Überarbeitete Stellplatzsatzung:Die Zech' fürs Blech

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Markt Schwaben verschärft die Regeln: Wer ein Einfamilienhaus baut und keine Parkplätze einplant, muss künftig bis zu 90 000 Euro Ersatzgebühr an die Gemeinde zahlen

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Der Sitzungssaal im Markt Schwabener Rathaus ist fertig renoviert, und so haben sie die erste Gemeinderatssitzung des Jahres gleich dort abgehalten. Zwischen den Stühlen geht es nun nicht mehr so eng zu wie in den vergangenen Jahren, als sich die Mitglieder und ihre Zuschauer in den Besprechungsraum im Feuerwehrhaus zwängten. Die Gemeinderäte müssen sich zum Sprechen auch nicht mehr vorbeugen, die Mikrofone haben einen rückenverträglichen Stellplatz bekommen. Und trotzdem ging es im Gemeinderat am Dienstagabend um genau diese Themen: ums Vorbeugen und um Stellplätze.

Wahrscheinlich ist der Sitzungssaal des Gemeinderats der einzige Ort, wo es in Markt Schwaben noch ausreichend Platz gibt. Ansonsten geht es dort stets eng her, was vor allem daran liegt, dass die Straßen von Autos zugeparkt sind. Und so war die erste große Amtshandlung des Jahres eine neue "Stellplatzsatzung". Wer in Markt Schwaben baut und keine Parkplätze mit einplant, für den wird es künftig deutlich teurer: Bei einem Einfamilienhaus lag der Preis dafür bisher bei maximal 25 000 Euro. Jetzt hat der Gemeinderat die Ablösesumme auf bis zu 90 000 Euro erhöht.

Die knapp 10 000 erwachsenen Markt Schwabener haben bei der Gemeinde 8877 Autos angemeldet, dazu kommt eine Dunkelziffer an Firmenwagen, die anderswo registriert sind. Gründe, warum es am Marktplatz oft aussieht, als hätte den Ort eine Blechlawine überrollt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dass man sich von der Parkplatz-Pflicht freikauft, ist in der bayernweiten Stellplatzsatzung geregelt und durchaus üblich. In den Details kann aber jede Kommune eigene Bestimmungen treffen. Markt Schwabens Gemeinderat hat hier nun zweierlei Änderungen vorgenommen. Betroffen sind dabei vor allem Familien, die in Markt Schwaben ein Haus bauen wollen, was den Großteil der Neubauten ausmacht. Hier hat die Gemeinde bisher - unabhängig von der Größe eines Einfamilienhauses - immer zwei Parkplätze verlangt. Nun wird unterschieden: Nur wer sein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche unter 100 Quadratmetern baut, kommt noch mit zwei Parkplätzen davon. Alles was größer ist, braucht mindestens drei Parkplätze. Hinzu kommt die Preiserhöhung: Bisher kassierte die Gemeinde für einen nicht gebauten Parkplatz 12 500 Euro Ablösesumme - künftig sind es 30 000 Euro. Wer also ein Einfamilienhaus mit 110 Quadratmetern Wohnfläche baut und keinen zusätzlichen Platz mehr auf dem Grundstück hat, muss 90 000 Euro an die Gemeinde blechen.

Der Preis, den Markt Schwaben hier veranschlagt, entspricht etwa den Kosten für den Bau eines Tiefgaragenstellplatzes. Er ist aber auch dreimal so hoch wie in der baernweiten Satzung empfohlen. Markt Schwabens Gemeinderat startet hier also eine Art Großoffensive gegen die Blechlawine, die in den vergangenen Jahren über den Ort östlich der Landeshauptstadt hereingebrochen ist. Die Situation ist hier besonders kompliziert, weil Markt Schwaben flächenmäßig zu den kleineren Orten im Landkreis Ebersberg zählt, dafür aber verhältnismäßig viele Einwohner hat.

Und eben Autos. Schon vor Monaten hat der Gemeinderat hier zu viel Blech diagnostiziert: 8877 Autos haben die knapp 10 000 erwachsenen Markt Schwabener angemeldet, dazu kommt eine Dunkelziffer an Firmenwagen, die anderswo registriert sind. "Es gibt mehr Autos als Erwachsene in Markt Schwaben", da ist sich Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) sicher. Sein Gremium ist sich weitgehend darin einig, dass die vielen Autos dem Ort dauerhaft schaden. Und so stimmten die Gemeinderäte mit einer Dreiviertelmehrheit für die verschärfte Satzung. Ein Votum gegen den kollektiven Blechschaden. Aber auch gegen all jene, die auf engem Areal günstigen Wohnraum schaffen wollen.

Weniger einig waren sich die Gemeinderäte schließlich bei der Frage, wofür das Geld aus den Parkplatz-Ablösen in Zukunft hergenommen werden soll. Die Freien Wähler forderten etwa per Antrag, Ersatzparkplätze an der Kirchenmauer zu bauen, auch "weil dort so gut wie jeden Tag eine Beerdigung ist", sagte Fraktionschef Bernd Romir. Von der CSU erhielt er hier weitgehend Zustimmung. SPD und Grüne vertraten hingegen geschlossen die Ansicht, das Geld statt in weitere Parkplätze in die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs zu investieren. Und so wurde der Antrag der Freien Wähler mit 12:9 Stimmen abgelehnt. Wofür das Geld nun investiert werden soll? Darüber, so hieß es, wollen sich die Gemeinderäte in den kommenden Monaten Gedanken machen.

© SZ vom 25.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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