Stabwechsel in Ebersberg:Die rechte Hand des Landrats

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Norbert Neugebauer verlässt das Landratsamt nach 39 Jahren. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit 1981 hat Norbert Neugebauer die Arbeit der Behörde mitgestaltet. Nun freut er sich auf neue Herausforderungen

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Als ganz junger Mann plante Norbert Neugebauer seine berufliche Zukunft mit Blick auf die Landkarte. Zu weit sollte sein Einsatzort nicht von Kiefersfelden, seinem Wohnort, entfernt sein. Und man sollte mit dem Zug hinkommen können. Die Wahl fiel vor fast 40 Jahren auf Ebersberg - und bereut habe er sie niemals, sagt der heute 61-Jährige. Nicht nur in der Kreisstadt, die längst Wohnort und Heimat geworden ist, sondern auch an seinem Arbeitsplatz habe er sich immer sehr wohl gefühlt: nette Chefs, nette Kollegen, ein spannender Job. "Ich habe mir oft gedacht: Schöner und besser als im Landratsamt Ebersberg kann ich es nicht bekommen", sagt Neugebauer im Rückblick. Doch nun ist seine Zeit als rechte Hand des Landrats zu Ende, und auch auf die Zeit, die vor ihm liegt, schaut er mit großer Vorfreude: Im kommenden Jahr will er sich einen großen Wunsch erfüllen und zu Fuß nach Assisi gehen, 1000 Kilometer, eineinhalb Monate.

Bereits Ende Juli hat der Büroleiter des Landrats mit seinen Kollegen im Landratsamt Abschied gefeiert, Geschenke wollte er keine, er sei schließlich als Beamter gut versorgt, sagt er. Statt dessen sollte, wer wollte, für das Projekt "Fördern und Helfen" des Landkreises, spenden. Das unterstützt Menschen, die wenig Geld haben, in schwierigen Lebenssituationen. "Es sind 1350 Euro zusammengekommen", erzählt Neugebauer und lächelt, das habe ihn sehr gefreut. So ein Schlusspunkt für das Arbeitsleben ist typisch für Neugebauer; fragt man Kollegen nach ihm, berichten sie von seiner großen Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Dabei war er sich nicht zu schade, bei langen Sitzungen auch mal für Getränkenachschub zu sorgen oder durch Stoßlüften für frischen Sauerstoff.

Vor allem aber ist Neugebauer einer, der über fast enzyklopädisches Wissen über das Landratsamt und den Landkreis verfügt, fast alle Fragen konnte er kompetent aus dem Stand heraus beantworten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er seit 1981, als er ans Ebersberger Landratsamt kam, viele Bereiche der Behörde gut kennengelernt hat. Eingestiegen ist Neugebauer in der Unteren Naturschutzbehörde, weitere Stationen umfassten die Personalstelle, das Sachgebiet zentrale Angelegenheiten des Kreises und die Abfallwirtschaft. 2006 rückte Neugebauer zum Büroleiter des Landrats auf, damals hatte Gottlieb Fauth dieses Amt inne. Noch heute verbinde ihn mit dem Altlandrat ein "sehr herzliches Verhältnis", erzählt Neugebauer.

Vielfältig und interessant seien die Aufgaben aber in allen Bereichen gewesen, unterstreicht Neugebauer. Er habe am Ebersberger Landratsamt eine Umbruchszeit miterlebt und mitgestalten können, sagt er. Als er anfing, arbeiteten an der Behörde gerade einmal 120 Mitarbeiter, heute sind es mehr als 500, darunter auch viele Teilzeitkräfte - ein Konzept, das es am Anfang überhaupt nicht gegeben habe, wie er sich erinnert. Dass es bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Fortschritte gegeben habe, dass aber auch für die Energiewende wichtige Weichenstellungen vorgenommen wurden, sind einige Dinge in seinem Arbeitsleben, auf die Neugebauer mit Zufriedenheit zurückblickt.

Eine der spannendsten - wenn auch anstrengendsten - Phasen seines Berufslebens erlebte er, als bekannt wurde, dass auf der kreiseigenen Deponie Schafweide belastetes Material aus Norditalien abgelagert worden war. "Sehr im Kreuzfeuer" seien die Verantwortlichen im Landratsamt damals gestanden, erinnert sich Neugebauer, der weitere Umgang mit der Deponie sei zur "Gratwanderung" geworden. Spannend waren für Neugebauer aber auch immer Wahlkampfzeiten; schließlich ist man als Büroleiter nah dran am Landrat, da ist es von Vorteil, wenn man sich gut versteht. Dies war bei seinen beiden Chefs der Fall, unterstreicht Neugebauer, die Chemie habe gestimmt. Beim derzeitigen Amtsinhaber Robert Niedergesäß habe er oft bewundert, wie es diesem auch bei strittigen Themen immer wieder einstimmige Beschlüsse herbeigeführt war: "Das war schon toll."

Doch für das gute Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung zeichnete auch Neugebauer mit verantwortlich, zu dessen Aufgabenbereich die Geschäftsführung des Kreistags gehörte. Es sei stets sein Ziel gewesen, die Kreisrätinnen und Kreisräte so zu unterstützen, dass sie ihre ehrenamtliche Aufgabe gut ausüben könnten - beispielsweise durch Sitzungsvorlagen, die möglichst keine Fragen offen lassen. Er habe sich als so etwas wie den "Anwalt" der Kreisräte in der Verwaltung verstanden, sagt Neugebauer.

Nun allerdings ist es an seinem Nachfolger Michael Ottl, diese Aufgabe zu übernehmen. Norbert Neugebauer darf dafür seine neu gewonnene Freizeit genießen. Für seine geplante Wanderung nach Assisi hat er gewissermaßen sein gesamtes Arbeitsleben lang nebenher trainiert, denn im Sommer fuhr er zwar mit dem Radl zur Arbeit, im Winter aber ging er zu Fuß, eineinhalb Kilometer einfach, viermal am Tag, denn die Mittagspausen verbrachte er meist zuhause. "Ich habe mir mal ausgerechnet, dass ich jeden Winter 600 Kilometer zu Fuß gegangen bin", erzählt der 61-Jährige. Wenn in eineinhalb Jahren seine Frau Annelies ebenfalls in Pension geht, wollen beide den Jakobsweg von Zentralfrankreich bis Santiago abradeln. Kennengelernt haben sich die beiden übrigens bei einem Beamten-Lehrgang in Utting am Ammersee, im gleichen Jahrgang fanden sich unter den Kursteilnehmern noch drei weitere Paare, "das war fast ein Heiratsinstitut", sagt Neugebauer und lacht.

© SZ vom 13.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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