Schutz vor Überschwemmung in Glonn:Alles im Fluss

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So ruhig und idyllisch fließt der Glonner Kupferbach (hier bei Loibersdorf) nicht immer. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit knapp zwei Jahrzehnten kämpft der Gemeinderat Glonn mit den Plänen für den Hochwasserschutz. Jetzt ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig - mit dem Ergebnis wird erst im kommenden Jahr gerechnet

Von Nathalie Stenger, Glonn

Er steht auf, und es wird still. Bei seiner letzten Chance, den übrigen Mitgliedern des Gemeinderats etwas mitzugeben, wählt er seine Worte mit Bedacht. Rudolf Senckenberg spricht von "Hilflosigkeit" und "Beunruhigung", Gefühle, "die man als Gemeinderat sowie Bürger in Glonn erfahren muss". Der Schutz vor Überschwemmungen war ihm als Gemeinderat der Marktgemeinde 15 Jahre lang ein Anliegen, und so bringt er es zu Beginn der Sitzung bei seiner Verabschiedung auf den Punkt: "Eingriffe in den Naturschutz", sagt der SPD/KommA-Politiker, "sind nichts gegen den Wert dessen, was in Gefahr ist: nämlich der Bürger."

Senckenberg greift ein Thema auf, dass nicht nur ihn persönlich, sondern alle Glonner nun seit 18 Jahren, seit den extremen Überschwemmungen des Kupferbachs im Jahr 2002 beschäftigt. Der Hochwasserschutz. Diesen gibt es immer noch nicht, Grund sind Diskussionen über verschiedene Varianten in der Ausführung, Umweltschutz und Prüfungen, die von verschiedenen Ämtern vorgenommen werden müssen und das Prozedere verlangsamen. Und wie sich in der letzten Gemeinderatsitzung dieser Legislaturperiode am Dienstag herausstellte, wird es wohl noch dauern, bis richtig geplant werden darf.

30 000 Euro sollen jetzt in die Hand genommen werden, um eine von der Unteren Naturschutzbehörde geforderte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in Auftrag zu geben. Diese beinhaltet einen landschaftspflegerischen Begleitplan, eine FFH-Verträglichkeitsabschätzung und einen Artenschutzbeitrag. All diese Untersuchungen sollen herausfinden, welcher der drei zur Auswahl stehenden Dammbauten am besten für Glonn geeignet sei, erklärte Hans Michael Schober vom gleichnamigen Fachplanungsbüro aus Freising.

So würde etwa im Landschaftspflegerischen Begleitplan deutlich, was bei den jeweiligen Dämmen durch die bebaute Fläche an Natur verloren ginge und zusätzlich, welche Beeinträchtigungen bei der gestauten Fläche durch Hochwasser in der Flora entstünden. In so einem Fall, so Schober weiter, verlange eine Ausgleichsforderung, den Kupferbach anderweitig aufzuwerten.

Für die Beurteilung von Flora und Fauna in dem betroffenen Gebiet bedarf es besonders ausführlicher Untersuchungen. Der Landschaftsarchitekt erklärte den Ablauf: "Für die Bestandsaufnahme der Tiergruppen sind immer mehrere Durchgänge notwendig. Man muss auf die geeignete Witterung und Tageszeit achten, sonst werden die Ergebnisse nicht von der Naturschutzbehörde akzeptiert." Als Beispiel nannte Schober Vögel, für Tiere dieser Art etwa sind vier Durchgänge erforderlich. Schober erwähnte auch das bayerische Löffelkraut, die seltene Pflanze, die den bisherigen Planungen schon so oft einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Im Reisenthal steht es, und seiner Meinung nach schädigt selbst ein erneutes Jahrhunderthochwasser die Pflanzenart nicht in solchen Ausmaßen, dass die seltene bayerische Art ausstirbt. Er finde den alljährlichen Laubfall weitaus problematischer. Angesichts der Tatsache, dass das Kalkflachmoorgebiet als Flora-Fauna-Habitat (FFH) die höchstrangige Schutzkategorie in Europa innehabe, müsse man aber die UVP angehen.

Ein Gemeinderat spricht aus, was sich vermutlich viele der Anwesenden denken. Was, wenn die im Gemeinderat präferierte Methode - der dreiteilige Dammbau in Augraben und Kupferbach - laut Prüfung nicht die beste ist? Schober betonte daraufhin, dass ein Damm quer durch das Reisenthal, eine Alternative, auch für ihn eine Horrorversion sei. "Landschaftsbild, Naherholung, Landwirtschaft - das ist in der UVP aber alles berücksichtigt".

Detailkartierungen in diesem Ausmaße dauern. So kann laut Schober wohl erst Ende dieses Jahres ein Wasserrechtsantrag gestellt und frühestens Anfang 2021 mit einem Ergebnis gerechnet werden, was schließlich auf eine Baugenehmigung für den Hochwasserschutz hinausläuft - oder auch nicht. Die Gemeinderäte ärgern sich über die Kosten sowie Verzögerungen durch die neue Untersuchung. Bürgermeister Josef Oswald sagt kurz vor der Beschlussfassung, den Auftrag an das Büro Schober zu geben: "Geklagt wird wahrscheinlich so oder so."

Doch am Ende sind sich alle einig: Die UVP ist notwendig. Wenn nicht für die Umweltschutzbehörde, dann - weil die Prüfung vom Bayerischen Umweltministerium empfohlen wird - spätestens vor Gericht gegen den Freistaat Bayern. "Denn", erklärt Schober, "der Richter schaut immer erst auf formale Mängel."

© SZ vom 30.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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