Stimmen des BR lesen im Alten Kino:Der nächste, bitte!

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Die Ebersbergerin Marlene Reichert liest mit anderen BR-Sprechern im Alten Kino Texte zum Mai. (Foto: Christian Endt)

Unterhaltsam-prickelnde "Sprech(er)stunde" im Alten Kino

Von Michaela Pelz, Ebersberg

16 Akteure vor vollem Haus, prickelnde Pikanterien ohne Peinlichkeit und beim Lachen sogar noch etwas gelernt - die Bilanz des Abends unter dem Motto "Wie frau sich bettet, so liebt Mann" fällt durchaus positiv aus.

Zwölf Jahre ist es mittlerweile her, dass BR-Moderator Martin Fogt die Idee hatte, seine Kollegen aus dem Studio ("einem dunklen Loch") auf die Bühne zu holen, "damit die Leute ein Gesicht zu den Stimmen haben, die sie im Schlafzimmer, Bad und vor allem der Küche dauernd begleiten". Weil zeitgleich mit der außerordentlich erfolgreichen Aktion eine Kollegin in finanzielle Not geriet, wurde die Idee geboren, sich auf diesem Weg karitativ zu engagieren, und am Ende landete man bei den "Sternstunden". Bis zu zwölf Events mit verschiedenen Schwerpunkten gibt es pro Jahr, in wechselnder Besetzung. Jedes Mitglied des Teams liest - in seiner Freizeit und ohne Gage - einen selbst gewählten Text. Welche Themen gehen am besten? Fogt lacht: "Erotik! Und Weihnachten!"

Jetzt ist erst Mai, daher gibt es nun also im Ebersberger Alten Kino Dialogszenen, Gedichte und Auszüge aus klassischen und modernen Geschichten rund um Liebe, Lust und Leidenschaft. Den Auftakt macht Lokalmatadorin Marlen Reichert mit einem Auszug aus "Felix Krull". Eine wahre Freude ist es, wie sie sich durch die Schlafzimmerbegegnung zwischen dem jungen Liftboy und der Toilettenschüsselfabrikantengattin gurrt, stöhnt, jauchzt und in höchster Ekstase ins Französische wechselt.

Ihr auf dem Fuß folgt Michael Schneider mit Gedichten von Heinz Erhardt. Zur Begeisterung des Publikums tut er das nicht nur gekonnt, sondern lässt auch allerlei Biografisches zu dem unvergleichlichen Humoristen einfließen. Bevor danach Heinz Peter die Bühne betritt, erfährt man, dass der Ex-Nachrichtensprecher offenbar eine 23-bändige Enzyklopädie der erotischen Weltliteratur besitzt. Nachdem er sich gespielt über diesen Auszug "aus einem sehr privaten E-Mail-VERKEHR" empört hat, präsentiert er Apuleius' "Der goldene Esel" - mit seinen 2000 Jahren "wirklich altes Zeug" so meisterhaft, dass man ihm durchaus eine Karriere im komödiantischen Fach zutrauen würde.

Tatsächlich erheitert die lustige Asterix-Stimme, die Peter dem gehörnten Zimmermann verleiht, neben den Menschen im Saal auch Peter Reichert und seine "Seehof Musi", die mit breitem Grinsen auf der Bühne ihren nächsten Auftritt erwarten. Die beiden Frauen und vier Männer überzeugen mit ihren sieben Stücken einerseits musikalisch, passen aber auch inhaltlich perfekt ins Programm - nicht nur mit den sehnsuchtsvollen Klängen von "Exil Franzose", sondern vor allem, als sie "Unser oide Kath" anstimmen und die Zuschauer zum Mitsingen des Zwiefachen auffordern - was anstandslos klappt.

"Publikumsbeteiligung" der anderen Art gibt es von der Kolpingsfamilie Ebersberg, die einen Teil des Erlöses ihres traditionellen Langosch-Verkaufs beim Christkindlmarkt den "Sternstunden" spendet. Walter Gigler übergibt den Scheck in Höhe von 1200 Euro.

Weitere Mitwirkende im - laut einer Bayern-2-Hörerin aus Vaterstetten "vielfältigen, abwechslungsreichen und ganz und gar nicht schlüpfrigen" Programm - sind Margarita Wolf, die sich für "Kulu Kulu" mit der Wirkung von Fruchtbarkeitszauber beschäftigt, sowie Yvonne von Bibra, die mit "Warum ich meine Sekretärin feuerte" ein "Augen auf bei der Chefwahl" propagiert. Julia Cortis und Andreas Dirscherl brillieren mit dem schwarzhumorigen, selbst geschriebenen "7 Schritte zum Eheglück", Michael Atzinger präsentiert mit Marlen Reichert ein Gedichtefeuerwerk, dessen Höhepunkt sicher die Erkenntnis aus "Gurke Knill und Kürbis Knoll" ist, dass Schönheit schwindet und Liebe bleibt. Christopher Mann schließlich legt zur lautstarken Erheiterung nicht nur einer Dame in der ersten Reihe in "Der ganz alltägliche Beziehungswahnsinn" dar, warum saubere Socken beim ersten Date so entscheidend sind.

Am Ende jedenfalls sind sich alle einig: Es war ein ausgesprochen gelungener Abend, der Besuchern wie Künstlern gleichermaßen große Freude bereitet hat. Was sicher so schnell niemand vergessen wird, ist der Hinweis darauf, wo man alle Infos über das Sprecher-Team und künftige Termine finden kann, auf Anweisung von Moderator Fogt vom Publikum brav immer wieder skandiert: BR Punkt de Schrägstrich Sprecher.

© SZ vom 13.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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