Signal aus Vaterstetten:Drei mal Rot

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Vaterstetten schließt sich den Forderungen des Landkreises für die Brenner-Zulaufstrecke an

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Signale sind im Bahnverkehr bekanntlich äußerst wichtig, aber auch was die Planung von Bahnstrecken anbelangt. Zumindest sieht man das so in der Großgemeinde, wie Zweite Bürgermeisterin Maria Wirnitzer (SPD) am Dienstagabend im Umwelt- und Mobilitätsausschuss sagte: "Wir wollen ein Signal senden." Empfänger des, um im Bild zu bleiben, dreifachen Haltesignals ist die Regierung von Oberbayern, wo derzeit ein Raumordnungsverfahren für die Anbindung an den Brenner-Basistunnel läuft.

Dieser soll bis 2028 in Betrieb gehen und den transalpinen Zugverkehr erleichtern. Vor allem beim Gütertransport verspricht man sich viel von der knapp 55 Kilometer langen Röhre, Ziel ist eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Wo dann natürlich mehr los sein wird, was bei den Anliegern - etwa in Vaterstetten, wo die Bahnlinie mittendurch geht - nicht unbedingt positiv aufgenommen wird. So geht eine Prognose, welche die Bahn selbst vor einigen Jahren aufgestellt hat, davon aus, dass auf dem Abschnitt zwischen Trudering und Grafing-Bahnhof bis zu 400 Züge täglich unterwegs sein könnten.

Die Vaterstettener haben sich darum einem Appell angeschlossen, die bereits der Aktionskreis Bahnlärm Kirchseeon formuliert sowie der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Ebersberger Kreistages beschlossen hat. Darin werden drei Forderungen aufgestellt: Erstens sollen die S-Bahn-Gleise nicht zur Taktverdichtung vom und zum Brenner genutzt werden. Hintergrund ist, dass die Bahn zwar für den Streckenabschnitt von Grafing-Bahnhof bis Großkarolinenfeld zusätzliche Gleise plant, nicht jedoch bis Trudering. Die Befürchtung im Landkreis ist nun die, dass die zwei bisher exklusiv für den S-Bahnverkehr genutzten Gleise den zusätzlichen Güterverkehr aufnehmen sollen. Dies würde eine "Verschlechterung der Pünktlichkeit und Attraktivität des S-Bahn-Verkehrs" mit sich bringen, so der Beschluss des Kreistagsausschusses, den die Vaterstettener übernahmen.

Genau wie die Forderung nach besserem Lärmschutz an der Bahnstrecke. Da diese eben nicht ausgebaut, sondern nur stärker befahren werden soll, muss die Bahn nach derzeitiger Rechtslage keine zusätzlichen Schallschutzmaßnahmen einbauen. Doch genau dies fordern Landkreis und Anliegergemeinden. Auf Anregungen aus der Bürgerschaft, wie FDP-Gemeinderat Klaus Willenberg betonte. Denn künftig "sind große Teile des Gemeindegebietes nachts einer Lärmbelastung ausgesetzt, die gesundheitsschädlich ist". Darum soll die Bahn Lärmschutz bauen, wie er für neue Strecken vorgeschrieben ist.

Die dritte Forderung ist die nach einer Bedarfsermittlung. Konkret soll die Bahn "stimmige Verkehrsprognosen" vorlegen, wie sich der Verkehr für alle Abschnitte der nördlichen Zulaufstrecke in den kommenden 30 Jahren entwickelt. Dabei geht es um die Frage, ob wirklich der gesamte Zugverkehr "durch das Nadelöhr München" fahren müsse, so Sepp Mittermeier (SPD), oder ob nicht eine Umgehung, etwa über Mühldorf, sinnvoll sei. Laut Wirnitzer haben schon derzeit 62 Prozent aller Züge auf der Strecke München weder als Ziel noch als Start, sondern sind quasi Durchgangsverkehr.

Alle diese Forderungen würden auch bereits mit den Vertretern von Bahn und Bezirksregierung diskutiert, so Wirnitzer, die zusammen mit Willenberg, am ersten Treffen des Dialogforums zum Raumordnungsverfahren Anfang der Woche teilgenommen hatte. "Wichtig ist, dass es weitergegeben wird", so Wirnitzer. Denn aktuell sei weder zusätzlicher Lärmschutz noch eine Freihaltung des S-Bahn-Gleises geplant, ergänzte Willenberg. Was aber nicht an der Bahn selbst liege: "Die macht, was die Politik ihr vorgibt." Vielleicht könnte Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) einmal bei seinen Parteifreunden nachfragen.

Zumindest zwei davon - Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz und Landtagsabgeordneter Thomas Huber - unterstützten die Forderungen bereits, so Spitzauer. Auch gebe es entsprechenden Initiativen in Land und Bund. Grundsätzlich dürften die Forderungen der Gemeinde und des Landkreises auch nicht schwierig umzusetzen sein, erwartet der Bürgermeister: "Aber am Ende des Tages geht es halt ums Geld."

© SZ vom 23.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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