Was hat die Filmbranche eigentlich mit der Politik zu tun? Wenn es nach Landrat Robert Niedergesäß geht, gebe es da einige Parallelen, wie er auf dem diesjährigen Drei-Königs-Treffen der Vaterstettener CSU erklärte. Gute und schlechte Schauspieler etwa seien ebenso auf dem politischen Parkett anzutreffen. Und auch der so genannte Filmriss sei dem Politzirkus vertraut. "Blackout" habe dieser bei Parteikollege Helmut Kohl geheißen, sagte der ehemalige erste Bürgermeister von Vaterstetten in Anspielung auf die CDU-Spendenaffäre.
Auch die Gemeinde könne auf eine eigene Filmvergangenheit zurück blicken - eine Tatsache, die viele Bürger wohl vergessen hätten. Denn in den 1950er Jahren war die "Filmstadt Baldham" Sitz der "Gloria Filmstudios". Bedeutende deutsche Schauspieler, wie Joachim Fuchsberger, Willi Millowitsch und Mario Adorf hätten dort erste Gehversuche gewagt. Und auch der Vater des Kommunalpolitikers habe Erfahrungen mit der Filmbranche gemacht, wie Niedergesäß sichtlich amüsiert erzählt. Etwa als der Sohn eines Bäckers samt Mofa und den Semmeln, die er verteilen sollte, über die Rampe einer Filmkulisse in Baldham fuhr und einbrach.
Dass Niedergesäß einen Exkurs in die cineastische Vergangenheit seiner Heimatgemeinde unternahm, lag am diesjährigen Gastredner des CSU-Treffens: Filmemacher Nico Hofmann. Historische Filme sind sein Metier, das er in Perfektion beherrscht, wie er mit seinem aktuellen Kinofilm "Medicus", basierend auf einem Roman von Noah Gordon beweist. In nur zwei Wochen Spielzeit schaffte Hofmanns Historienfilm den Sprung auf Platz eins der Kino-Charts in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Für eine rein deutsche Produktion sei dies eine ganz seltene Leistung, sagte Nico Hofmann stolz. Weitere Erfolge des Filmproduzenten sind "Hindenburg", "Die Flucht", "Die Luftbrücke", "Mogadischu", "München 72" und die "Die Pilgerin".
Im anschließenden Gespräch zwischen Paul Sahner, Chefreporter und Mitglied der Chefredaktion von "Bunte", und Nico Hofmann konnten die Zuschauer viel über Leben und Wirken des Filmemachers erfahren. Zum Beispiel, dass der Wahlberliner von seiner Dachgeschosswohnung in Charlottenburg aus gern in die umliegenden Wohnzimmer hineinzuschauen pflegt, wie er augenzwinkernd preis gab. Der heimliche Blick auf die Fernseher der Nachbarn ermögliche es ihm abzuschätzen, welche Einschaltquote seine Filme erreichen. Außerdem verrät Hofmann Sahner, dass einige seiner Filme durchaus autobiographischen Bezug haben. Während der sechs Jahre Arbeit an dem dreiteiligen Fernsehfilm "Unsere Mütter, unsere Väter", der von jungen Menschen in der Zeit des Zweiten Weltkrieges handelt, habe er sich intensiv mit der eigenen Familiengeschichte beschäftigt. Für seinen Vater sei der direkte Umgang und die unglaubliche Radikalität durch die die Geschichte besticht, zunächst "ein Schlag ins Gesicht gewesen". Seine Eltern, beide Journalisten, hätten Hitler verehrt. Die Mutter war bei der Hitlerjugend, der Vater Soldat. Den Angriff der Alliierten hatte der damals 22-Jährige nur überlebt, indem er sich im Panzergraben unter einen toten Russen versteckte.
Mit zehn Jahre hat Hofmann seine erste Super8 Kamera bekommen. Heute scheut sich der Geschäftsführer von UFA Fiction nicht davor Tabuthemen aufzugreifen. In seiner Filmreihe "Die Flucht" etwa zeigt er schonungslos auch Vergewaltigungen von Flüchtlingsfrauen nach Kriegsende. Insofern setzt sich Hofmann ebenso mit Politik auseinander - mit ihren historisch bedeutenden Momenten zumindest. Das nächste Projekt ist schon in Planung: In diesem Jahr möchte er die Geschichte Leni Riefenstahls verfilmen, die Maria Furthwängler spielen soll.