Preisverleihung in Ebersberg:Für Kind und Kegel

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Beim Wirtschaftsempfang des Landkreises werden drei Unternehmer ausgezeichnet, weil sie ihren Betrieb besonders familienfreundlich führen

Von Karin Kampwerth, Ebersberg

Der Arbeitsplatz muss sich dem Leben anpassen und nicht umgekehrt: So lässt sich die Philosophie der 13 Firmen auf den Punkt bringen, die sich in diesem Jahr für den Wirtschaftspreis "Familienfreundliche Unternehmensführung" des Landkreises beworben haben. Die Auszeichnung, eine Art Familien-Oscar mit Trophäe und Preisgeld, haben Landrat Robert Niedergesäß und IHK-Kreischefin Sonja Ziegltrum-Teubner am Montagabend an die Inhaber des Parsdorfer Hotels Erb, die Betreiberinnen von "Der Friseur" in Vaterstetten und den Chef des Markt Schwabener Elektro-Fachgroßhandels EFG Gienger verliehen. Dass für Christian und Xenia Erb, Sibylle Rethmann und Rita Vollmayer sowie Stefan Schwarz Familienfreundlichkeit mehr als das Angebot einer Teilzeitstelle ist, davon konnten sich die 340 geladenen Gäste aus Wirtschaft und Politik im Alten Speicher in Ebersberg beim dritten Wirtschaftsempfang des Landkreises überzeugen.

Die Hausdame im Hotel Erb zum Beispiel: Diese ist eine Besonderheit für sich, weil es sich um einen jungen Mann handelt, der die üblicherweise von Frauen besetzte Position innehat. Dazu gekommen ist er wie die Jungfrau zum Kind. So hatte er schon seine Ausbildung bei den Erbs absolviert und sich über den Frühstücks- bis zum Restaurantchef hochgearbeitet. Doch dann sei das erste Kind gekommen und die Schichten, häufig auch bis in die Nacht, seien nicht mehr mit dem Familienleben kompatibel gewesen. Daraufhin hatten ihm seine Chefs die leitende Position im "Housekeeping", zu Deutsch eben der Job der Hausdame, angeboten. Hier kann er nun tagsüber arbeiten, "sonst wäre ich wohl nicht in der Gastronomie geblieben", sagt er in einem Kurzfilm über die Preisträger.

Den Aperitif für die Gäste des Wirtschaftsempfangs gab es im Klosterbauhof. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Väter und Kinder, das treibt auch Stefan Schwarz von EFG Gienger in Markt Schwaben um. Weil in seinem Elektro-Fachgroßhandel viele Männer beschäftigt sind, ist es Schwarz wichtig, diese zu ermutigen, Elternzeit zu nehmen, wenn sie Väter werden. Auch sonst ist es Schwarz ein Anliegen, die Arbeitszeiten an Schul-, Hort- und Kitazeiten anzupassen. Das lobt eine junge Mutter im Film. Sie ist im Außendienst tätig und teilt sich die Arbeit so ein, wie es die Familie erfordert.

Unternehmer würden es wohl als Win-Win-Situation bezeichnen, was den beiden Friseurinnen Sibylle Rethmann und Rita Vollmayer aus Vaterstetten gelungen ist. Sie sind angetreten, ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die größtmögliche Balance zwischen Arbeit und Leben anzubieten, was nebenbei dazu führt, dass sie ihren Salon länger als üblich öffnen können, weil manche Kollegin lieber erst am Abend arbeitet. Das komme auch den Kundinnen entgegen, sagt Sibylle Rethmann im Film.

Beim Empfang sorgten die Anzinger Rock 'n' Roll-Weltmeister für Unterhaltung. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Über alle 13 Bewerber, die in ihren Unternehmen "Familien im Fokus" haben, informiert auch eine Broschüre des Landkreises. Darin schreibt der Landrat, dass die Auslobung des Unternehmerpreises die Facetten mitarbeiterorientierter Unternehmensführung stärker in den öffentlichen Diskurs rücken wolle. Die Preisträger bestimmt hatte eine Jury, der Werner Bachmeier vom DGB, Inge Boockmann von der Arbeitsagentur, Augustinus Meusel, Wirtschaftsförderer des Landkreises, Brigitte Schöpperle von den Unternehmerfrauen, Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger und IHK-Kreischefin Sonja Ziegltrum-Teubner angehörten.

Enzo Vincenzo Prisco gab den Gästen unterhaltsame Tipps, wie Marketing funktioniert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Den Nachwuchs im Blick hatte Ziegltrum-Teubner auch in ihrer Festrede. 396 unbesetzte Stellen für Auszubildende seit März bereiteten den Unternehmern im Landkreis zunehmend Kopfzerbrechen. Eine Berufsschule, die in Grafing-Bahnhof angesiedelt werden soll, stärke deshalb den Wirtschaftsstandort Ebersberg. Doch alleine damit lasse sich der Fachkräftemangel nicht beheben, der auch in den heimischen Unternehmen eine immer gewichtigere Rolle spiele. Die politischen Forderungen der IHK lauten deshalb: Bezahlbaren Wohnraum schaffen und ein Einwanderungsgesetz mit einem Punktesystem beschließen. Ziegltrum-Teubner forderte darüber hinaus, Zuwanderung bei einem konkreten Jobangebot zuzulassen.

Dass man die Interessen der Wirtschaft nicht immer bierernst nehmen muss, unterstrich Enzo Vincenzo Prisco. Der Honorarprofessor für Design, Kommunikation und Marketing an diversen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen gab den Gästen in seinem Vortrag "Die Kraft der Marken" unterhaltsame Tipps, wie Marketing funktioniert, damit selbst ein Laden wie einst "Hollister" zum Sehnsuchtsort werden kann, obwohl es darin stockdunkel war und auch noch stank.

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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