Sanierung:Das Frust-Schloss

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Repräsentativ wirkt es schon, das alte Ebersberger Schloss, in dem das Finanzamt untergebracht ist. Doch der Anblick täuscht, das Gebäude ist sanierungsbedürftig, der Brandschutz reicht nicht aus und barrierefrei ist es auch nicht. Daher würde die Behörde gerne umziehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Finanzamt Ebersberg ist weder barrierefrei noch genügt es den Brandschutzvorgaben. Das zuständige Ministerium würde die Behörde gerne verlegen - aber es fehlt ein geeignetes Gebäude

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wäre das Leben besser ohne Finanzamt? So manche Fußballfunktionäre und Automanager würden diese Frage uneingeschränkt und aus voller Brust bejahen - nicht jedoch Alexander Müller, FDP-Kreisrat in Ebersberg und Direktkandidat bei der Landtagswahl. Er hat nun vor dem Verschwinden des Finanzamtes gewarnt, konkret vor jenem in der Kreisstadt.

Dieses ist derzeit im alten Ebersberger Schloss untergebracht - doch was sich nobel anhört, ist es bei Weitem nicht. Aktueller "Schlossherr" ist Alexander Ulbricht, der Behördenchef kann von so manchem Mangel des altehrwürdigen Gemäuers berichten. Das beginne schon bei ganz banalen Dingen wie dem Fehlen von automatischen Eingangs- und Brandschutztüren. Die wären in einer Behörde mit einigem Publikumsverkehr durchaus sinnvoll, schließlich sind nicht alle Kunden gut zu Fuß. Wer etwa mit Rollstuhl oder Rollator unterwegs ist oder auf Krücken geht, komme ohne Hilfe oft gar nicht in die Behörde hinein. Und wenn, dann auch nur bis ins Erdgeschoss, denn einen Aufzug gibt es in dem denkmalgeschützten alten Schloss nicht. Dafür drei Stockwerke, "die fühlen sich aber oft an wie sechs", sagt Ulbricht, "besonders wenn man etwas hinauftragen muss". Denn die Stockwerkshöhen fallen schlossgemäß großzügig aus.

Auch die Wege in dem alten Gemäuer sind nicht immer die direktesten, was auch daran liegt, dass sich die Büros der Finanzbeamten über mehrere Abschnitte des Schlosses verteilen. Das ist zwar ärgerlich, richtig gefährlich könnte es aber werden, bräche dort einmal ein Feuer aus: "Die Fluchtwege sind abenteuerlich", sagt der Behördenchef, besonders in den oberen Stockwerken. Denn anders als eigentlich nach den Brandschutzvorgaben vorgeschrieben gibt es keine richtigen Fluchttreppen. Stattdessen seien an den Außenwänden Stahlleitern angebracht, "wie die Wartungsleitern an den Hochspannungsmasten", so Ulbricht. Gerade bei Regen oder Schnee könnte der Abstieg durchaus riskant sein. Benötigt wurden die Leitern in seiner Amtszeit zum Glück noch nicht, sagt Ulbricht, verweist aber noch auf ein weiteres Brandschutzproblem: die Alarmanlage. Bei einer kürzlich vorgenommenen Übung hätten nicht alle Mitarbeiter überhaupt den Alarm hören können.

Beim bayerischen Finanzministerium ist man sich der Problematik bewusst. Wie Pressesprecher Horst Wolf auf Nachfrage der SZ erklärt, seien "die Gebäude am Schlossplatz teilweise sanierungsbedürftig und auch nicht barrierefrei zugänglich". Ebenfalls als schwierig bewertet man im Ministerium "die Verteilung der Arbeitsgebiete auf mehrere Standorte in Ebersberg". Denn neben dem Schloss gibt es noch eine Dependance des Finanzamtes in der Eichthalstraße.

Müller befürchtet darum, dass der Freistaat die Immobilien am Schlossplatz und neben dem Landratsamt aufgeben sowie das Finanzamt bald ganz aus Ebersberg wegverlagern wird - was es unbedingt zu verhindern gelte: "Wir müssen für den bürgernahen Standort Ebersberg im Herzen des Landkreises kämpfen." Immerhin, so Müller, kämen "bei einer durchschnittlichen täglichen Besucherzahl von 70 im Jahr 15 000 Landkreisbürger dort vorbei." Bei einem so hohen Aufkommen müsse "das Finanzamt auch verkehrstechnisch gut erreichbar bleiben".

Dass man am liebsten aus dem alten Schloss ausziehen würde, bestätigt auch Pressesprecher Wolf vom Finanzministerium: Es "werden Alternativen zur Unterbringung des Finanzamts in Ebersberg gesucht". Allerdings wolle man dieses in der Kreisstadt lassen, "eine Aufgabe des Standorts Ebersberg ist nicht geplant", versichert der Pressesprecher.

Bleibt aber die Frage, wo das Amt mit immerhin 135 Mitarbeitern denn hinziehen soll. Laut Finanzamt-Chef Ulbricht gebe es dazu noch keine irgendwie gearteten Pläne, man habe aber bereits die Kreisstadt um Unterstützung gebeten. Dies bestätigt Ebersbergs Hauptamtsleiter Erik Ipsen, macht aber auch gleich klar, dass ein baldiger Umzug der Behörde sehr unwahrscheinlich sei. Selbst verfüge die Stadt leider über keine entsprechenden Räume. Das Einzige, was man im Rathaus tun könne, sei, das Finanzamt beziehungsweise das Ministerium zu informieren, falls irgendwo eine geeignete Immobilie frei wird.

Was vielleicht demnächst tatsächlich der Fall sein könnte. Denn im Zuge der unerwarteten Kostensteigerung bei der Sanierung des alten Sparkassengebäudes, das der Landkreis heuer gekauft hat, hat Landrat Robert Niedergesäß schon laut darüber nachgedacht, die Immobilie wieder zu veräußern. Sanierungsbedürftig wäre der gut 25 Jahre alte Bau zwar trotzdem noch, aber sicher in besserem Zustand als das Jahrhunderte alte Schloss.

© SZ vom 02.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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