Strategie gegen Politikverdrossenheit:Bürger sollen mitreden

Lesezeit: 2 min

Vaterstettens Grüne beantragen Fragemöglichkeit in Sitzungen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Wer in der Großgemeinde eine Frage an dieselbe stellen möchte, hat dazu mehrere Möglichkeiten. Entweder den Dienstweg, also per Anruf, Post und E-Mail ans Rathaus, oder man geduldet sich bis zu Bürgerversammlung. Natürlich gibt es noch die Möglichkeit, sich an die Gemeinderäte zu wenden, die die Frage dann weiterleiten. Nur eines gibt es in Vaterstetten nicht: eine Bürgerfragerunde im Gemeinderat und seinen Ausschüssen. Noch nicht, denn die Grünen haben nun beantragt, eine solche Fragerunde einzurichten.

Eine solche gibt es bereits in 13 von 21 Landkreiskommunen, genau wie im Kreistag und seinen Ausschüssen. Besonders überlaufen sind die Gremien dadurch zwar nicht, aber bei kontroversen Themen kommt es schon vor, dass sich Betroffene vor der Sitzung zu Wort melden. Darauf hoffen auch Vaterstettens Grüne: "Für Verwaltung und Gemeinderat kann es durchaus gewinnbringend sein, Fragen oder Probleme aus der Bürgerschaft unmittelbar zu erfahren", schreibt Fraktionschef Axel Weingärtner in dem Antrag. Unmittelbar heißt natürlich nicht unbegrenzt, maximal 30 Minuten sollen die Bürger vor jeder Sitzung des Gemeinderates und der Ausschüsse insgesamt zu Wort kommen können.

Was aber deutlich mehr ist als bisher, so Weingärtner. Denn außer den jährlichen Bürgerversammlungen haben die Vaterstettener sonst nur alle sechs Jahre bei den Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen die Möglichkeit "Einfluss auf die Gemeindepolitik zu nehmen". Was zur Folge habe, dass "viele Mitbürgerinnen und Mitbürger ihre Interessen in den demokratischen Gremien nur unzureichend vertreten" sähen. Mit der Folge, dass "in weiten Kreisen der Bevölkerung eine gewisse Politikverdrossenheit zu spüren" sei, so Weingärtner.

Dieser Politikverdrossenheit wolle man mit der Einführung einer Bürgerfragerunde entgegenwirken. Dadurch, so hofften die Grünen, könnte man "den Besuch von Sitzungen attraktiver zu machen, Lust am politischen Diskurs zu wecken, Bürgerinnen und Bürgern eine weitere Möglichkeit der politischen Äußerung zu geben".

Die Aussichten, dass dem Antrag zugestimmt wird, stehen gar nicht so schlecht. Die SPD hat ebenfalls Sympathien für eine Bürgerfragerunde erkennen lassen, SPD-Fraktionschef Sepp Mittermeier meinte erst kürzlich, er halte zwei Bürgerversammlungen im Jahr für zu wenig. Und Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) hat grundsätzlich auch nichts gegen Wortmeldungen, wie er vor einigen Wochen erklärte: "Ich würde ja alle fragen lassen in der Sitzung."

Etwas skeptischer ist man bei der CSU, Fraktionssprecher Michael Niebler ist zwar nicht grundsätzlich dagegen, erklärte aber auch, er sehe den Bedarf nicht. Vielleicht sind die Christsozialen doch zu überzeugen, denn die Grünen haben beantragt, die Fragerunde zunächst auf Probe einzuführen. Ein Jahr lang solle man das neue Angebot ausprobieren, dann entscheidet der Gemeinderat, ob es fortgeführt wird. Was das Gremium wohl auch ohne diesen Zusatz tun müsste: Denn der Antrag wird frühestens am 20. September beraten. Bis die Details feststehen und die Geschäftsordnung geändert ist, könnte es 2019 werden. Und da im übernächsten Frühjahr ein neuer Gemeinderat gewählt wird, muss sich dieser ohnehin eine neue Geschäftsordnung geben, in der derartige Fragen geregelt sind.

© SZ vom 14.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: