Realschule in Poing:Vom Fußboden in den Chefsessel

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Zwar lenkt Sylvie Schaubelt (Zweite von rechts) bereits seit Herbst die Geschicke an der Poinger Realschule, offiziell ins Amt eingeführt wurde sie aber erst am Donnerstag. Dazu gratulierten Christa Stewens (von links), Matthias Wabner, Ministerialbeauftragter Wilhelm Kürzeder und Albert Hingerl. (Foto: Christian Endt)

Seit diesem Schuljahr ist Sylvie Schnaubelt die Leiterin der Dominik-Brunner-Realschule. In den vergangenen sieben Jahren war sie dort Konrektorin und hat zusammen mit Gründungsrektor Matthias Wabner die Schule aufgebaut

Von Johanna Feckl, Poing

Als Sylvie Schnaubelt 2012 als Konrektorin an die Dominik-Brunner-Realschule nach Poing kam, gab es noch nicht einmal einen Stuhl für sie. "Meine erste E-Mail hier habe ich auf dem Boden kniend geschrieben", sagt die 43-Jährige. Siebeneinhalb Jahre später sieht das anders aus. Schnaubelt sitzt in der Poinger Realschule nun nicht mehr auf dem Boden, sondern auf einem Stuhl an einem runden Konferenztisch in ihrem Büro - das Büro der Schulleitung. Seit Herbst ist sie die neue Rektorin und tritt damit in die Fußstapfen des Gründungsrektors Matthias Wabner, der zum August vergangenen Jahres an die Realschule nach Bad Aibling gewechselt ist. Am Donnerstag wurde Schnaubelt im Rahmen des Neujahrsempfangs der Schule offiziell in ihr Amt eingeführt.

Eigentlich hatte Schnaubelt nie vor einmal eine Schule zu leiten. Der Wunsch, an einer zu unterrichten, kristallisierte sich hingegen recht früh bei ihr heraus. Aus ihrem Umfeld bekam sie während ihrer Abi-Zeit öfter zu hören, dass der Lehrerinnenberuf irgendwie ganz gut zu ihr passen würde. Schnaubelt dachte nach. Sie machte einen Welcher-Beruf-passt-zu-mir-Test bei der Arbeitsagentur. "Manchmal kommt da tatsächlich etwas ganz Gutes heraus - das sage ich meinen Schülern heute auch immer", so Schnaubelt. Denn das Ergebnis bei ihrem Test: Lehrerin. Sie lacht. Dann sollte es wohl so sein.

Dass es eine Realschule werden sollte, war der heute 43-Jährigen recht schnell klar. "Mich hat die Praxisnähe dort einfach sehr überzeugt." Nach vier Jahren Lehramtsstudium in München für die Fächer Deutsch und Geschichte begann die gebürtige Offenburgerin im Jahr 2000 ihr Referendariat an den Realschulen Wasserburg und Miesbach.

"Ich komme ja noch aus der Kreidezeit", kommentiert Schnaubelt die Anfänge ihrer Zeit als Lehrerin. Von iPad-Klassen, Webdesign im Kunstunterricht und Whatsapp-Klassenchats konnte damals noch keine Rede sein. Stattdessen stand Schnaubelt mit einem Stück Kreide an der Tafel vor ihren Schülern. Nach ihrem Referendariat tat sie das sechs weitere Jahre an der Realschule in Wasserburg. Die letzten zwei davon stand sie nur noch gut die Hälfte einer jeden Woche im Klassenzimmer; die andere Hälfte arbeitete sie für die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit in München. Dort war sie für Klassen aus allen Schularten zuständig, die zusammen mit ihren Lehrkräften die verschiedenen Ministerien sowie die Staatskanzlei besuchten.

2008 wechselte die Schnaubelt als stellvertretende Pressesprecherin ins Kultusministerium, später war sie dort auch die stellvertretende persönliche Referentin des Ministers. Eine Zeit, die Schnaubelt als wertvoll beurteilt. Presseanfragen sind vielfältig und so arbeitete sie sich in einen bunten Strauß an Bildungsthemen ein. "Dadurch habe ich neue Einblicke und wirklich noch einmal ein anderes Verständnis für einzelne politische Vorgänge bekommen", sagt sie.

Trotzdem zog es sie nach gut fünf Jahren Abstinenz zurück ins Klassenzimmer. "Wer mal Lehrer geworden ist, der will auch irgendwann wieder unterrichten." So kam sie 2012 nach Poing, als Konrektorin von Gründungsschulleiter Matthias Wabner. Ihr gefiel die Verbindung von Verwaltungsaufgaben auf der einen Seite und dem Unterrichten auf der anderen Seite, das sich in dieser Position relativ die Waage hielt. Und natürlich die Herausforderungen, die der Aufbau einer neuen Schule mitsamt Schulhausbau mit sich bringt. Erst recht, wenn es eine Vorzeigeschule in Sachen digitales Klassenzimmer werden sollte. Die Kreidezeit, wie es Schnaubelt nennt, war da definitiv vorbei. Dass sie die Schule irgendwann einmal leiten könnte, daran habe sie damals aber nicht gedacht, so die 43-Jährige.

Dieser Gedanke sei ihr erst gekommen, als Gründungsrektor Wabner bekannt gab, dass er Poing verlassen werde. "Ich habe die Schule ja mit aufgebaut", sagt sie. Wenn sie also überhaupt Rektorin werden wollte, dann eigentlich nur dort. Schnaubelt begann zu überlegen, bewarb sich dann auf den Posten - und zog schließlich im vergangenen Sommer von ihrem Konrektorinnenbüro ein Zimmer weiter in das der Schulleitung.

In die Zukunft blickt sie gespannt, das geplante Gymnasium für Poing sieht sie als Chance. Durch die wirtschaftswissenschaftliche Ausrichtung dort werde es gute Möglichkeiten für gemeinsame Projekte geben, etwa im Bereich von Berufsmessen. Zunächst aber, gibt Schnaubelt zu, sei sie durchaus skeptisch gewesen. Gut die Hälfte ihrer Fünftklässler seien mit einer Gymnasialeignung an die Realschule gekommen. Ein Gymnasium im Ort, "da fängt man dann natürlich erst einmal zum Rechnen an", so die Rektorin. Aber bei einer so schnell wachsenden Gemeinde wie Poing sei es nun einmal nachvollziehbar, dass man ein Angebot an allen Schularten braucht. Und in ein paar Jahren, wenn das neu gebaute Gymnasium seine Pforten öffnet, wird Schnaubelt der neuen Schulleitung dort sicherlich schon einmal Tipps für das Mailen im Knien geben können.

© SZ vom 10.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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