Rauschgift:Päckchen aus dem Darknet

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Ein 21-Jähriger wird wegen einer Amphetamin-Lieferung vor dem Amtsgericht zu zwei Wochen Jugendarrest verurteilt

Von Christian Bauer, Ebersberg

Schweigen ist Gold, sagt man. Das dachte sich wohl auch ein 21-jähriger Angeklagter vor dem Ebersberger Amtsgericht. Möglicherweise handelte er auch aus Erfahrung, schließlich musste er sich bereits dreimal vor Gericht verantworten, unter anderem wegen Sachbeschädigung und Diebstahl. Jedenfalls kommentierte er die Vorwürfe gegen ihn mit keinem Wort.

Diese lauteten, er habe im Mai 2017 über das Darknet 10,1 Gramm Amphetamin erworben mit der Intention, es weiterzuverkaufen. "Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" heißt das im Juristendeutsch. Der ermittelnde Beamte berichtete im Zeugenstand, das an den Angeklagten aus dem nördlichen Landkreis adressierte Paket sei gemeinsam mit mehreren anderen verdächtigen Päckchen abgefangen worden. Daraufhin sei die Wohnung des Mannes und seiner Eltern durchsucht worden. Neben einem Gramm Marihuana, das wohl dem Vater gehörte, wurde dabei auch eine Feinwaage gefunden, auf der sich Spuren von Cannabis und Amphetamin nachweisen ließen. Zudem entdeckte man eine Anleitung zur Herstellung von Methamphetamin sowie auf dem Computer des Angeklagten einen Webbrowser, der typischerweise als Zugang zum Darknet benutzt werde. Eine Haarprobe ergab Rückstände von Marihuana, nicht aber von Amphetamin.

Dass der Angeklagte das Amphetamin somit nicht selbst konsumiert hat, sah die Staatsanwaltschaft als ausreichenden Hinweis, dass es zum Weiterverkauf gedacht war. Der Verteidiger widersprach. An Richter Markus Nikol gewandt fragte er: "Was haben wir vorliegen?" Dies sei nämlich nicht viel: Eine Hausdurchsuchung, bei der kein Amphetamin gefunden worden sei, und gerade einmal ein Gramm Marihuana, das nicht dem Angeklagten gehört habe. Des Weiteren einen Computer mit Möglichkeit, auf das Darknet zuzugreifen, aber ohne Indizien, dass dies auch tatsächlich geschehen sei.

Warum dann ein Paket mit 10,1 Gramm Amphetamin an den Angeklagten geschickt worden sei? "Das kann ich Ihnen nicht beantworten", sagte der Verteidiger, aber es sei nicht mit Sicherheit festzustellen, dass er die Droge auch wirklich bestellt habe. Und wenn der Angeklagte ein Händler sei, warum habe man dann keine Betäubungsmittel bei ihm gefunden? Aus diesem Grund sei der Mandant freizusprechen. Wenn er aber doch verurteilt werde, dann solle man zumindest nicht länger von "nicht geringen Mengen" an Drogen ausgehen. Die 10,1 Gramm lägen nur "knappest" über der Grenze von zehn Gramm - alles darunter zählt als normale Menge. Allein auf die Aussage des Zeugen könne man sich bei dieser geringen Differenz nicht stützen, da kein Wirkstoffgutachten vorliege.

Genau mit jenem Gutachten wartete der Richter jedoch auf, als er nach einer halben Stunde Beratung mit den Schöffen zur Urteilsverkündung zurückkehrte. Das Zollfahndungsamt konnte den Bericht kurzfristig per Fax schicken, darin wurde eine Mindestmenge von 10,1 Gramm bestätigt. Daher und aufgrund aller zuvor aufgeführten Hinweise sah das Gericht es als erwiesen an, dass der Angeklagte das Amphetamin bestellt und vorgehabt habe, damit zu handeln. Aufgrund der festgestellten Reifeverzögerung wurde beim zum Tatzeitpunkt 20-Jährigen Jugendstrafrecht angewandt. Die Strafe beläuft sich auf zwei Wochen Dauerarrest. Außerdem muss der junge Mann sich drei Drogenscreenings unterziehen.

© SZ vom 02.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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