Radfahren in Pliening:Nichts für schwache Nerven

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Stellen wie an der Kreuzung Geltinger/ Poinger Straße gibt es in Pliening etliche: Der Radweg endet und die Radler müssen auf die Staatsstraße. (Foto: Alexandra Leuthner)

Der Plieninger Bund Naturschutz gewinnt bei einer Tour durch die Gemeinde die Erkenntnis, dass sicheres Radfahren hier eine Illusion ist

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Nein, eine wahre Freude ist es nicht, in der Gemeinde mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Selbst nicht bei so sonnigem Wetter wie am vergangenen Freitag, als die Ortsgruppe des Bunds Naturschutz zu einer Informationsfahrt durch Pliening aufbrach. Was nicht nur, aber auch an der Uhrzeit lag.

17 Uhr Treffpunkt beim Bürgerhaus, gleich neben der Grundschule, hatte der Vorsitzende der Ortsgruppe Franz Höcherl erklärt - die Zeit habe man mit Absicht ausgesucht, weil es in der Rush-Hour besonders schlimm sei mit dem Autoverkehr. Gerade auf die Situation der Schulkinder, die ihren Weg entlang der Geltinger Straße zur Grundschule finden müssen, wolle man mit der Aktion hinweisen. Die sind zwar am späten Freitagnachmittag nicht unterwegs, aber an den Wochentagen in der Früh, wenn die Plieninger und viele, die aus anderen Ort kommend die Gemeinde queren, zu ihren Arbeitsstätten fahren, dürfte die Situation vergleichbar sein.

Einen schönen Radweg, der auf der Nordseite der Geltinger Straße vor der Grundschule in beide Richtungen führt, nutzt die Radgruppe zunächst Richtung Osten. Um dann festzustellen, dass er kurz hinter dem Feuerwehrhaus endet. Sie müssen, genau wie die Schüler, die etwa nach Süden in die Siedlung an der Neufarner Straße wollen, die viel befahrene Markt Schwabener Straße queren, um dann nach rechts in die Neufarner Straße abbiegen zu können. Die Ampel, die ihnen helfen würde, steht allerdings erst ein paar Meter weiter, so das sie bis dort regelwidrig auf dem linken Gehsteig fahren müssten. Wer entlang der Markt Schwabener Straße weiterradeln will, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, zum Zehmerhof etwa oder weiter zum Greimel, muss das auf der Staatsstraße tun. Tempo 50 allerdings, wie hier geboten, sehen viele Autofahrer lediglich als wenig überzeugenden Vorschlag.

Zurück zur Grundschule: In Richtung Westen endet der Radweg gleich hinter der Einmündung der Poinger Straße an einer Fußgängerampel. Die Gehsteige rechts und links der Geltinger Straße Richtung Rathaus sind nicht für Radfahrer freigegeben - was die Expeditionsteilnehmer erneut dazu bringt, sich die Haare zu raufen. Wer am Leben hängt, schert sich hier nicht um Vorschriften und fährt auf dem Gehweg um die Ecke beim Rathaus herum - der Bürgermeister wird niemandem einen Strick daraus drehen. Er begleitet die Gruppe der Naturschützer und ermutigt sie, ihm sämtliche Gefahrenstellen in der Gemeinde aufzulisten - als Argumentationsstütze für weitere Verhandlungen mit Polizei und Straßenbauamt. Solche Stellen werden die Radler noch viele finden auf ihrer Tour, etwa die Ortszufahrt im Norden an der Landshuter Straße. Hier endet der Radweg auf der linken Straßenseite von Finsing her kommend beim Ortsschild. Den Fußweg, der einen Radler sicher hinter den Alleebäumen auf der linken Straßenseite in den Ort hinein bringen würde, darf der aber nicht benutzen. Er muss direkt am Ortsschild auf die rechte Straßenseite wechseln, was einer Harakiri-Aktion gleicht. Noch an der nach den ersten Häusern im Ort gelegenen Querungshilfe bei der Melcherstraße preschen die Autos mit so hoher Geschwindigkeit heran, dass einer sich mitten auf die Straße stellt, um den Autofahrern zu signalisieren, dass sie vom Gas gehen müssen.

Alle Gespräche mit der Polizei aber, den Fußweg freizugeben - wie etwa in Landsham an Abschnitten der Kirchheimer Straße geschehen - seien bisher erfolglos, erklärt Frick, "wenn ich da was sag', dann heißt es, im innerörtlichen Bereich könnten Radler auch auf der Straße fahren."

Wie sich das anfühlt, erfährt die Gruppe ein paar hundert Meter weiter südlich am eigenen Leib. Der SUV, der sich in der Kurve beim Gasthof Forchhammer an ihnen vorbei drängt, ist so breit, dass seine Fahrspur gar nicht für ihn ausreicht. Was ihm aber offenbar ebenso egal ist, wie die Radfahrer, die er dabei ausbremst. "So lange wir im Ort nicht zu einem partnerschaftlichen Miteinander im Straßenverkehr kommen, werden es immer mehr Autos auf der Straße werden. Weil keiner sich traut, mit dem Rad zu fahren", sagt der nach zwei Stunden unerfreulichem Nervenkitzel ausgelaugte Franz Höcherl. Das aber werde man aus seiner Sicht nur über eine Reduzierung der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit erreichen. Was Polizei und Straßenbauamt ablehnen, wie Frick erklärt, mit dem Hinweis: An Staatsstraßen nicht möglich. Entspanntes Radfahren - etwa gar mit Kindern im Schlepptau - ist es aber auch nicht.

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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