Tourismusbranche im KreisEbersberg:"Die Reiselust ist da"

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Urlaub dahoam? Oder doch per Flugzeug, Schiff oder Bahn an ferne Orte? Die Anbieter im Landkreis Ebersberg sehen eine Trendwende

Von Luisa Terkowsky, Ebersberg

Über ein Jahr mussten die Leute aufs uneingeschränkte Reisen verzichten. "Die Reiselust ist da", so Astrid Weber, Inhaberin des Reisebüros Palmareisen in Zorneding. Erst seit letzter Woche seien bei ihr wieder vermehrt Buchungen und Anfragen eingegangen. "Gerade die Geimpften fühlen sich sicherer." Nach einer schweren Zeit für die ganze Tourismusbranche ist das ein Aufatmen für die Reisebüros. Die Corona-Krise bescherte viele Verluste und oftmals einen Existenzkampf, berichtet Weber.

Langsam trudeln die Nachfragen und Buchungen in die Reisebüros ein. Veränderungen der Reiseregelungen können sich innerhalb von Tagen ändern. Beim Reisebüro Urscher in Grafing beschreibt Mitarbeiterin Maria Pollnow die Kundenteilweise noch als sehr verhalten. In Deutschland seien bis jetzt zudem die meisten Hotelanlagen und Unterkünfte zu gewesen. "Einige Buchungen kommen, das freut uns", so Pollnow. "Doch Gesundheit steht für die meisten noch an erster Stelle." Die Stimmung der Kunden hänge wohl noch sehr stark von den Inzidenzwerten ab. Abwarten und zuversichtlich sein müssen nicht nur die Reisebüros, sondern ebenfalls die Reiselustigen selbst. Pollnow hofft, dass es sich mit den Impfungen weiter zum Positiven entwickelt. Und diese haben ja immerhin schon einige erhalten. Vor allem bei vielen Älteren, welche zum großen Teil schon zweimal geimpft wurden, hat Weber das Gefühl, diese wollen sich nun ihre Traumreisen erfüllen.

Pollnows Beobachtungen nach ist die Nachfrage gemischt. Familienurlaube, Hochzeitsreisen sowie Wellnesswochenenden seien dabei. Allgemein beliebt seien der Mittelmeerraum und naheliegende Länder wie Österreich, sagt Astrid Weber vom Zornedinger Reisebüro. Auch innerhalb von Deutschland sei vor allem die Ostsee mit Inseln beliebt, sagt Christian Weimann, Chef des Depart Traumreisen in Vaterstetten. Innerhalb von Bayern werden die Reisen größtenteils selbst organisiert, vermutet er. Städtereisen in Deutschland wiederum seien wieder im Kommen. Doch aktuell sei das kulturelle Angebot in den Urlaubsorten noch unattraktiverweise zu stark eingeschränkt.

Dazu kommt, dass sich die Reisenden trotzdem noch etwas separieren wollen, erzählt Weimann. Ein Ferienhaus ganz für sich beispielsweise strahle Attraktivität aus. "Was kleines in der Natur wollen jetzt viele haben", sagt auch Weber. Bis nächstes Jahr in den Herbst reiche der Enthusiasmus zu buchen, doch auch kurzfristige Reiseangebote für Pfingsten werden wahrgenommen.

Zusätzlich zu den Erleichterungen der Reisefreiheit für Geimpfte unterstützt eine neue Regelung die positive Reiselaune. Seit 13. Mai sind Einreisende aus Corona-Risikogebieten nicht mehr zu einer Quarantäne verpflichtet. Diese Bedingung habe nämlich bislang von Reisen abgeschreckt, sagt Weimann vom Depart Traumreisen. Sein Reisebüro habe ein exponentielles Wachstum an Nachfragen seit vergangener Woche erfahren. Eine durchaus positive Entwicklung, doch weitaus nicht vergleichbar mit Werten eines Jahres vor Corona. Die Menschen seien noch sehr verunsichert. "Viele Kunden möchten sich erst erkundigen und noch nicht buchen", so Weimann.

Grund der großen Unsicherheit, ist die Abhängigkeit von den Inzidenzzahlen beim Reisen. Bislang hielt Reiselustige zudem die Angst zurück, ihre Buchungen nicht stornieren zu können. Deswegen suchen viele professionelle Beratung und Garantie einer Geldzurückerstattung. Die meisten Reiseanbieter haben sich auf die Sorgen der Reisenden angepasst und bieten sogenannte Flex-Tarif Optionen an. Mit einem geringen Aufpreis können Kunden bis zwei Wochen vor Reisebeginn ohne Gründe anzugeben umbuchen oder stornieren, erklärt Weber vom Reisebüro Palmareisen. Ein sicherer Rücktritt ist für den Notfall garantiert. Das gibt den Menschen in unsteten Coronazeiten ein Gefühl von Sicherheit. Weimann vom Reisebüro in Vaterstetten sagt, dass Pauschalreisen wieder begehrter geworden seien, da diese leichter zu stornieren sind.

Das Stammlokal in Italien zu buchen, traue man sich noch zu, doch wenn es um größere Reisen geht, werden intensive Beratungsgespräche benötigt, sagt auch Weber. Denn jedes Land hat eigene Vorgaben bezüglich Corona-Regelungen.

Vor allem auf Kreuzfahrten, auf die das Reisebüro Palmareisen spezialisiert ist, hat dies Auswirkungen, so Weber. "Es gibt nicht viele Routen für Kreuzfahrtschiffe." Gerade Kreuzfahrten standen durch eine Menschenansammlung auf begrenzten Raum negativ im Fokus. Diese finden nun allerdings mit lediglich 50 Prozent bis 60 Prozent Auslastung und einem extremen Hygienekonzept statt, erklärt Weber.

Wenn bei einem Hafen nicht angelegt werden darf, lassen sich auch oft alternative Anlegeorte finden, so Petra Polzin, Mitarbeiterin des Reisebüro Binder in Grafing. Eine weitere Möglichkeit ist eine sogenannte "blaue Reise" zu machen, das bedeutet am Hafen das Schiff nicht zu verlassen. Die Menschen seien bereit, solche Kompromisse einzugehen, fasst Polzin zusammen.

Dennoch fallen viele Kreuzfahrten für den Sommer 2021 aus. "An die Renaissance der Kreuzfahrtreisen glaube ich erst 2022", so Weimann. Viele Fernreiseländer erlauben noch keine Einreise, berichtet Weber von Palmareisen. Das kann sich natürlich jederzeit ändern. Im Moment seien Flugreisen von sechs Stunden Dauer das Maximum.

Weitaus am Beliebtesten sei die Eigenanreise mit dem Auto, sagt auch Maria Pollnow vom Reisebüros Urscher in Grafing. Busreisen seien gerade noch nicht möglich. Ein großer Teil der sonstigen Buchungen von Vereins- und Gruppenfahrten fällt somit für das Reisebüro Urscher weg. Bei dem Reisebüro Depart sind es die fehlenden Geschäftsreisen, welche sich bemerkbar machen. Diese werden so schnell auch nicht wiederkomme, schätzt Weinmann.

Allgemein hoffe und glaube man, dass die Reiseanfragen weiterhin ansteigen, sagt Astrid Weber.

© SZ vom 21.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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