Oldtimer:Auf Spritztour mit Jimmy

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So braust es sich malerisch durch den Sommer: mit einem historischen Fiat-1500-Cabrio. (Foto: Christian Endt)

Mit acht historischen Autos begann Jo Weber im Jahr 2004 seinen Oldtimerverleih in Anzing. Heute gehört er mit 60 Fahrzeugen zu den Größten in der Branche.

Von Karl-Wilhelm Götte, Anzing

Jo Weber kennt seine Kunden. "Passen Sie auf, mit welch strahlenden Gesichtern die Menschen zurückkommen", sagt er fest überzeugt. Wohl wahr: Als das Ehepaar aus Rottach-Egern am späten Nachmittag auf den großen Hof außerhalb Anzings einbiegt, lächeln sie beide. Sechs Stunden waren sie mit dem Porsche Speedster, Baujahr 1962, unterwegs.

"Das war ein idealer Tag", sagt der Fahrer freudestrahlend und seine Ehefrau nickt. Das Paar hatte Silberhochzeit und bei Webers Oldtimerverleih ein Auto bestellt. Sie hatten sich für "Jimmy" entschieden. Jedes Auto im Oldtimer-Fuhrpark hat einen Namen. "Jimmy" ist ein silbernes Cabrio, ein zweisitziger Sportwagen - aus Filmen mit James Dean bekannt.

"Silbermetallic und silberne Hochzeit - das passte prima", meint die Ausflüglerin zufrieden. Der Sonnenschein und die warmen Temperaturen perfektionierten das Vergnügen zusätzlich. Ein Cabrio-Tag, wie er im Buche steht. Das Paar ist zum Simssee gefahren, dort haben die beiden gebadet und Kaffee getrunken. Der Rottach-Egerner hatte einige Zeit vorher eine Bemerkung seiner Frau registriert und umgesetzt: "Ich wusste, dass meine Frau Oldtimer mag, da habe ich sie damit überrascht."

Diese Überraschung kam gut an. "Das vergisst man so schnell nicht", sagt dann auch seine Frau. Weber steigerte die Freude des Paares noch, als er diesem zum Hochzeitstag eine Flasche edlen Prosecco überreicht. Mal eine Silberhochzeit, ein Geburtstag, eine Hochzeit oder ein Firmenevent: Jo Weber vermietet seine 60 Oldtimer, die alle in zwei großen Hallen vollgetankt und startbereit stehen, für jeden Anlass.

"Das Auto bremst seinem Baujahr entsprechend"

Eine Oldtimerfreundin aus München hat von ihrem Mann eine Fahrt mit "Moritz" geschenkt bekommen, einen grünen britischen MGB, der 54 Jahre alt ist. Natürlich auch ein Cabrio-Zweisitzer. "Wir haben gestern angerufen und uns für heute angemeldet", erzählt sie, während ihr Ehemann gerade mit Jo Weber auf einer Einfahrrunde unterwegs ist. "Das Auto bremst seinem Baujahr entsprechend", informiert Weber jeden Ausleiher eines Oldtimers. Die beiden wollen über Erding und Dorfen ins Isental fahren.

60 Fahrzeuge hat Jo Weber in seinen zwei Lagerhallen stehen. (Foto: Christian Endt)

"Wir mögen alte Autos", sagt die Münchnerin. Zwei alte BMW und einen Mini Cooper haben sie zu Hause stehen. Vor einigen Jahren hätten sie bei Weber schon einmal die "Daisy" ausgeliehen, eine weiße Ente. Für die Zweistundenfahrt mit dem MGB zahlen sie 140 Euro inklusive einer Vollkaskoversicherung mit 500 Euro Selbstbeteiligung. Ein Käfer-Cabrio kostet hundert Euro. Ein Wochenende von Freitag bis Sonntag würde 500 Euro kosten. Am Ende der Fahrt tanken die Mieter das Auto wieder voll. Zehn Liter pro hundert Kilometer sind die Regel. Bei einem Chevrolet Corvette C3 Cabrio mit acht Zylindern können es auch mal 20 Liter sein. "Sound" kostet eben.

Vollkasko-Versicherung ist den Kunden sehr wichtig. Es gibt kaum Versicherungen, die Oldtimer als Vermietautos versichern. Weber hat eine gefunden und die ist kostspielig. "Pro Miettag zahle ich für jedes Auto durchschnittlich 40 Euro Versicherung", rechnet er vor. Bisher gab es nur wenige Schäden. Viele Kunden erleben zum Beispiel mit einem Opel Rekord ihre Jugend noch einmal. Weber befriedigt offenbar eine gute alte Palette von Sehnsüchten bei seiner Kundschaft.

Enten gehen gut

Oldtimerfreunde gönnen sich Spritztouren zu einem besonderen Anlass. (Foto: Christian Endt)

"Als ich jung war, konnte ich mir so ein Auto nicht leisten", hört Jo Weber seine Oldtimermieter häufig sagen. Und auch das: "60-jährigen Männern steigen die Tränen in die Augen, Freudentränen." Manchmal weinen auch die Frauen mit. Bei ihnen würde ein Film im Kopf ablaufen. Sie erinnern sich an ihre Studentenzeit, als sie mit einer Ente unterwegs waren. Enten gehen gut. Weber hat gleich drei 2 CV in seinem Fuhrpark. "In den drei französischen Farben - die Tricolore", so der Oldtimer-Vermieter.

