Streit um Straße:Angst vor der Abkürzung

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Der östliche Parsdorfer Weg ist bisher nur für Radler und Fußgänger zu benutzen, die Anlieger hätten gern, dass das auch so bleibt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Anwohner im Vaterstettener Norden befürchten mehr Verkehr wegen eines neuen Baugebiets. Dei den Gemeinderäten finden sie aber genauso wenig Gehör, wie die Nachbarkommunen.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Streit mit den Nachbarn und das noch bevor der erste Stein gesetzt ist, gibt es derzeit in Vaterstetten. Gezankt wird schon länger um ein neues Wohngebiet an der Johann-Sebastian-Bach-Straße, und sowohl die Nachbargemeinden, wie auch die direkten Anlieger haben sich mit Kritik zu Wort gemeldet. Die im Bauausschuss des Gemeinderates allerdings kein Gehör fand. Mit Zweidrittelmehrheit wurde am Dienstagabend der Bebauungsplan für das Wohngebiet "Vaterstetten Nordost" auf den Weg gebracht.

Geplant sind auf einem rund zwei Hektar großen Grundstück 21 Reihen- und acht zweistöckige Mehrfamilienhäuser. Ebenfalls entstehen sollen an der Johann-Sebastian-Bach-Straße Sozialwohnungen, eine Kita und das neue Haus an der Dorfstraße. Die Einrichtung für Menschen mit psychischen Erkrankungen braucht ein neues Domizil, das alte ist zu klein und entspricht nicht den heutigen Standards. Teil des Plans ist auch eine neue Verkehrsführung. Um das neue Baugebiet zu erschließen, soll der östliche Teil des Parsdorfer Weges - derzeit Fuß- und Radweg - ausgebaut werden. So entstünde eine autotaugliche Verbindung zwischen Johann-Sebastian Bach- und Dorfstraße.

Das hat bei vielen, die in diesem Gebiet wohnen, Befürchtungen vor Durchgangsverkehr geweckt. In einem Schreiben baten mehrere Anwohner die Gemeinde, auf den Durchstich zu verzichten und zumindest den mittleren Teil des Parsdorfer Weges weiter als Rad- und Fußweg zu erhalten. Dies sei aber nicht möglich, so die Stellungnahme der Verwaltung. Denn zum einen müsse die Durchfahrt möglich sein, da große Fahrzeuge, wie die von Feuerwehr und Müllabfuhr, dort nicht wenden könnten. Außerdem werde es ohnehin zu keiner nennenswerten Verkehrszunahme kommen. "Wie zu erwarten", so die Stellungnahme der Verwaltung weiter, habe ein Verkehrsgutachten ergeben, dass sich das neue Baugebiet "nur geringfügig" auf den Parsdorfer Weg auswirken werde. Zwar sei durchaus zu erwarten, dass "auch weiterer Ortsverkehr" also aus umliegenden Baugebieten künftig über den Parsdorfer Weg führen werde. Doch trotzdem würden nicht mehr als 1900 Autos pro Tag und maximal 200 pro Stunde dort unterwegs sein, was genau der Hälfte dessen entspreche, was für eine Wohnstraße als verträglich gelte. Zudem solle auch der nördlich des Parsdorfer Weges gelegene Föhrenweg besser ausgebaut werden. Dieser stellt ebenfalls eine Verbindung zwischen Johann-Sebastian-Bach- und Dorfstraße dar.

Nicht alle im Gremium wollten allerdings dieser Stellungnahme folgen. Die Argumente der Anwohner seien "sehr nachvollziehbar", befand etwa Friederike Michael (Grüne), zudem "bedeutet es keinen Nachteil für die Gemeinde, wenn man die Straße nicht aufmacht". Dieser Meinung war auch Stefan Huber (CSU), der sich im Juni im Gemeinderat noch vehement für das Neubaugebiet ausgesprochen hatte. Allerdings dürfe dieses "nicht zulasten eines bestehenden Baugebietes gehen", auch er plädierte dafür, die Durchgangsstraße nicht zu bauen. Zumal das Argument mit den stecken bleibenden Feuerwehr- und Müllautos nicht ganz stichhaltig sei, sagte Roland Meier (FW), schließlich gebe es versenkbare Poller. Einen solchen könne man ja immer noch einbauen, wenn sich der Verkehr wirklich so schlimm entwickle, wie die Anwohner es befürchten, schlug Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) vor. Bauamtsleiterin Brigitte Littke sieht diese Option eher skeptisch: "Wir können nicht jede Straße sperren", Durchfahrtsmöglichkeiten seien nötig für den Verkehrsfluss.

Er schätze das Risiko für mehr Durchgangsverkehr zwar ähnlich gering ein, wie die Verwaltung, so Herbert Uhl (FW), dafür hatte er aber grundsätzliche Kritik an dem Vorhaben. Besonders, dass die Einsprüche der Nachbargemeinden Haar und Grasbrunn wegen zu erwartender Verkehrsprobleme an der B304 und der B471 nicht berücksichtigt würden. "Das ist doch keine Art mit Nachbarn umzugehen, mit denen man gemeinsam Verkehrsplanung machen will", sagte Uhl in Anspielung auf eine entsprechende Initiative mehrerer Bürgermeister im Münchner Osten. Dies wolle man auch weiterhin, so Reitsberger, "aber alle haben Verkehrsprobleme". An denen die nun so kritischen Nachbarn nicht selten selber schuld seien, so Littke, denn auch diese hätten massiv neue Wohngebiete entwickelt.

Manfred Schmidt (FBU/AfD) nannte den Neubau der sozialen Einrichtung "ein Feigenblatt", um ein weiteres Wohngebiet ausweisen zu können. Er kritisierte auch, dass dieses an der ursprünglich als Umgehung gebauten Johann-Sebastian-Bach-Straße liege. Auch Axel Weingärtner (Grüne) nannte das neue Haus an der Dorfstraße sinnvoll, "aber für den Rest gibt es keine vernünftigen Gründe". Das sahen ansonsten aber nur Michael, Schmidt, Uhl und Huber so, die übrigen zehn Ausschussmitglieder stimmten der Auslegung des Bebauungsplanes zu.

© SZ vom 19.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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