Prozess vor dem Amtsgericht:Unter Brüdern

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Ein Streit zweier Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft endet mit Hieben und einer Geldstrafe

Der Angeklagte versteht nicht ganz, warum er im Amtsgericht erscheinen muss. Es sei doch alles längst in bestem Einvernehmen erledigt, so der junge Mann. Für die Staatsanwaltschaft stellt sich das etwas anders dar: Sie beschuldigt den 28-Jährigen, einen Mitbewohner in einer Flüchtlingsunterkunft im nördlichen Landkreis mit einem Besenstiel verprügelt und außerdem mit dem Tod bedroht zu haben. Dafür war der junge Mann zunächst per Strafbefehl zur Zahlung von 700 Euro verurteilt worden, wogegen er aber Einspruch einlegte.

Dass er mit dem Geschädigten öfter Streit hatte, der auch gelegentlich handgreiflich wurde, räumt der Angeklagte unumwunden ein. Die Sache, die nun verhandelt wurde, habe bereits zwei Wochen zuvor begonnen. Damals sei der Geschädigte plötzlich im Zimmer des Angeklagten erschienen und habe die Rückzahlung von fünf Euro verlangt. Der Forderung kam der 28-Jährige indes nicht nach, er habe sich nicht erinnern können, dem anderen Geld zu schulden. Dieser habe daraufhin eine Schlägerei angefangen, bei der der Angeklagte eine blutende Wunde an der Augenbraue davon getragen haben will. Angezeigt habe er das damals nicht, so der 28-Jährige nun vor Gericht. Er habe auch die Mitbewohner, die den Streit schließlich schlichteten, gebeten, nicht die Polizei zu rufen - das mache nur noch mehr Ärger.

Für diesen sorgte der Angeklagte aber gut zwei Wochen später selbst: Als er den Geschädigten erneut auf die Sache mit den fünf Euro ansprach, eskalierte die Situation erneut. Beide hätten sich Schimpfwörter und auch Todesdrohungen an den Kopf geworfen, die seien aber nicht ernst gemeint gewesen, schließlich habe ja keiner der beiden eine Waffe. Am Ende flogen dann auch wieder die Fäuste. Später habe er sich mit dem Geschädigten aber ausgesprochen, der habe sogar zugesichert, bei der Polizei seine Anzeige zurückzuziehen. "Wir sind wie Brüder", so der 28-Jährige, darum sei er sehr überrascht, dass die Sache doch noch vor Gericht gekommen sei.

Zumal die Vorwürfe so nicht stimmten, er habe zwar zum Besen gegriffen, so der Angeklagte, aber nur, um sich abzustützen. Was Richterin Vera Hörauf indes bezweifelte. Die Verletzungen des Geschädigten seien dokumentiert und "sehen schon verdächtig nach Besenstiel aus". Sie empfahl dem Angeklagten, der ohne Verteidiger erschienen war, seinen Einspruch zurückzunehmen. Sonst könnte die Strafe höher ausfallen, da ein Attest über einen angebrochenen Finger im Strafbefehl noch gar nicht berücksichtigt war. Einem Rat, dem der Angeklagte auch folgte.

© SZ vom 23.01.2019 / wkb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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