Sitzung in Vaterstetten:Abend der Entscheidungen

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Die Wahlperiode in der Großgemeinde endet mit üppiger Tagesordnung

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Ein bekannter Hersteller von Süßwaren bewirbt eines seiner Produkte seit Jahrzehnten mit dem Versprechen, dieses sei eigentlich drei Dinge auf einmal. Den Slogan könnte man in Vaterstetten für die kommende Sitzung des Ferienausschusses locker übernehmen, was am Mittwochabend auf der Tagesordnung steht, hätte in normalen Zeiten für drei Gemeinderatssitzungen gereicht - mindestens.

Wichtigster Punkt auf der Agenda ist zweifellos der Haushalt für das laufende Jahr. Liegt ein solcher nicht bis Ende April vor, wäre die Handlungsfähigkeit der Gemeinde stark eingeschränkt. Ohne Budget können keine Investitionen getätigt werden, unter Umständen könnte der Gemeinde damit auch Fördergeld entgehen. Dass man in Vaterstetten, im Gegensatz etwa zur Nachbargemeinde Poing oder dem Landkreis, den Haushalt erst im neuen Jahr beschließt, ist an sich nicht ungewöhnlich. Dies handhaben die meisten der Landkreiskommunen so, Grund ist, dass die Zahlen dann verlässlicher sind, etwa was Zuschüsse angeht. Doch heuer gab es noch einen Grund, sich mehr Zeit zu lassen als üblich: Die Kommunalwahlen. In den meisten Jahren hat der Gemeinderat Anfang März den Haushalt verabschiedet, heuer wollte man die Budgetdebatte aus der heißen Wahlkampfphase heraushalten und verlegte die Haushaltssitzung auf Ende März - wo sie dann den Anti-Corona-Maßnahmen zum Opfer fiel. Allerletzte Chance einen gültigen Haushalt aufzustellen ist darum nun dieser Mittwoch, damit bleibt der Verwaltung nach dem Beschluss ein Werktag, um die nötigen Formalien zu erledigen. Dass sich der neue Gemeinderat dann spätestens im Sommer erneut mit dem Thema befassen muss, gilt indes als sicher. Bei den Gewerbesteuern dürfte der Einbruch massiv sein, ein Nachtragshaushalt mit mehr Schulden ist daher wohl unumgänglich.

Ums Geld geht es auch bei zwei anderen Punkten auf der Tagesordnung: Die Vergaben der Planung für einen Teilbereich der Umgehungsstraße Weißenfeld und Parsdorf sowie für die neue Turnhalle der Wendelsteinschule. Bei der Umgehung soll der Planungsauftrag für den nördlichen Bauabschnitt an der Autobahn vergeben werden. Womit ein gewisses Risiko verbunden ist, denn der Planfeststellungsbeschluss für die Straße durch die Regierung von Oberbayern liegt bis jetzt nicht vor. Was bedeutet, eigentlich weiß bisher niemand, wo die Straße genau verlaufen wird. In diesem Fall sei das Risiko aber überschaubar, sagt Bürgermeister-Referent Georg Kast. Der zu vergebende Planabschnitt betrifft die Strecke, deren Verlauf wohl schon feststehe, da es vor allem um die Brücke über die Autobahn gehe. Diese ist laut der Autobahndirektion ohnehin nur an einer Stelle möglich. Dass man den Planfeststellungsbeschluss nicht abwarten will, hat damit zu tun, dass der nördliche Bauabschnitt unter großem Zeitdruck steht: Sollte die Strecke zwischen dem Kreisverkehr an der Gruber Straße und dem Anschluss an die Kreisstraße EBE 4 westlich von Weißenfeld nicht bis Ende 2023 befahrbar sein, verliert die Gemeinde einen Zuschuss von 4,5 Millionen Euro, den der Investor des Gewerbegebietes Parsdorf II vor zehn Jahren zugesichert hatte.

Auch bei der Turnhalle ist der 31. Dezember 2023 von Belang. Bis dahin muss der Neubau nicht nur komplett fertig, sondern auch komplett abgerechnet sein, ansonsten gibt es kein Fördergeld. Dieses, so war es in einer vergangenen Sitzung zu erfahren, schätzt man in der Kämmerei auf insgesamt rund zwei Millionen Euro, was ungefähr 40 Prozent der Gesamtkosten ausmache.

Ebenfalls eigentlich alleine schon weitgehend abendfüllend ist die Vorstellung der Sanierungsmaßnahmen der Schule an der Brunnenstraße und ihrer Kosten. Seit 2014 ist das Sanierungsprogramm in der Planung und wird immer umfangreicher. Waren es Anfangs noch knapp drei Millionen Euro inklusive Turnhallensanierung, stiegen die prognostizierten Kosten bis Herbst 2019 auf insgesamt knapp 4,5 Millionen Euro.

Des weiteren stehen noch Anträge der Grünen und der CSU auf der Agenda. Im ersten, der schon im Februar gestellt wurde, fordern die Grünen, die Gemeinde möge die Zusammenarbeit mit der Manfred-und-Ute-Schmidt-Sozialstiftung einstellen. Diese war in Verruf geraten, nachdem mehrere ältere Personen den AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt beschuldigt hatten, sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu einer Kandidatur auf der AfD-Liste zu bewegen. Zumindest dieser Punkt dürfte ohne große Diskussion abgehandelt werden, eine Zustimmung gilt als sicher. Das dürfte wohl auch für den Antrag der CSU gelten, die Maßnahmen zur Stabilisierung der örtlichen Wirtschaft in Corona-Zeiten fordert.

Diesen ist im übrigen auch eine Besonderheit der Sitzung geschuldet. Diese findet in kleiner Besetzung statt. Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, wird nicht nur in der Turnhalle der Wendelsteinschule getagt, sondern es sind nur die Hälfte der 30 Mitglieder des Gemeinderates anwesend. Dazu wurde eigens die Kompetenz des Ferienausschusses erweitert. Dieser darf nun im Falle einer Krise auch außerhalb der Ferienzeit tagen und anstelle des Gemeinderates bindende Beschlüsse fassen.

© SZ vom 28.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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