Rektor vor Ruhestand:"Als erstes schmeiße ich den Wecker weg"

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Seit elf Jahren ist Eberhard Laspe Rektor der Ebersberger Realschule. Mit bald 66 verlässt er nun den Ort, an dem er sich immer wohlfühlte. Mit Wehmut - und Vorfreude.

Porträt von Carolin Schneider, Ebersberg

Als Eberhard Laspe vor elf Jahren die Dr.-Wintrich-Schule betrat, trug er Krawatte und hatte ein nervöses Gefühl im Bauch, unsicher darüber, welche Dinge ihn wohl in seinem neuen Job als Schulleiter erwarten werden. Nun sitzt Laspe gelassen in seinem Büro, graue Sweatjacke mit dem Schullogo über einem hellblauen Hemd, und steht kurz vor dem Ruhestand.

Von der Krawatte im Schulalltag hat er sich schon wenige Monate nach Amtsantritt verabschiedet, der Abschied, der nun bevorsteht, fällt ihm deutlich schwerer: "Ich bin ein Mensch, der einen Ort, an dem er sich wohl fühlt, ungern verlässt", sagt Laspe. Trotzdem wird es Zeit zu gehen für den 65-Jährigen, der einen Tag, bevor er in Ruhestand tritt, 66 Jahre wird.

Laspe geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn obwohl er seine Arbeit sehr genossen hat, freut er sich, die Verantwortung, die ein Schulleiter jeden Tag zu tragen hat, abzugeben. "Der Zirkus nimmt zu", sagt Laspe und meint damit, dass man immer mehr beachten muss, um rechtlich abgesichert zu sein. Als Lehrer könne man es sich etwa nicht mehr leisten, einen Schüler anzufassen - auch nicht im Sportunterricht als Hilfestellung oder wenn ein Schüler traurig vor einem steht. Laspe selbst habe immer die nötige Distanz gewahrt, aber es mache keinen Spaß, sich permanent darüber Gedanken zu machen, was man darf und was nicht.

Dennoch gab es viele Aufgaben eines Rektors, die Laspe Spaß bereitet haben. Er habe schon als Lehrer an einer Münchner Schule gerne verwaltungstechnische Aufgaben übernommen. "30 Jahre nur Englisch und Sport unterrichten - das wäre mir auf Dauer zu langweilig geworden", gibt der scheidende Chef zu. Trotzdem habe er damals noch nicht mit dem Gedanken gespielt, Schulleiter zu werden. "Ich wollte einfach nur Lehrer sein", so der 65-Jährige.

Die Noten reichten nicht fürs Gymnasiallehramt

Dieser Wunsch entstand nicht sofort nach dem Abitur. Er überlegte, in den Journalismus einzusteigen, begann eine Ausbildung als Rechtspfleger. Doch schon während der Ausbildung wurde ihm klar, dass er sich seine Arbeit so nicht vorstellen kann. Schließlich begann er, Gymnasiallehramt für Englisch und Sozialkunde zu studieren, doch hat schnell gemerkt, dass seine Noten für das Gymnasiallehramt nicht reichten. Also machte er das Realschul-Examen für Sport und Englisch. "Dann wollte ich einfach unterrichten", sagt Laspe. Unterrichten wollte er auch als Rektor weiterhin. "Ich habe zu meinem Stellvertreter gesagt, er kann mich da einsetzen, wo ich benötigt werde", so der Schulleiter. Deshalb habe er in den letzten Jahren hauptsächlich Ethik unterrichtet.

In den elf Jahren, die Laspe Schulleiter an der Dr.-Wintrich-Schule war, hat sich diese verändert. Nicht nur äußerlich - immer wieder wurden Gebäudeteile angebaut -, sondern auch in den Klassenzimmern: Statt Tageslichtprojektoren stehen nun Visualizer in jedem Raum. Mit diesen können Lehrer Bilder oder Seiten von Büchern an die Wand werfen. Doch auch in der Erziehung erkenne er eine Entwicklung. "Der Egoismus nimmt zu, das Gemeinsame ab", fasst Laspe zusammen.

Viele Kinder erführen keine Unterstützung im Elternhaus, das Lernen falle ihnen deshalb schwerer. Umso wichtiger sei es, die Schule zu einem Ort zu machen, wo alle gerne sind. "Die Kinder müssen kapieren, wofür sie lernen", sagt der Rektor. Geschichte soll kein trockenes Vermitteln von Daten sein, Sprachen dafür sorgen, sich mit Menschen aus verschiedenen Ländern unterhalten zu können, im Fach Haushalt und Ernährung lernen die Schüler für das Leben. Wenn die Kinder verstünden, warum Schule wichtig sei, habe er sein Ziel erreicht, so Laspe. Dann fügt er schulterzuckend hinzu: "Ich habe das Helfersyndrom. Ich will den Schülern einfach etwas beibringen."

Eine gute Charaktereigenschaft für einen Schulleiter, genauso wie die Ruhe und Besonnenheit, die Laspe ausstrahlt. "Es bringt doch nichts, wenn ich zum HB-Männchen werde, sobald mal etwas nicht klappt", sagt der 65-Jährige. Ein Rektor müsse ruhig reagieren und delegieren können. Das traut Laspe auch seinem Nachfolger zu. Rudolf Bäuml ist der Schule gut bekannt, arbeitet er dort doch schon jahrelang als Lehrer und Konrektor. Laspe weiß seine Schule bei ihm in guten Händen. Pläne für die freie Zeit habe er noch nicht. Als Nachtmensch freue er sich nun darauf, auszuschlafen. "Als erstes schmeiße ich den Wecker weg", sagt Laspe und lacht.

© SZ vom 19.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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