Früher Insektenflug:"Die Bienen kacken nicht in ihren Bienenstock"

Früher Insektenflug: Imker Otto Hilpoltsteiner aus Baldham.

Imker Otto Hilpoltsteiner aus Baldham.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ihre Stubenreinheit wird den Bienen im Landkreis Ebersberg gerade zum Verhängnis, erklärt der Baldhamer Imker Otto Hilpoltsteiner im Interview.

Interview von Barbara Mooser

Es ist ein Geräusch, das man eher mit warmen Frühlings- oder Sommertagen in Verbindung bringt: Bienengesumm. Dennoch ist es jetzt schon zu hören, vielerorts wagen sich die Bienen bereits mitten im Winter aus ihren Stöcken. Der Baldhamer Imker und Bienenfachmann Otto Hilpoltsteiner erläutert, welche Folgen dieses vorzeitige Frühlingserwachen haben kann.

SZ: Fliegen Ihre Bienen auch schon?

Otto Hilpoltsteiner: Tatsächlich stelle ich das fest. Durch die ungewöhnlichen Wetterbedingungen und den sehr warmen Januar verlassen die Bienen sehr früh ihren Stock. Das war schon im Dezember so, am 24. Dezember war der Bienenflug so stark, dass ich meine Videokamera geholt habe, um eine Frequenz über den Flug zu drehen. Die Bienen fliegen in der Regel, wenn die Temperaturen über sieben Grad liegen, manchmal auch schon darunter, wenn die Sonne direkt auf den Stock scheint.

Warum fliegen denn die Bienen raus? Es blüht ja noch nichts.

Sie entleeren ihre Kotblase. Die Bienen kacken nämlich nicht in ihren Stock, sie halten den Kot bis zu drei Monate zurück. Normalerweise finden diese Reinigungsflüge eher im März statt. Ein zweiter Grund für die Flüge ist, dass die Bienen Wasser sammeln, weil die Königin mit der Eiablage anfängt und das Brutgeschäft beginnt.

Aber es ist ja doch noch Winter - schadet das frühe Ausfliegen den Bienen nicht?

Wir Imker sprechen davon, dass sich das Volk kahl fliegt. Wenn es den Flugbienen außerhalb des Stocks zu kalt wird, erstarren sie und erreichen den heimatlichen Kasten nicht mehr. Ein weiteres Problem ist, dass den Bienen durch die Temperaturen vorgegaukelt wird, es sei bereits Frühling. Deshalb legt die Königin ein größeres Brutnest an, das mit etwa 37 Grad erwärmt werden muss. Wenn aber der Winter zurückkommt, zieht sich das Bienenvolk wieder zusammen und kann das Brutnest nicht erwärmen. Das kann zur Folge haben, dass die Brut wegen Unterkühlung stirbt.

Was hat das insgesamt für Folgen?

Die Völker werden geschwächt und entwickeln sich schlecht. Das kann zur Folge haben, dass ein Imker gar keinen Frühjahrsblütenhonig ernten kann. Dabei ist der Frühling eigentlich die Hochzeit für Bienen und Imker. Ein Hobbyimker erntet so etwa zehn, zwölf Kilo Nektar pro Stock von einem starken Volk. Es kann passieren, dass ein schwaches Volk gar nichts produziert - oder sogar noch zugefüttert werden muss. Wenn es danach gut läuft, kann immerhin noch Sommerblütenhonig oder Waldhonig geerntet werden.

Passiert es denn auch manchmal, dass die Völker durch die Rückkehr des Winters ganz sterben?

Wenn man Schwächlinge eingewintert hat, kann das passieren. Bei starken Völkern eher nicht.

In diesem Jahr ist das "Jahr der Biene" ausgerufen. Wie geht es denn der Biene im Landkreis so insgesamt?

Wir in unserem Betrieb haben einen Völkerverlust von maximal zehn Prozent, das zeigt eigentlich, dass wir keine große Verluste durch das Spritzen oder die Saatgutbeizung in der Landwirtschaft haben. Das war vor zehn Jahren schon mal anders. Ein Problem ist vielleicht der verstärkte Anbau von Mais. Aber es gibt auch positive Entwicklungen, es gibt mehr Landwirte, die Feldraine begrünen, auch die Kommunen legen auf öffentlichen Flächen viel mehr Blühwiesen an. Man merkt tatsächlich, dass diese Aktion Früchte trägt.

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