Politik in Grafing:Effizienter beraten

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Stadtrat überarbeitet seine Geschäftsordnung

Von Thorsten Rienth, Grafing

Wer tagsüber einem Vollzeitjob nachgeht und abends ehrenamtlich im Grafinger Stadtrat sitzt, der kann viel davon erzählen, wie es im Tagesverlauf mit der Konzentration bergab geht. Die Tagesordnungen der Stadtratssitzungen nehmen darauf bislang wenig Rücksicht. Läuft es unglücklich, entscheidet ein übermüdetes Gremium spätabends über städtische Entwicklungsplanungen in Millionenhöhe oder Bedarfsanerkennungen von Krippen- und Kindergartenplätzen. Dies gründet mit darauf, dass zahlreiche Stadtratsentscheidungen bislang mehrfach beraten worden waren. Deshalb hat der Grafinger Stadtrat jetzt seine Geschäftsordnung geändert.

"Es geht darum, derartige Doppelberatungen künftig zu vermeiden", umriss Bürgermeister Christian Bauer (CSU) das Ansinnen der Novelle. "Die Gremienarbeit soll dadurch effizienter werden, die Entscheidungen besser."

Abhängig von den für die jeweiligen Fachausschüsse geltenden Wertgrenzen werden die Entscheidungen dort vorberaten. Zwei oder drei Wochen später stehen sie dann auf der langen Tagesordnung des großen Stadtrats. Es kommt vor, dass er sie bis kurz vor Mitternacht abarbeitet. Ausgerechnet die kritischen Entscheidungen über Auftragsvergaben stehen wegen deren nichtöffentlicher Beratung ganz hinten auf der Liste.

Der Ansatz der überarbeiteten und in der jüngsten Sitzung einstimmig beschlossenen Geschäftsordnung lautet nun: Mit erhöhten Wertgrenzen die Befugnisse der Fachausschüsse zu erweitern, um damit die zahlreichen Doppelberatungen in Ausschuss- und Stadtratssitzungen zu verringern.

Konkret bedeutet dies, dass der Finanz- und Wirtschaftsausschuss sowie der Klima-, Umwelt-, Kultur-, Schul- und Sozialausschuss künftig bis zu einer Wertgrenze von 500 000 Euro entscheidungsbefugt sind. Zuvor hatte die Grenze bei 200 000 Euro gelegen. Beim Bau- und Werkausschuss, der in den zurückliegenden Jahren Kosten in Höhe von bis zu 250 000 Euro, beschließen durfte, sind es nun ebenfalls 500 000 Euro. Umgangen wird der Stadtrat dadurch aber nicht. Voten aus den Ausschüssen kann er jederzeit mehrheitlich überstimmen.

Der Trend nach oben setzt sich im bürgermeisterlichen Verfügungsrahmen fort. Durfte der Rathauschef bislang 30 000 Euro ohne Ausschuss- oder Stadtratsvotum abzeichnen, liegt die Grenze künftig bei 50 000 Euro.

Eine Änderung gibt es auch bei der inhaltlichen Zuständigkeit des - ebenfalls als überlastet geltenden - Bauausschusses: Der Themenkomplex "Natur- und Landschaftsschutz" geht von nun an im um den Klimaaspekt erweiterten Klima-, Umwelt-, Kultur-, Schul- und Sozialausschuss auf. Themen rund um die Wirtschaftsförderungen wechselten in den Finanz- und Wirtschaftsausschuss.

Für den Fall, dass die Justierungen nicht den gewünschten Erfolg bringen, ist in der neuen Geschäftsordnung zudem eine Art Sicherungsmechanismus eingebaut: Um 22 Uhr ist Schluss. Was bis dahin noch nicht abschließend beraten ist, rutscht in die nächste - und womöglich zusätzliche - Sitzung.

© SZ vom 16.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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