Prozess in Ebersberg:"Bunter Strauß an Drogen"

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Ein 30-Jähriger aus dem südlichen Landkreis wird vor dem Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

Von Simon Groß, Ebersberg

Vor dem Ebersberger Amtsgericht ist ein 30-jähriger Mann aus dem südlichen Landkreis wegen unerlaubten Handels und Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Bei dem Mann hatten Polizeibeamte Drogen gefunden: darunter 17,4 Gramm Marihuana, 74 Gramm Haschisch, 2,7 Gramm Kokain, 17 Ecstasy-Tabletten, Amphetamin und weitere illegale Substanzen. Zum Verhängnis wurde dem Angeklagten die vorherige Festnahme zweier Drogenhändler in Dortmund. Diese hatten angegeben, Drogenpäckchen in seine Heimatkommune verschickt zu haben.

Es war an einem Nachmittag im Sommer 2017: Zwei Polizeibeamte klingelten in Grafing bei einem jungen Mann an der Wohnungstür, sie hatten einen Durchsuchungsbefehl dabei. Der Grafinger stand im Verdacht, Empfänger für zwei Drogenpakete aus Dortmund zu sein, die über das sogenannte Darknet verkauft und anschließend per Post verschickt wurden. Das Darknet ist ein Teil des Internets, in dem digitale Spuren wenn überhaupt nur schwer nachverfolgt werden können. Angeblich soll in den Paketen jeweils 400 Gramm Amphetamin gewesen sein. Die Information hatten die Beamten von Kollegen aus Dortmund erhalten. Die Angaben über die Sendeadresse enthielt aber bloß eine ungefähre Information über den Ort des Empfängers.

Die Beamten suchten in dem Bezirk nach Verdächtigen und wurden fündig. Der jetzt angeklagte 30-Jährige war schon in Zusammenhang mit Betäubungsmittelkriminalität aufgefallen und stand auch schon vorher im Verdacht, Empfänger von Drogensendungen gewesen zu sein. Als der Mann die Tür öffnete und die Beamten ihn fragten, ob er Betäubungsmittel in der Wohnung habe, antwortete dieser freimütig: "Ja." Die Beamten stellten auf dem Wohnzimmertisch schon geringe Mengen pulverartiger Substanz fest.

Als die Beamten weiter nachfragten, ob noch mehr illegale Substanzen in der Wohnung seien, habe der Mann dies bestätigt und gesagt, er wolle sie holen, erzählen die Polizisten in der Verhandlung. Der Mann habe versucht, die Treppe hinauf zu rennen. Die Beamten bekamen ihn noch auf dem Weg nach oben zu fassen. In dem Schreibtisch des Angeklagten fanden sie die illegalen Substanzen. Zudem stellten sie eine Waage und kleine Plastiktüten sicher, die laut Richter ideal zum Abpacken von Drogen in kleinen Mengen dienen könnten. Was die Beamten jedoch nicht fanden, waren die hohen Mengen Amphetamin, die in den Päckchen gewesen sein sollen. "Wir haben diese Mengen nie gesehen", sagt einer der Polizisten aus. Einzig die Belege von der Paketentgegennahme haben die Beamten. Darauf unterschrieben hat jedoch nicht der Angeklagte selbst, sondern, so sieht es zumindest allem Anschein nach aus, sein Bruder. Ein entsprechendes Verfahren gegen diesen wird später jedoch eingestellt.

Auch ergeben die Auswertung von Computer, Handys und Tablets keine weiteren Hinweise, genauso wenig lässt sich die Bezahlung der Drogen nachverfolgen. Allerdings stellten die Beamten in den Monaten vor der Festnahme zahlreiche Bareinzahlungen auf ein Konto des Angeklagten fest, insgesamt handelt es sich um einen Betrag von 18 700 Euro. Der Angeklagte gibt dazu jedoch an, dass er damals in Teilzeit arbeitete und wöchentlich in bar bezahlt wurde. Von dem Geld habe er dann die Drogen finanziert. Zu der Zeit habe er regelmäßig gekifft, die chemischen Drogen aber nur am Wochenende zu sich genommen, berichtet der Angeklagte. In einer Haarprobe hatten die Beamten Rückstände von Kokain, Amphetamin und Marihuana gefunden. Seit dem Vorfall, also seit mehr als anderthalb Jahren, sei er aber clean, betont der 30-Jährige. Letztes Jahr habe er an einem Anti-Drogenprogramm teilgenommen, ergänzt sein Anwalt. Mittlerweile arbeitet der Mann als selbstständiger Koch im Catering-Service.

Am Ende sind sich Staatsanwältin und Anwalt einig, dass der Angeklagte nicht für den vermeintlichen Erwerb der Päckchen aus Dortmund, wohl aber für den bei ihm sichergestellten "bunten Strauß an Drogen", wie sich die Staatsanwältin ausdrückt, zur Verantwortung gezogen werden müsse. Der Richter sieht es genauso und begründet sein Urteil damit, dass zwar einerseits der Angeklagte geständig sei, dass aber andererseits die Grenze für eine geringe Menge, die als Eigenkonsum ausgelegt werden kann, deutlich überschritten ist. Außerdem muss der Angeklagte insgesamt 1500 Euro an das Caritas Fachambulanz für Suchterkrankungen zahlen und drei Jahre lang nachweisen, dass er clean ist. Das Urteil ist rechtskräftig.

© SZ vom 31.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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