SZ-Serie: Das erste Jahr:Die Anpackerin

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Von der "Zugroasten" zur festen Größe im Anzinger Rathaus: Kathrin Alte hat sich als Bürgermeisterin inzwischen etabliert. (Foto: Christian Endt)

Ob Diskussion um Windräder oder Ausbau der Glasfaser: Als Bürgermeisterin der Gemeinde Anzing hat Kathrin Alte auch einige schwierige Themen zu bewältigen. Eine Aufgabe, die sie gerne annimmt

Von Franziska Langhammer, Anzing

Etwas außer Atem nimmt Kathrin Alte das verabredete Gespräch am Telefon entgegen, sie kommt gerade von einem Termin. "Warten's kurz, ich trink noch einen Schluck Wasser", sagt sie und lacht, dann geht es los. Zupackend und bürgernah, so beschreiben sie ihre Kollegen - eine Eigenschaft, die sie in ihrem Amt als Bürgermeisterin gut brauchen kann.

Seit einem Jahr nun ist die CSU-Politikerin die Rathauschefin von Anzing. Das politische Geschäft kennt sie schon seit zwei Jahrzehnten, aus beruflicher wie aus ehrenamtlicher Sicht. Zum einen war die ausgebildete Redakteurin unter anderem als persönliche Referentin der Landtagspräsidentin Ilse Aigner tätig. Zum anderen engagiert sie sich selbst seit vielen Jahren in der CSU, etwa seit 2014 als Pressesprecherin des CSU-Kreisverbands Ebersberg und als Mitglied im Kreisvorstand. Ob es trotzdem Überraschungen gab? "Ich hatte schon eine ungefähre Vorstellung, wie das abläuft", sagt Kathrin Alte über ihre erste Zeit im Amt. Natürlich sei man als Bürgermeisterin zeitlich sehr eingespannt. "Aber mein Mann und meine Kinder stehen voll hinter mir."

Am Anfang, erzählt sie, seien viele Anzinger neugierig gewesen, wer denn da die neue Chefin im Rathaus sei. "Obwohl ich schon seit elf Jahren in Anzing lebe, bin ich eine Zugroaste", sagt die gebürtige Oberfränkin. Daher seien anfangs viele Bürger in die Sprechstunde gekommen, ohne ein richtiges Thema zu haben - sondern um sich einfach mal die neue Bürgermeisterin anzuschauen. "Das hat mich gefreut."

Erfahrung hin oder her, mit Corona konnte jedoch keiner rechnen - einer Krise, die ihren ersten Höhepunkt just zur Amtseinführung der neuen Bürgermeisterin im vergangenen Jahr hatte. Kathrin Alte kommentiert das zwölf Monate später so: "Mit Corona ging es los, und es hört auch nicht auf." Trotzdem, erzählt sie, habe sie einen sehr positiven Einstieg gehabt. Mit ihrem Vorgänger, Franz Finauer, habe sie sich vor der Amtsübergabe an einen Tisch gesetzt und alle Themen durchgesprochen. "Es ging nahtlos weiter", so Kathrin Alte. Auch wenn einige schwierige Themen anstanden, die immer noch in Arbeit sind - nicht zuletzt die Diskussion um die geplanten Windräder im Ebersberger Forst, von denen Anzing seiner Lage wegen besonders betroffen wäre.

Eine der ersten Maßnahmen, welche die Bürgermeisterin im Amt - nicht zuletzt der Pandemie geschuldet - zügig umsetzte, war die Digitalisierung im Rathaus. Beispielsweise wurde ein Ratsinformationssystem installiert, damit der Gemeinderat auch digital arbeiten kann, für den Sitzungssaal wurde das längst überfällige Wlan eingerichtet. Bürgersprechstunden, die der Rathauschefin sehr am Herzen liegen, wurden zu digitalen Treffen umgestaltet und werden auch von zahlreichen Anzingern wahrgenommen. Letztens seien 46 Teilnehmer dabei gewesen, erzählt Alte.

Als Herzensprojekt beschreibt Kathrin Alte die Errichtung des Flex- und Kinderhauses im Neubaugebiet: Dieses bietet etwa die Möglichkeit, die örtliche Grundschule zur offenen Ganztagsschule auszubauen und Betreuung für mindestens 130 Kinder anzubieten. In dem daneben gelegenen Kinderhaus sollen Betreuungsmöglichkeiten für Kinder bis sechs Jahre angeboten werden. "Das Projekt ist sehr umfangreich und beschäftigt mich schon das ganze Jahr", sagt Kathrin Alte, "positiv wie negativ." Immer wieder gelte es, neue Entscheidungen zu treffen; aber Schritt für Schritt nähere man sich dem Ziel: "Ich hoffe, wir können es Anfang des nächsten Jahres eröffnen." Außerdem steht die innerörtliche Sanierung an, ein von langer Hand geplantes Projekt. "Der Ortskern soll vital bleiben", so Altes Credo.

Auch der Energiewende in Anzing auf die Sprünge zu helfen, hat sich Kathrin Alte auf die Fahnen geschrieben. Schon kleine Dinge könnten hier helfen, zum Beispiel eine Photovoltaik-Anlage auf dem Rathaus. Außerdem hat sich Anzing jetzt ein Lastenfahrrad angeschafft, das zum Ausleihen angeboten werden soll. "Ich glaube, wir als kleine Gemeinde sind auf einem guten Weg", sagt Alte.

Zwei Themen, die ihr wirklich auf die Nerven gehen, das sind die zwei G, wie sie sagt: Glasfaser und Goldafter. Zweiteres ist ein Schädling, der sich in den vergangenen Jahren nördlich von Anzing stark ausgebreitet hat und daher zu umfangreichen Baumfällungen geführt hat. Der Ausbau der Glasfaser, die eigentlich längst im ganzen Anzinger Gemeindegebiet verfügbar sein soll, verzögert sich wegen kleinerer und größerer Hindernisse immer wieder. "Damit müssen wir endlich mal fertig werden", so Kathrin Alte.

Warme Worte über seine Kollegin findet Tobias Finauer (Grüne), Dritter Bürgermeister von Anzing: "Kathrin Alte ist als Bürgermeisterin sehr engagiert. Sie versucht immer, für die Anliegen von Bürgern eine Lösung zu finden." Besonders hebt er ihr Engagement in Sachen Energiewende hervor, etwa den Beitritt zum Kommunalen Energien-Effizienz-Netzwerk München-Ebersberg im vergangenen Sommer und die geplanten Solaranlagen auf Gebäuden der Gemeinde. "Sie hat sich schon frühzeitig klar für die Windräder im Ebersberger Forst ausgesprochen, obwohl das Projekt in Anzing sehr umstritten ist. Dafür schätze ich sie sehr", so Finauer.

Auch Zweite Bürgermeisterin Sandra Reim (Unabhängige Bürgergemeinschaft Anzing) hat viel Positives über die neue Rathauschefin zu berichten: "Ich konnte es mir am Anfang nicht so vorstellen, ich kannte Frau Alte nicht wirklich persönlich." Sie sei positiv überrascht gewesen von der freundlichen und offenen Zusammenarbeit. Auch sei gegenseitige Unterstützung und die Einbeziehung in den Rathaus-Alltag selbstverständlich.

© SZ vom 08.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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