Pliening:Mehr Kontrolle, mehr Security

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Das Landratsamt will nach dem Polizeieinsatz in der Traglufthalle strengere Sicherheitsmaßnahmen. Das Thema dominiert die Plieninger Bürgerversammlung.

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Der Tätigkeitsbericht des Bürgermeisters war es wohl nicht, der am Donnerstagabend so viele Plieninger in den Bürgersaal gelockt hatte, dass einige Gäste sogar stehen mussten. Die Nachfragen aus der Zuhörerschaft zeigten vielmehr, dass es die Aufregung um die Polizeieinsätze der vergangenen Monate ist, die viele Plieninger zurzeit umtreibt.

Dreimal war es seit Ende August zu Einsätzen gekommen. Damals hatten die Beamten einen Streit zwischen zwei Männern schlichten müssen. Nachdem die Security danach erneut Hilfe herbei rief, weil neuer Streit zu drohen schien, stellten die Einsatzkräfte Stangen und Stöcke sicher. Mitte September war die Halle geräumt und durchsucht worden, die Bewohner für Stunden in der Turnhalle untergebracht, weil der Verdacht auf eine Bombe im Raum stand. Ein Sprengstoff- und ein Drogensuchhund wurden eingesetzt. Das verdächtige Kästchen entpuppte sich als selbst gebastelter Lautsprecher.

Am Dienstagabend dieser Woche war dann gegen 19 Uhr ein Streit ausgebrochen, der ein Großaufgebot der Polizei auf den Plan rief. Ein Flüchtling hatte einen Teller mit Besteck mit in seinen Schlafraum nehmen wollen, was gegen die Vorschriften ist. Von einem Securitymitarbeiter darauf angesprochen, warf er alles wütend von sich, woran sich eine Schlägerei entzündete. Beamte aus München, Erding und dem Landkreis wurden hinzugezogen, 23 Streifenwagen, ein Schichtzug mit 24 Mann aus München und ein Polizeihund seien vor Ort gewesen, berichtete der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Poing, Helmut Hintereder.

Der Einsatz dauerte bis 23 Uhr

Erst gegen 23 Uhr hätten sich die Kräfte zurückgezogen, als sie sicher sein konnten, dass Ruhe in der Halle herrschte. "Bei so einem Einsatz schicken wir so viele Kräfte wie möglich", erklärte er. Am nächsten Tag sei die Polizei nochmals vorgefahren, um einen Flüchtling, der in Gewahrsam genommen worden war, zurückzubringen, und zu den Geschehnissen vom Abend zu ermitteln. Die Sache liege nun bei der Kriminalpolizei Erding. Zwei Polizisten, zwei Security-Mitarbeiter und zwei Flüchtlinge seien verletzt worden, in der Halle jede Menge kaputtgegangen.

In Reaktion auf die Vorfälle ist nun die Zahl der Sicherheitskräfte fast verdoppelt worden, sie wurde, wie Landrat Robert Niedergesäß (CSU) berichtete, von sechs bis acht auf zwölf bis 14 aufgestockt. Damit hoffe man auch die Sorge der Eltern zu beruhigen, die sich zu Beginn- und Schlusszeiten der benachbarten Grundschule mehr Security am Eingang der Halle gewünscht hätten.

Die Sicherheitsleute sollen künftig auch ein strengeres Hausrecht ausüben können, Flüchtlinge intensiver auf Waffen und Alkohol kontrollieren dürfen und zur Not am Betreten der Halle hindern. Beides waren Forderungen gewesen, die Plienings Bürgermeister Roland Frick (CSU) in Reaktion auf den Dienstagabend ans Landratsamt gestellt hatte, das als Betreiber das Hausrecht hat. Noch nicht entschieden ist über eine weitere Forderung, nämlich die, straffällig gewordene Flüchtlinge in kleinere Unterkünfte zu verlegen, wo sie besser betreut werden könnten, so Frick.

Wenig Chance auf Umzug nach Poing

Der Vorschlag werde im Landratsamt geprüft, sagte Norbert Neugebauer, Büroleiter des Landrats, am Freitag. Allerdings wolle man vermeiden, die Randalierer auch noch zu belohnen, wenn man sie aus der ungeliebten Halle hole. Eine Entscheidung soll am Montag fallen.

Wenig Aussicht auf Erfolg räumte Niedergesäß dagegen in der Versammlung dem Wunsch aus Pliening ein, einen Teil der Flüchtlinge in die leer stehende Halle in Poing zu verlegen. Der Beschluss der Regierung von Oberbayern, die Halle nicht zu nutzen, nachdem derzeit keine Flüchtlinge in den Landkreis geschickt werden, sei auch für das Landratsamt völlig überraschend gekommen. Natürlich bedeute eine weitere Halle mehr Kosten, ein weiteres Catering, eine weitere Security, aber "ich versteh' es auch nicht", sagte der Landrat.

Er habe zumindest darauf gedrungen, die Halle stehen zu lassen bis zum Vertragsende, falls der Notfallplan doch wieder aktiviert werden müsse. "Aber wir wissen auch, ab 50 Menschen in so einer Halle wird es schwierig. Die Traglufthalle in Pliening ist zurzeit das Schwierigste, das wir haben." So hat das Landratsamt noch eine weitere Sicherheitsmaßnahme beschlossen: Im Aufenthaltsbereich der Halle wird eine Videoüberwachung installiert.

"Wir wollen auch die Menschen schützen, die dort wohnen"

Grundsätzlich, sagte Polizeidienstellenleiter Hintereder, gebe es trotz der Anwesenheit der Flüchtlinge in Pliening und anderen Gemeinden aber nach wie vor keinen Anstieg von Delikten, die Landkreisbürger beträfen, wenn auch deren subjektives Empfinden oft ein anderes sei. Die Auseinandersetzungen beschränkten sich meist auf die Flüchtlinge untereinander, wenn auch seine Beamten öfter ausrücken müssten, je mehr Menschen in so einer Halle seien. Aber auch ohne Hilferuf von der Security werde die Traglufthalle zweimal täglich angefahren.

"Wir wollen Präsenz zeigen, aber auch die Menschen schützen, die dort wohnen. Es gab schon Flüchtlingsheime, die gebrannt haben. So etwas wollen wir hier nicht." Was er auch nicht wolle, sagte Hintereder auf einen wiederholten Vorwurf aus dem Publikum, sei, sich nachsagen zu lassen, er würde die Öffentlichkeit nicht genug informieren. "Ich schreibe nicht wegen jeder Körperverletzung einen Polizeibericht. Aber ich tue es, wenn Rettungskräfte und Einsatzwagen vorfahren. Das geht nach den gleichen Maßstäben wie bei anderen Bürgern auch."

Bürgermeister Frick, der nach eigenen Worten "sehr betroffen, enttäuscht und auch sauer" über die Vorfälle vom Dienstag war, rief dazu auf, nun trotz des Geschehenen nicht die zu verurteilen, die friedlich in der Unterkunft lebten. Eines aber sei klar: "Am 30. April 2017 ist Schluss mit der Halle." Der Vertrag mit dem Hallenbetreiber sei nicht verlängert worden. "Da können sie mich beim Wort nehmen."

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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