Prävention:Erziehungshilfe aus dem Rathaus

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Angelika Obermayr appelliert per Post an die Eltern von Jugendlichen, Regeln für den Volksfestbesuch aufzustellen

Von Thorsten Rienth, Grafing

"An die Erziehungsberechtigten von. . ." Wer in Grafing wohnt und Kinder unter 18 Jahren zuhause hat, der hat zum Wochenende Post von Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) bekommen. "Liebe Eltern, ich möchte genauso wie Sie, dass unsere Jugendlichen Spaß haben. Aber wir müssen Grenzen setzen, ohne Spaßbremsen zu sein." Es geht, man ahnt es, ums anstehende Grafinger Volksfest.

"Besonders Jugendliche und junge Erwachsene treffen sich hier an den ersten warmen Abenden, um Freunde zu treffen und im Bierzelt zu feiern", schreibt die Bürgermeisterin. "Das ist schön, das ist gut und richtig!" Doch da ist auch eine andere Seite der Medaille: Das Grafinger Volksfest ist berühmt-berüchtigt für Schlagzeilen um betrunkene Jugendliche, und das nicht erst seit gestern. Obermayr formuliert die Sache diplomatisch: "Der Überschwang der ersten Frühlingssonne und manch anderer Gefühle lässt allerdings manchen jungen Menschen nicht mehr so präzise abschätzen, wie viel Alkohol gut ist - gut für sie und gut für das Umfeld. Manchmal wird auch in Kombination mit vorgeglühten härteren Getränken oder anderen Substanzen die Grenze zur Eigengefährdung überschritten." Im vergangenen Jahr zum Beispiel hatte ein betrunkener 15-Jähriger mit den Fäusten eine Fensterscheibe eingeschlagen und landete mit Schnittwunden an beiden Armen in der Kreisklinik.

Um solche Polizeiberichte in Zukunft zu verhindern, setzt die Bürgermeisterin ausdrücklich auf ein gemeinsames Vorgehen von Stadt und Eltern. Für die Stadt bedeute das: "Speziell an den erfahrungsgemäß problematischen Tagen" würden Jugendpflege, Kreisjugendamt, Polizei und Caritas Jugendlichen auf dem Volksfestplatz eine Anlaufstelle bieten. Dass Teenager bei solchen Gelegenheiten gerne Trinkwettbewerbe ausrufen, nimmt die Stadt zugunsten des gewünschten Lerneffekts in Kauf. "Wir möchten bei den minderjährigen Besuchern Eigenverantwortung einfordern, um ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu wecken." Info-Flyer und Verweis auf die Caritas-Fachambulanz für Suchterkrankungen liegen dem Schreiben bei.

Mit Ausweiskontrollen am Bierzelt-Eingang und Alterskontrollen auf dem Volksfestgelände durch die Polizei werde der gesetzliche Jugendschutz konsequent durchgesetzt, kündigt Obermayr an. Aber, und damit kommt die Rathauschefin wieder zurück zu den Eltern, sei das eben nicht alles. "Stellen Sie bitte Regeln bezüglich des Volksfestbesuchs auf und besprechen Sie zusammen mit Ihren Jugendlichen den verantwortlichen Umgang mit Alkohol und die damit verbundenen Konsumgewohnheiten."

Einen Tag bleibt dafür noch Zeit. Am Freitagabend, 4. Mai, eröffnet das Grafinger Volksfest. Um 18.30 Uhr sticht Bürgermeisterin Obermayr das erste Fass an. Wichtig wird dann vor allem sein, wie viele Schläge sie braucht.

© SZ vom 03.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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