Porträt:Oben angekommen

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Für Thomas Huber geht es wohl noch weiter aufwärts, darin sind sich seine Weg-gefährten einig. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch für noch einflussreichere Positionen wird der neue CSU-Kreisvorsitzende Thomas Huber durchaus gehandelt

Von Thorsten Rienth, Grafing

Wenn im Landtag die neue Legislaturperiode beginnt, gibt es erst einmal Knatsch. Lage und Größe der Landtagsbüros stehen nämlich auch immer ein bisschen für den Stellenwert des Büroherrn. Alle fünf Jahre steht die Landtagsverwaltung also vor einer ziemlich undankbaren Aufgabe. Mit dem Neuzugang Thomas Huber hatten die Verwaltungsangestellten vor eineinhalb Jahren großes Glück. Was er denn bitte mit einem eigenen Büro im Landtag solle? "Ich bin zum Arbeiten hier." Sein Schreibtisch stehe zu Hause in Grafing. Huber ist unkonventionell. Aber natürlich auch Profi genug, um die Außenwirkung solcher Sätze einschätzen zu können.

Als die Grafinger ihn im Jahr 1996 erstmals in ihren Stadtrat wählen, ist Huber gerade 23 Jahre alt geworden. Mehr als 5600 Stimmen kann er auf sich vereinen. TSV, Feuerwehr, Faschingsbären, Trachtenverein - Huber ist nicht nur bekannt in der Stadt, sondern auch ziemlich gut vernetzt. Die CSU-Fraktion macht, was man mit solchen Leuten eben macht: ihn sofort zum stellvertretenden Vorsitzenden.

Im gleichen Jahr wählen ihn die Grafinger JU-Mitglieder zum neuen Vorsitzenden. Es braucht nicht lange, bis Huber sein Gespür für politische Aufmerksamkeit so richtig zeigen kann. Mit ein paar JU-Kollegen fährt er in den Ortsteil Gindlkofen. Dort stellen sie sich an einen Gartenzaun, wie Männer nur dastehen, wenn sie wirklich dringend müssen. Ein schelmisches Grinsen über die Schulter, der Fotograf drückt auf den Auslöser. Das Foto machen die JUler zur Postkarte. "Mit uns läuft's!", schreiben sie darunter.

Die Karte zeigt Wirkung. Thematisiert in der Lokalpresse, debattiert an den Stammtischen, fleißig kopiert in den Schulen. Die Grafinger JU ist plötzlich: cool. Als Huber zur Jahrtausendwende den Vorsitz abgibt, ist die CSU-Nachwuchsorganisation in Grafing eine echte politische Kraft geworden. Ein Jahr später, Huber ist inzwischen JU-Kreisvorsitzender, verschwindet die Grafinger JU in der Bedeutungslosigkeit. Huber macht derweil auf der politischen Karriereleiter einen Schritt nach dem anderen nach oben: Ortsvorsitzender der Grafinger CSU, stellvertretender CSU-Kreisvorsitzender, Einzug in Kreis- und Bezirkstag, wenig später auch noch in den JU-Landesvorstand.

Nachdem Huber die Hauptschule abgeschlossen hatte, ließ er sich im Grafinger Rathaus zum Verwaltungsfachangestellten ausbilden. Über den zweiten Bildungsweg folgten die Mittlere Reife und die Fachoberschulreife. Schließlich berufsbegleitend das Studium zum Verwaltungsfachwirt. Bis zum Einzug in den Bayerischen Landtag leitete der Vater eines Sohnes in der Landesgeschäftsstelle des Roten Kreuzes den Bereich Bildung. Dort koordinierte er die gesamte Aus-, Fort- und Weiterbildung für 18 000 hauptamtliche und etwa 130 000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Politisch wie beruflich - Huber kommt von unten und bringt es schnell relativ weit nach oben.

In Parteien macht man sich damit allerdings nicht nur Freunde. Bald hat er bei manchem in der CSU - aber auch darüber hinaus - den Ruf eines Karrieristen weg. Ihm wird zum Nachteil, was eigentlich ein Vorteil ist: Wann immer in den vergangenen 15 Jahren im Kreisverband ein Posten zu vergeben ist, fällt auch der Name Thomas Huber. Der Grafinger gehört dort zu den wenigen, die das Format für höhere Aufgaben wie im Landtag, Bundestag oder Europaparlament mitbringen. Oder denen man zutraut, sich in neue Themen zügig einarbeiten zu können.

Das liegt auch an einer seiner politischen Charaktereigenschaft. Je komplizierter die Themen werden, desto wohler scheint sich Huber zu fühlen. Cyber-Sicherheit, schnelles Internet auf dem Land, zweite Stammstrecke oder Brennerbasistunnel: Andere machen darum einen großen Bogen. Huber, inzwischen 42 Jahre alt, nimmt die Luftlinie direkt drauf zu.

Mehr als sein halbes Leben geht das nun schon so. Der Wissensfundus, aus dem er schöpfen kann, ist also groß. Mit Bauleitplänen kennt sich Huber genauso aus, wie mit Straßenausbauplänen oder den Tücken des Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes. "Der Mann ist wahnsinnig kompetent", analysierte unlängst jemand, der ihn schon lange kennt. "Das Problem ist nur, dass er es bei jeder Gelegenheit zeigen möchte."

Diese Haltung sei zurzeit eigentlich das einzige, das Huber politisch gefährlich werden könnte, da herrscht unter Weggefährten Einigkeit. Denn kaum jemand bleibt verborgen, dass seit Hubers Wahl in den Landtag vieles ein bisschen anders geworden ist. Ein bisschen symbolbehafteter, ein bisschen staatstragender, ein bisschen parteipolitischer - und damit bisweilen auch: ein bisschen populistischer.

In 23 Jahren CSU-Mitgliedschaft hat es Huber weit nach oben geschafft. Im CSU-Kreisverband seit dem Samstagmittag sogar bis ganz nach oben. Dass es der letzte Schritt auf der Karriereleiter des Grafingers war, dürfte eher unwahrscheinlich sein.

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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