Politik:Dem Beschluss folgt der Zwist

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Grafings Stadtrat setzt beim Klimaschutz praktisch alle Wünsche der Fraktionen um. Wegen eines nachgeschobenen BfG-Antrags kommt es dennoch zum Streit

Von Thorsten Rienth

Grafing - Die Stadt Grafing packt an beim Klimaschutz: In seiner Sitzung am Dienstag hat der Stadtrat zuerst das von der Hochschule Weihenstephan mit der Ebersberger Energieagentur ausgearbeitete Grafinger Klimaschutzkonzept genehmigt. Anschließend gab das Gremium die Gelder für die Vollzeitstelle eines Klimaschutzmanagers frei. Der soll die Umsetzung der einzelnen Klimaschutzmaßnahmen vorantreiben. Obwohl damit so ziemlich alle denkbaren Wünsche aus den Stadtratslagern abgedeckt waren, folgte großer Streit.

Denn nachdem die Punkte Klimaschutzkonzept und -manager bereits beschlossen waren, alles Wesentliche also längst bearbeitet war, folgte in der Tagesordnung ein Klimaschutz-Grundsatzantrag des Bündnis für Grafing (BfG).

"Eine Zeitschneiderei ist das, ein Schaufensterantrag, der völlig obsolet und überflüssig ist", schimpfte die CSU-Stadträtin Susanne Linhart. "Dafür habe ich hier weder Bedarf, noch Verständnis."

Im Kern ging es im BfG-Antrag um verbindliche Zusagen, etwa hinsichtlich eines Zeitplans und nötigen Finanzmitteln. Doch weil BfG-Stadtrat Heinz Fröhlich seinen dreiseitigen Antrag Wort für Wort vorlas - was er machen kann, aber nicht machen muss - strapazierte er die Nerven seiner Stadtratskollegen aus derer Sicht gehörig. Das sei "eine Lehrermentalität, die im Stadtrat nichts zu suchen" habe, lautete etwa ein Zwischenruf.

"Der Antrag ist eine absolute Unterstellung", sagte Grünen-Stadträtin Christiane Goldschmitt-Behmer, "ihr unterstellt uns mit diesem Antrag, dass wir alles, was wir hier bereden, nicht ernst meinen", klagte sie. Das bereits erfolgte Votum für das Konzept sei ein klares Bekenntnis zur Umsetzung. Der zweite Bürgermeister Josef Rothmoser (CSU) empfahl Fröhlich, seinen Antrag erst einmal mit den bisherigen Beschlüssen abzugleichen. "Viel von dem ist ja schon längst der Fall", so Rothmoser, über den Rest könne man freilich diskutieren. Selbst der dem BfG nahestehende SPD-Stadtrat Franz Frey pflichtete seinen Vorrednern Goldschmitt-Behmer, Linhart und Rothmoser bei.

Die BfG-Stadträtin Marlene Ottinger sah sich indes durch die vorhergegangenen Kommentare zu einer Klarstellung genötigt: "Ich glaube die Verwirrung entsteht, weil das so gut vorbereitet ist." Gemeint war damit augenscheinlich der eben von ihrem Mann Heinz Fröhlich vorgetragene Antrag. Das Gremium quittierte die Rückendeckung mit Gelächter und legte den BfG-Antrag zu den Akten.

Letztlich wurde also wie geplant - teilweise lediglich gegen die Stimmen des BfG - sowohl das Klimaschutzkonzept als auch die Stelle des Klimaschutzmanagers beschlossen. Beide Punkte sind verschränkt, das Konzept zeigt die Grafinger Potenziale zur Einsparung von Energie auf, etwa durch energetische Sanierungen, Wärmepumpen, Bürger-Fotovoltaikanlagen oder Elektro-Mobilität. Allen voran beim Grafinger Öl- und Gasverbrauch sieht das Konzept Handlungsbedarf, so steht es in dem Entwurf. Der Klimaschutzmanager wiederum hat die Aufgabe, zu überwachen, dass die Maßnahmen geschickt priorisiert und abgestimmt umgesetzt werden. Die Vollzeitstelle schreibt die Stadt Grafing nun aus, der Bund fördert sie mit 65 Prozent für drei Jahre.

Als sich zum Ende der Debatte eine breite Mehrheit für diese Vorgehensweise abzeichnete, meldete sich Stadtrat Christian Einhellig (FW) mahnend zu Wort: "Wir werden uns in ein paar Jahren selber fragen müssen, ob wir diese neuen Ziele erreicht haben. Das muss uns hier allen klar sein." Würde die Stadt mit dem Konzept nicht umgehend loslegen, sei es zu spät.

Mit der Ansage bezog er sich auf ein ambitioniertes Klimaschutzziel, das der Landkreis Ebersberg vor gut zehn Jahren formulierte: Demnach soll der Kreis bis zum Jahr 2030 komplett unabhängig sein von fossilen und anderen endlichen Brennstoffen. Es bleiben also noch knapp 13 Jahre.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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