Steinhöring hofft auf Rückkehr:Kehrtwende im Fall Hanslmeier-Prockl

Lesezeit: 2 min

Die Katholische Jugendfürsorge will auf die entlassene Chefin des Einrichtungsverbundes Steinhöring zugehen - und nimmt Stellung zu den Vorwürfen.

Von Viktoria Spinrad, München/Steinhöring

Nach Stunden des Ringens kam um 23.02 Uhr am Mittwochabend die Mitteilung, die nun viele Mitarbeiter und Betreute des Einrichtungsverbund Steinhöring (EVS) hoffen lassen dürfte: Die Katholische Jugendfürsorge (KJF) will auf die geschasste Gertrud Hanslmeier-Prockl zugehen, "um die Grundlagen für ein erneutes vertrauensvolles Miteinander zu schaffen". So lautet der etwas kryptische, aber einstimmige Beschluss aus der vierstündigen außerordentlichen Mitgliederversammlung in der Münchner Geschäftsstelle. Damit liegt der Ball nun beim Aufsichtsrat, Verwerfungen abseits des Gerichtsgeschehens aus dem Weg zu räumen.

Es ist eine durchaus überraschende Wende in einem Konflikt voller Emotionen und beispielloser Solidarität mit der Gesamteinrichtungsleiterin. Schließlich hatte der Träger seit Bekanntwerden der Kündigung in der vergangenen Woche mit Verweisen auf "unüberbrückbare Differenzen" und eine bereits gefundene Interimslösung, "bis die Stelle neu besetzt wird", eher wenig Hoffnung auf eine Rücknahme der Kündigung geschürt.

Genau das forderte wiederum eine Delegation von 40 Menschen mit Behinderungen, Eltern und Mitarbeitern, die am Mittwochnachmittag vor der Geschäftsstelle der KJF aufschlug. Die Devise: Noch einmal Druck machen, bevor die (zumeist) Herren in der entscheidenden Mitgliederversammlung verschwinden. Mehr als 1000 Unterschriften von Betreuten und Mitarbeitern übergaben EVS-Seelsorgerin Mechthild Ferber-Holzbauer und Simone Müller vom Werkstattrat dem KJF-Vorstandsvorsitzenden Bartholomäus Brieller - und richteten eindringliche Appelle für mehr Transparenz und einen besseren Umgang an ihn. Letzteres nahm er auf, zu ersterem hielt er sich weiter bedeckt: Wegen der laufenden Gerichtsverfahrens könne er keine Details rausgeben.

Man halte sich bewusst bedeckt, um die Mediation nicht zu stören

Mehr Details zu Hanslmeier-Prockls Kündigung waren auch vorab in einem persönlichen Gespräch mit Brieller nicht zu erfahren, zu dem er sich spontan bereit erklärt hatte. Man halte sich bewusst bedeckt, um die Mediation nicht zu stören. "Wenn außergerichtlich Porzellan zerschlagen wird, hilft das keiner der beiden Seiten", so Brieller. Zu der Nachfrage von Vereinsmitgliedern, dass die KJF regelmäßig unbequemen Mitarbeitern kündige, sagte er, es habe nicht mehr Kündigungen als branchenüblich gegeben: "Weniger als ein halbes Dutzend in den letzten 20 Jahren und ein paar Aufhebungsverträge." Gründe für diese wollte er nicht nennen.

Erstaunt zeigte er sich über den Vorwurf, die KJF habe Grundstücke und Immobilien unzulässig verkauft. Schließlich seien die gesamten Erlöse von mehreren Millionen stets in Sanierung und Bau neuer Gebäude investiert worden - und diese Geschäfte auch von den Vereinsmitgliedern abgesegnet worden. "Die Mitglieder haben den Aufsichtsrat Jahr für Jahr einstimmig entlastet", so Brieller.

Altbürgermeister Bernhard Winter zieht positive Bilanz

Dass nach der Kündigung nun Betreute, Mitarbeiter und Politiker auf die Barrikaden gehen, erklärt er auch mit Hanslmeier-Prockls großem Netzwerk: "Das haben wir auch immer unterstützt", so Brieller. Zudem seien viele Vereinsmitglieder mit Betroffenen befreundet. "Das erklärt die Emotionen", so Brieller. Gleichzeitig lobte er das Engagement der EVS-Belegschaft: "Es spricht für die Mitarbeiter, wenn sie sich hinter ihre Chefin stellen."

Der Markt Schwabener Altbürgermeister Bernhard Winter war bei der Versammlung am Mittwoch dabei - und zieht am Donnerstag eine positive Bilanz. "Eine kluge Entscheidung" sei es, dass nun der Sozialwissenschaftler Egon Endres die Aussprache zwischen Vorstand und Hanslmeier-Prockl leiten soll. "Manchmal entstehen Missverständnisse und daraus resultierend unnötige Verhärtungen, die es schwer machen, neu und mit gutem Willen aufeinander zuzugehen", so der Psychologe. Er lobt die "konstruktive Resonanz" des Aufsichtsrats - und sieht eine Chance, dass die Kündigung zurückgenommen wird: Unter Abwägung aller ihm bekannten Informationen sei er sich persönlich sicher, "dass Frau Hanslmeier-Prockl nichts getan hat, das zu einer Kündigung führen musste".

© SZ vom 31.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: