat einen 47-Jährigen wegen Besitz und Verbreitung von Gewalt- und Kinderpornografie zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Anja Blum

Ebersberg - "Wegen Menschen wie Ihnen werden Kinder missbraucht." Diesen Satz schleuderte die Ebersberger Richterin Susanne Strubl am Mittwochvormittag einem Angeklagten entgegen. Der Mann hatte kinderpornografische Videos besessen und verbreitet. Freilich werde nicht jeder, der solche Filme ansehe, selbst zum Kinderschänder, erklärte die Richterin. Doch durch das Interesse an derartigen Inhalten würde ein Markt geschaffen, der wiederum zu schrecklichen Straftaten an Kindern führe. Deswegen würden Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie streng geahndet.

Der Angeklagte, ein 47-Jähriger aus dem westlichen Landkreis, war wegen Exhibitionismus in Ingolstadt festgenommen worden. Dieses Verfahren wurde später eingestellt, doch bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei auf dem Rechner des Alleinstehenden mehr als 60 kinder-, gewalt und tierpornografische Dateien. Der Staatsanwalt zählte die einzelnen Titel, die keinen Zweifel am abstoßenden Inhalt der Videos ließen, auf. "Defloration", "Lolita" und "Kamasutra" lauteten die noch harmloseren Schlagworte, die meisten Titel waren mit Altersangaben versehen. Der Angeklagte hörte sich die Litanei des Grauens mit gesenktem Blick und völlig regungslos an.

Anschließend gab er zu, bereits seit 2005 regelmäßig und im großen Stil pornografische Dateien über eine Tauschbörse im Internet heruntergeladen zu haben. Teils sei der Rechner ohne Unterlass gelaufen. Allerdings sei es ihm dabei nicht um Kinderpornografie gegangen, sondern um Erotik im Erwachsenenbereich: "Ich habe tausende Videos gespeichert, da müssen die anderen so durchgerutscht sein. Es waren zum Beispiel auch Homosachen dabei, die ich auch nicht wollte." Die vom Staatsanwalt vorgelesenen Titel kenne er nicht.

Außerdem, versicherte der Angeklagte, habe er den Zugriff anderer Nutzer der Tauschbörse auf seine gespeicherten Dateien eigentlich verhindern wollen, indem er die entsprechenden Häkchen gesetzt habe - doch das sei offenbar misslungen. Laut Staatsanwalt konnte die Polizei einen massiven Download vom Rechner des Angeklagten durch Dritte nachweisen. Damit sah das Gericht auch den Tatbestand des Verbreitens als erfüllt an. "Sie haben das zumindest billigend in Kauf genommen", urteilte die Ebersberger Richterin.

Letztendlich aber zeigte sich das Gericht gnädig und verhängte eine einjährige Freiheitsstrafe - auf Bewährung. Für den Angeklagten spreche, dass er keine Vorstrafen und ein Geständnis abgelegt habe, sagte Susanne Strubl. Zudem zeige er Einsicht und Reue, vor allem, indem er bereits vor der Ladung zu Gericht freiwillig eine Psychotherapie begonnen habe. Nun müsse er dem Gericht und der Gesellschaft aber beweisen, dass es ihm ernst sei mit dem Sinneswandel: Zu den Bewährungsauflagen, die drei Jahre lang gelten, gehört, dass der Mann seine Therapie fortsetzt und insgesamt 1850 Euro an den Ebersberger Kinderschutzbund zahlt. "Das alles müssen Sie mir regelmäßig nachweisen - und wenn Sie das nicht tun, werde ich nicht zögern, den Vollzug der Haftstrafe anzuordnen", mahnte die Richterin. "Und halten Sie sich in Zukunft fern von allen Börsen und Portalen im Internet."

© SZ vom 17.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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