Songs über die frühere Heimat:"Die Frauen hielten zusammen"

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Soulsängerin Thabilé lebt seit 2016 in Stuttgart und hat kürzlich ihr Debütalbum veröffentlicht. Am Freitagabend gibt sie im Glonner Marktblick ihr erstes Livekonzert in Bayern. (Foto: Yevgen Yermishyn/OH)

Die südafrikanische Sängerin Thabilé ist in vielen Teilen Deutschlands aufgetreten - aber nie in Bayern. Vor der Premiere in Glonn spricht sie über ihre Heimat Soweto und Verbindungen zu Ebersberg

Interview von Korbinian Eisenberger

Am Freitagabend kommt eine Künstlerin in den Landkreis Ebersberg, deren Name in der hiesigen Kulturszene bisher weitgehend unbekannt ist. Die Südafrikanerin Thabilé spielt von 20 Uhr an auf der Kleinkunstbühne in Steinbergers Marktblick in Glonn und gibt damit zum ersten Mal ein Konzert in Bayern. Von Stuttgart aus, wo sie seit drei Jahren wohnt, spricht die 31-Jährige vorab über komplizierte Verhandlungen mit Veranstaltern und Querverbindungen zwischen ihrer Heimat Soweto und dem Landkreis Ebersberg.

SZ: Frau Thabilé, Sie haben sonst vor allem in großen Städten Konzerte gegeben. Warum findet Ihre Bayern-Premiere nun im kleinen Marktblick in Glonn statt?

Thabilé: Warum nicht? Nun kommt Glonn und einen Tag später München. Vorher hat es in Bayern lange nicht geklappt.

Woran könnte das liegen?

Die Verhandlungen mit den Veranstaltern gerade hier in der Region um München waren zwar meist gut, wir hatten auch Interessenten, aber letztlich hat es dann doch nie geklappt. Es braucht ja sehr viel Vorlauf für ein Konzert, teilweise ist es nur an den Terminkalendern gescheitert.

Markus Steinberger vom Marktblick hat uns mitgeteilt, dass sich einige Gäste am Rande eines Konzerts des Raggae-Musikers Wally Warning in Glonn Ihren Auftritt dort gewünscht hätten.

Ich kenne Wally Warnings Musik gut. Vor einiger Zeit wollte ich mit seiner Tochter zusammen arbeiten, daraus wurde bisher aber leider nichts.

Sie sind in der Township-Siedlung Soweto aufgewachsen und für ihr Masterstudium ausgewandert, mittlerweile leben Sie seit drei Jahren in Stuttgart. In ihren Songs geht es hauptsächlich um das Leben in ihrer früheren Heimat. Wie reagiert das deutsche Publikum auf Ihre Musik?

Die Menschen sind sehr aufmerksam und interessiert, das erkennt man an den Blicken. Es geht ihnen nicht nur darum, eine unterhaltsame Zeit zu haben, in der man sich berieseln lässt und tanzt. Bei den meisten habe ich den Eindruck, dass sie Erfahrungen machen möchten, sie möchten erfahren, worum es in meinen Texten geht und warum ich sie singe.

Auf ihrem Debütalbum "Dlamini Echo" sind 16 Songs aus den Genres Pop, Jazz Soul, Soukouss und Latin zu hören, Konzertkritiker beschreiben Sie unabhängig voneinander als Künstlerin, die auf der Bühne enormen Optimismus und Lebensfreude ausstrahlt. Wie geht das, wenn man wie Sie aus Soweto stammt, einem Ort, wo oft Elend und Gewalt das Leben bestimmen, gerade von Frauen?

Viele Frauen leben dort nach wie vor in Beziehungen mit gewalttätigen Männern. Sie werden geschlagen und missbraucht, schaffen es aber nicht, sich von dem Mann zu lösen, der ihnen das antut. Es fehlt ihnen an Alternativen, an finanziellen Mitteln. Viele Frauen sehen keine Lösung für ihr Problem und das ihrer Kinder. Für eine gute Freundin von mir endete das mit dem Tod - ihr habe ich ein Stück gewidmet.

Wie war das bei Ihnen und Ihrer Familie?

Zunächst auch schwierig. Ich weiß nicht viel über meinen Vater, nur dass er ein Problem war. Meine Mutter hatte den Vorteil, dass sie mit ihrer Schwester und ihrer Mum - also meiner Großmutter - zusammen in einem Haus wohnte. Sie war nicht alleine, und die Frauen hielten zusammen. So wuchs ich als Tochter einer Single-Mama in Soweto auf. Sie war zwar alleinerziehend, hat es aber geschafft, dass sie nicht wie in einem Käfig lebte. Das zeigt, es gibt Lösungen, man kann es schaffen.

Kennen Sie das "Johannesburg Youth Orchestra"?

Ja, ich habe schon von dem Orchester gehört, auf Facebook habe ich mir kurze Clips und Postings von ihnen angesehen.

Es gibt ja eine enge Verbindung zum "Grafinger Jugendorchester" hier aus der Region: Beide haben sich gegenseitig besucht und standen mehrmals zusammen auf einer Bühne. Haben Sie schon mal mit einem Einheimischen aus Bayern zusammen gespielt?

Bisher noch nicht, allerdings trete ich am 3. März gemeinsam mit David Whitley in Stuttgart auf, der ist schon so lange in Deutschland, dass er fast schon als Einheimischer zählt (lacht).

Ab wann ist jemand einheimisch?

Schwer zu beantworten. Ich habe den Eindruck, dass es in Deutschland große Bestrebungen gibt, Zuwanderer und Flüchtlinge zu integrieren. Ich bin kein Flüchtling, aber überzeugt, dass ein sehr großer Teil nicht fliehen würde, gäbe es andere Auswege. Wie gesagt: Es gibt auch Menschen, die nicht einmal fliehen können.

Konzert von Thabilé im Marktblick in Glonn, am Freitag, 1. März, Einlass von 18 Uhr an, Beginn ist um 20 Uhr. Karten für 15 Euro gibt es in Steinbergers Marktblick am Marktplatz. Am Samstag, 2. März, tritt Thabilé im Milla Club in München auf.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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