Als Werbegeschenk hat Jo Weber ein Autoquartett mit seinen Oldtimern fertigen lassen. Sechs Mercedes-Varianten sind zu finden. Da ist die 250er S-Klasse aus dem Jahre 1968 oder "Ronny", das schicke rote 230-SL-Cabrio aus dem Jahre 1965. Daneben steht "Lucy", ein Mercedes Benz 170 von 1939. "Donald", der Ford A-Shay von 1930, mit Servolenkung, Automatik und Scheibenbremsen wäre das passende Hochzeitsauto, genauso wie der Mustang Cabrio von 1965. "Jerry", der rote Jaguar E von 1967 mit 269 PS und über vier Liter Hubraum, der beste Stich im Autoquartett, sieht verlockend aus. Das weiße Trabi-Cabrio von 1975 - ein Unikat - muss natürlich "Cindy" heißen. Auch der Peugeot 203 C, der "Franzosenkäfer" von 1956, animiert zum sofortigen Einsteigen. Für VW-Bus-Bulli-Liebhaber steht ein originaler T2 a von 1968 bereit.

Jo Weber betreibt das Oldtimer-Verleihgeschäft in Anzing seit 2004. Der ausgebildete Lehrer widmete sich einst dem Versicherungsgeschäft und betätigte sich darüber hinaus als Coach. Später beriet er vermögende Kunden bei Geldanlagen, war als Immobilienfachwirt tätig und hat 15 Jahre lang denkmalgeschützte Häuser saniert. "Ich habe seit 1999 in Blech gespart", erzählt der gebürtige Coburger, der seit 1983 in Poing wohnt. 2004 begann er das Verleihgeschäft mit acht alten Autos.

Mittlerweile sei er mit seinem "rollenden Museum" der größte Verleiher weltweit, wie er sagt. Das Oldtimer-Verleihgeschäft gibt es allerdings nur in Deutschland, in anderen Ländern hat es keine Bedeutung. Nur in Wien würde es noch einen Kollegen geben, der zwölf Autos im Angebot habe, sagt Weber. "Vielleicht hat mein Faible für alte Autos damit zu tun, dass ich als Kind zu Weihnachten und Geburtstagen nur Matchboxautos wollte", spekuliert Weber selbst etwas über das Motiv für sein Geschäft.

Jetzt ist er 61 Jahre alt geworden und fühlt sich gut dabei, Menschen Träume zu erfüllen. Seine Autos verbreiten gute Laune. Spürt Weber, dass das nicht reicht, übernimmt er diesen Part und verbreitet selbst gute Laune. Da knüpft er an seine Entertainerfähigkeiten an, die er einst bei der Bayerischen Turnjugend als Leiter von Ferienlagern, Spielfesten oder der Moderation von Großveranstaltungen gelernt hat.

"Das hilft mir heute sehr", sagt er rückblickend. Dazu kommt sein musikalisches Talent. Er spielt mit Freunden in einer "Oldie-Band". Er spielt Gitarre, alle Tasteninstrumente oder Mundharmonika, wenn Songs von Deep Purple, Rolling Stones oder Beatles nachgespielt werden. Auch die alte Lagerfeuerromantik ist ihm geblieben, wenn er zur Gitarre greift und die Menschen drumherum "Nights in White Satin" mitsingen.

80 Prozent der Oldtimermieter sind Frauen, sagt Webers Statistik. Die mögen es, wenn Weber ihnen persönlich Mut macht, dass sie das alte Auto mit Sicherheit gut lenken und fahren werden. So gibt er auch den Frauen ein detailliertes "Roadbook" in die Hand, mit denen sie auf Nebenstraßen zum Beispiel zum Chiemsee fahren können. Er hat alle Strecken selbst abgefahren, weiß wo jede gemütliche Eisdiele ist. Mögliche Radarfallen sind dort ebenfalls eingezeichnet. Bis zu 140 000 Euro, sagt Weber, stecke er jährlich in seinen Oldtimer-Fuhrpark, dass er läuft. Jedes Jahr müssen die Autos zum TÜV, die Autos sind als Selbstfahrervermietfahrzeug lizenziert.

Das Geschäft ist ein Saisongeschäft von April bis Oktober. Da muss es brummen, und zwar möglichst mit Groß- und Firmenkunden. Die kommen meistens aus dem Ausland, besonders aus China und wollen ein Fix-und Fertig-Paket haben. "Die sind ganz verrückt auf alte BMWs", erzählt Weber und zeigt Fotos von lachenden Chinesen, die um die BMWs herumstehen. Da muss er schon mal 20 alte Autos beschaffen. "Das sind alles Topmanager aus China, die das von ihren Firmen dort geschenkt bekommen", so Weber.

Den größten Stress bereitet Weber die Ersatzteilbeschaffung für die alten Autos. "Das ist häufig eine Katastrophe", sagt er. Aber irgendwie geht es dann doch. Er selbst kennt jedes Wehwehchen seiner Autos; zwei Mechaniker halten seine Autos in Schuss. Nicht mit allen Autos kommen die Kunden klar. Einen seiner beiden Ferrari hat er verkauft, weil die Menschen mit dem Auto nicht umgehen konnten. Weber achselzuckend: "Sie fahren an den Bodensee in den Stop-and-Go-Verkehr und der Ferrari kocht über." Vielen fehlt das Gefühl für die alte Technik. Der zweite Ferrari hingegen ist nach wie vor beliebt bei den Kunden, gerade war er wieder in Südtirol.

Die Münchner kommen zurück von ihrer Ausfahrt. "Mein Mann ist gefahren", erzählt sie. "Wir sind gemütlich dahin gegondelt", sagt er, und sie ergänzt zufrieden: "Kein Radio, ohne Navi und das Klima von oben." Wieder ein Beispiel für Webers Anspruch: "Ich mache Menschen glücklich. Die bekommen an diesem Tag von den Passanten überall Daumen hoch." Aufmerksamkeit, die viele Menschen sonst nie erleben.

© SZ vom 21.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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