Sorge um Altlasten:Großvaters Schutt

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Grafing muss seine alten, zugedeckten Deponien in Aiterndorf und Schammach überprüfen. Unter dem Gras könnten sich gefährliche Altlasten verbergen.

Thorsten Rienth

Aus dem Auge, aus dem Sinn. Bis in die 1970er Jahre hinein war dies bei der Müllentsorgung ein verbreitetes Motto - und Grafing dabei keine Ausnahme. Jetzt werden in der Stadt die Erinnerungen an zwei zugedeckte Müllgruben westlich von Aiterndorf und südlich von Schammach wieder wach. Unter dem Gras könnten sich wahre Zeitbomben verbergen - oder ein Fehlalarm. Nun sollen Detailuntersuchungen Klarheit bringen.

Was in der Beschlussvorlage geschrieben steht, die die Grafinger Stadträte bei der jüngsten Sitzung in den Händen hielten, klingt bedrohlich: Polychloriertes Biphenylen, Benzol, Toluol, Xylol sowie Arsen und Schwermetalle. Die allesamt hochgiftigen, erbgutschädigen oder krebserregenden Substanzen hatte das Rosenheimer Wasserwirtschaftsamt 2011 bei einer sogenannten Vorerkundung in der Altdeponie Bruck südlich des Ortsteils Schammach festgestellt. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet die Behörde das Altlastenkataster des Landesamts für Umweltschutz ab. Inzwischen sind - weil sie als verhältnismäßig ungefährlich gelten - die früheren Hausmülldeponien an der Reihe.

"Dabei sind teilweise sehr erhöhte Werte, festgestellt worden", berichtete der Grafinger Bauamtsleiter Josef Niedermaier. Daraus jedoch eine akute Gefahr abzuleiten, sei falsch. "Der Altlastenkataster wird nach der potenziellen Gefährlichkeit abgearbeitet", erklärt er. "Alleine die Tatsache, dass wir erst jetzt dran sind, zeigt doch, dass keine Hektik nötig ist. Andernfalls wären wir ja von Anfang an in einer höheren Prioritätsstufe gewesen."

Reagieren muss die Stadt trotzdem und für die beiden alten Deponien Detailuntersuchungen in Auftrag geben. Dabei soll nach Auskunft des Bauamtsleiters unter anderem geklärt werden, wie die Gifte verteilt sind und wie hoch ihre Konzentration ist. Wichtigster Punkt sei aber die Frage, ob Schadstoffe ausgewaschen und ins Grundwasser gelangen könnten.

Bereits im Februar hatte der Bauausschuss die Detailuntersuchung für die Deponie in Aiterndorf in Auftrag gegeben. In der Stadtratssitzung folgte nun jene für die Altdeponie Bruck. Beide übernimmt die Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern. Ihr gehören neben dem Freistaat auch der Städte- und Gemeindetag an.

Die weitere Vorgehensweise ist von den Ergebnissen der Untersuchungen abhängig. Mit dem Abschlussbericht dürfte dann auch klar sein, was in den Deponien tatsächlich liegt. Vor allem ,was den Müll in Aiterndorf angeht, gibt es unterschiedliche Aussagen. Manch alter Grafinger erinnert sich lediglich an vergrabenen Bauschutt. Andere wollen Kunststoffe, Chemikalien und ganze Autos in der Grube gesehen haben. "Jetzt schon zu mutmaßen, dass da Material entnommen und entsorgt werden könnte, ist deshalb hochspekulativ", stellte Bauamtsleiter Niedermaier klar.

Dem Grafinger Etat drohen damit zwei schmerzhafte neue Kostenstellen: Sollte Grafing die Deponien sanieren müssen, hat die Stadt die Kosten bis zu einem Betrag von knapp 150 000 Euro pro Deponie selbst zu übernehmen. Erst was darüber hinausgeht, zahlt der bayerische Altlastenfonds.

© SZ vom 14.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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