Umwelt:Glyphosatfreie Zone

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Die ÖDP fordert, dass der Landkreis sich gegen die Verwendung des Unkrautvernichtungsmittels ausspricht. Auf vielen öffentlichen Flächen wird bereits jetzt auf das umstrittene Totalherbizid verzichtet

Von Julian Carlos Betz, Ebersberg

Das Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat ist höchst umstritten, dennoch wird es auch im Landkreis immer noch genutzt. Zumindest auf den Flächen des Landkreises soll damit nun aber Schluss sein, das fordert ÖDP-Kreisrätin Johanna Weigl-Mühlfeld jetzt in einem Antrag an den Kreistag. Der Landkreis solle hier mit gutem Beispiel vorangehen. Zum Teil sind die Forderungen der ÖDP allerdings bereits umgesetzt - zum Beispiel verzichten viele kommunale Bauhöfe längst auf das Mittel. "Das ist ja mittlerweile total verpönt", sagt etwa Gerd Jansen vom Vaterstettener Bauhof.

Tatsächlich hat die Internationale Agentur für Krebsforschung, welche zur Weltgesundheitsorganisation gehört, dem Totalherbizid Glyphosat bereits 2015 attestiert, wahrscheinlich krebserregend zu sein. Andere Studien kommen indes zu einem weniger eindeutigen Ergebnis. Über ein Verbot des Unkrautvernichters ist bisher auf EU-Ebene jedenfalls nicht entschieden: Noch bis Ende des Jahres hat die EU-Kommission Zeit, um über eine Verlängerung der Lizenz um weitere zehn Jahre zu entscheiden. Vor allem in der Landwirtschaft wird das Mittel eingesetzt, deutschlandweit ist die Rede von bis zu einem Fünftel der Agrarflächen. Doch auch öffentliche und private Grundstücke werden damit behandelt.

Das ist auch der Hintergrund für den Antrag der ÖDP-Kreisrätin. Sie will darauf hinwirken, dass Ebersberg sich zu einer glyphosatfreien Zone entwickelt. Sie fordert daher eine Entscheidung des Kreistags, dass definitiv kein Glyphosat mehr verwendet werden soll. Auch auf seine Gemeinden soll der Landkreis entsprechend einwirken und sich dafür stark machen, dass auf privaten und kirchlichen Flächen kein Glyphosat mehr zur Anwendung kommt und der Einsatz in der Landwirtschaft weiter reduziert wird. Weigl-Mühlfeld hält einen "Bewusstseinswandel" wie bei der Gentechnik für "dringend notwendig". Man müsse angesichts der Übermacht der Konzerne und fehlender gesetzgeberischer Ambitionen "für alle Zukunft" von dieser Technik Abschied nehmen, nicht nur mit "Goodwill-Aktionen".

Auf den meisten Grundstücken des Landkreises wird Glyphosat aber ohnehin bereits nicht mehr verwendet, wie Evelyn Schwaiger, Sprecherin des Landratsamts, mitteilt. Dies gelte beispielsweise für die Außenflächen der kreiseigenen Liegenschaften und selbstverständlich auch für die Naturschutzflächen des Landkreises. Bei landwirtschaftlichen Grundstücken, die für einen späteren Straßenbau reserviert würden, könne man freilich nicht ausschließen, dass hier noch Glyphosat eingesetzt werde. Hier habe man schlichtweg "keine Handhabe". Wenn ein Landwirt das Mittel nutzen wolle, könne er das im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten tun.

Ähnlich wie der Landkreis halten es viele Kommunen. In Vaterstetten verzichtet man auf den umstrittenen Unkrautvernichter, die Stadt Ebersberg setzt seit 2015 keine glyphosathaltigen Mittel mehr ein. Auch davor sollen es laut Erik Ipsen von der Stadtverwaltung nur kleine Mengen gewesen sein. Stattdessen muss man bei der Unkrautbekämpfung auf alternative Methoden zurückgreifen, die bisweilen recht altertümlich anmuten: mit der Hand zupfen oder mit dem Besen kratzen. Laut Gerd Jansen vom Vaterstettener Bauhof gibt es auch die Möglichkeit, mit einem Einsatzfahrzeug beinahe kochendes Wasser auf die missliebigen Pflanzen zu spritzen, doch solche Geräte seien sehr teuer und auch kostspielig im Einsatz. Als weitere Alternative werden kleine Verbrennungsgeräte eingesetzt, doch das sei, je nach Fläche und Vegetation, durchaus mit einem gewissen Risiko verbunden, so Jansen. Und zu guter letzt kann das alles auch zu einem gewissen Unmut führen, wenn das Grünzeug nämlich angesichts weniger effektiver Maßnahmen nicht mehr ganz so zuverlässig verschwindet: "Das Unkraut wächst und wächst", erzählt Georg Wolf vom Bauhof Steinhöring lachend.

Noch nicht ganz so weit wie die Kommunen ist die Landwirtschaft. Im Öko-Landbau ist das Herbizid zwar tabu, in der konventionellen Landwirtschaft wird es laut Franz Lenz, Kreisobmann des Bauernverbands, aber durchaus noch genutzt, im Landkreis Ebersberg jedoch "nicht in dem Ausmaß" wie in anderen Regionen.

Er ist der Meinung, dass Glyphosat grundsätzlich sehr nützlich sei, aber nicht zum "Standard" werden dürfe. Lediglich die sogenannte "Vorerntebehandlung", bei der kurz vor der Ernte das Totalherbizid eingesetzt wird, um ein gleichmäßiges Abreifen und damit ein optimiertes Ernteergebnis zu erzielen, müsse in seinen Augen grundsätzlich verboten werden. Ohnehin glaubt auch Weigl-Mühlfeld, dass eine Weiterzulassung des Mittels "sehr wahrscheinlich" ist - somit wird den Kritikern nichts anderes übrig bleiben, als auf einen freiwilligen Verzicht hinzuwirken.

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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