Projektseminar:Auf den Spuren des ersten Abgeordneten

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Die Schülerinnen und Schüler des Projektseminars stellen Anton von Hofstetten in den Mittelpunkt ihrer Forschungen. Unterstützung bekommen sie von Politikern aus dem Landkreis. (Foto: Christian Endt)

200 Jahre bayerische Verfassung: Kirchseeoner Gymnasiasten wollen mit einem Kunstprojekt eine Brücke zwischen Moosach und dem Landtag schlagen

Von Viktoria Spinrad, Kirchseeon

Eine Frage, kurz ist es ganz still in der Aula. Auch der Abgeordnete des ersten bayerischen Landtags, um den es hier geht, tut, was Pappfiguren tun: Er schweigt. Dann ergreift eine Schülerin das Wort. "Er war ein ehrgeiziger Mann, der die Polizei stärken, den Staatshaushalt kürzen, die Armee verkleinern wollte", sagt Alina Bichler, 17, mit fester Stimme. Unten in der Aula nickt Peter Maicher zufrieden. Der Hobby-Historiker und frühere Chef des bayerischen Landtagsamtes wollte wissen, welchen Eindruck die Schüler von Anton von Hofstetten gewonnen haben - und hat druckreife Antworten erhalten.

Es dürfte ein aufregender Nachmittag für die Schüler am Gymnasium Kirchseeon gewesen sein. Zur Vorstellung ihres geplanten Projektseminars über einen der ersten Abgeordneten hatten die Elftklässler die geballte Polit-Prominenz des Landkreises eingeladen - und die war der Einladung gefolgt. Nicht nur ging es bei der Präsentation vor Landrat Robert Niedergesäß (CSU), Altlandrat Hans Vollhardt (CSU) und den beiden Landtagsabgeordneten Thomas Huber (CSU) und Doris Rauscher (SPD) um die Frage: Wie lässt sich das Leben des Reformers aus dem heutigen Moosach zum 200. Jubiläum der bayerischen Verfassung künstlerisch umsetzen? Sondern auch um eine Herausforderung aus dem Berufsleben, auf das die Projektseminare bekanntlich vorbereiten sollen: Wie überzeugt man potenzielle Geldgeber?

Letztere Frage war schnell geklärt. Zufrieden ließen sich die Politiker den selbstgemachten Kuchen schmecken, nachdem die Schüler ihre künstlerische Umsetzung skizziert hatten. "Wir planen Eisenstelen, die wir vom Schloss Falkenberg bis zum Landtag aufstellen wollen", erklärten die Schüler auf der Bühne; der provisorische Papp-Hofstetten soll als Vorlage dienen. Kreative Schützenhilfe gibt es dabei vom Grafinger Bildhauer Franz Wörle. Auf der Leinwand über ihren Köpfen huschten zudem Bilder bemalter Flaggen-Entwürfe. Auf diese wollen die Schüler Symbole wie das Familienwappen Hofstettens zeichnen und damit am 4. Februar 2019 das Kultusministerium schmücken, wo die Feierlichkeiten anlässlich der Nähe zum damaligen Ständehaus in der Prannerstraße voraussichtlich stattfinden werden.

Damit ist das Gymnasium eine von bayernweit 13 Schulen, die sich am Projekt des Kultusministeriums beteiligen. Auch das Gymnasium Vaterstetten wird dabei von den Recherchen des Zornedinger Hobby-Historikers Peter Maicher profitieren: In Vaterstetten beschäftigen sich die Schüler mit Hofstettens damaligem Zornedinger Amtskollegen Anton Grandauer. Projekte, die Geld kosten, was die Kirchseeoner Schüler auf Nachfrage des Landrats unverblümt bestätigten: "Wir bräuchten schon eine Zuwendung", erklärt eine Schülerin, die drei Politiker-Köpfe nicken simultan: Botschaft angekommen.

Und weil es nicht nur im Interesse von Schülern ist, sich engagiert zu präsentieren, fiel schnell der Vorschlag, einen Antrag an die Stiftung der Kreissparkasse Ebersberg zu stellen. "Einen Teil können wir sicherlich beisteuern", so der Landrat. Die Schüler legten nach: "Würden Sie sich bereit erklären, mit uns Videos über den heutigen Alltag als Politiker zu machen?", fragte eine Schülerin. Wieder ein dreifaches Nicken, bevor die Schüler mit viel Stoff für ihr Projekt-Portfolio erleichtert von der Bühne traten - und sich im Small-Talk mit den Politikern übten.

"In meinem Büro wäre noch Platz", ließ Thomas Huber wissen. Vor dem geistigen Auge des "politischen Urenkels Hofstettens", als der sich der Landtagsabgeordnete scherzend bezeichnete, hatte einer der fünf Hofstettens schon eine feste Bleibe erhalten - zur Freude von Franziska Asbeck, mit der er sich über eine Weiterverwendung der fünf Stelen nach dem Projekt beriet. An einem weiteren eigens errichteten Stehtisch drehte Rauscher an ihrem Weintraubenspieß, während sie eigene Vorschläge für das Fundraising machte: Warum keine Schokoplättchen mit Münzen aus der Zeit prägen und an die Sponsoren verteilen? Giuditta Schmidt lenkte das Gespräch auf ein ganz anderes Thema: "Im Vergleich zu früher haben Sie es ja fast einfach gehabt", sagt die 16-Jährige in Anspielung auf die Zeit, in der Frauen als zu ungebildet erachtet wurden, um die Plenarsitzungen auch nur als Zuschauer zu verfolgen. Ein Anlass für Rauscher, den Schülern von ihrem Weg in den Landtag zu berichten.

Bleibt die Frage: Wie bewerten die Schüler das Projekt zwischen Geschichte, Kunst und realer Arbeitswelt? "Deutlich praxisbezogener als der normale Unterricht", befindet Emma Riehl, 18 Jahre alt. Normalerweise werde alles vorgegeben, "da kommt die Kreativität zu kurz." Und die 17-jährige Alexandra Dawidowitsch hat schon eigene Lehren gezogen. Zwar sei sie am Anfang noch skeptisch gewesen. "Aber durch das Projekt wird einem bewusster, dass unsere heutige Demokratie alles andere als selbstverständlich ist - und wir mit ihr sehr glücklich sein können." Wäre er keine Pappfigur, hätte Anton von Hofstetten an dieser Stelle sicher zufrieden gelächelt.

© SZ vom 20.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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