Pliening:Heimische Alternativen

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Landwirtschaftsminister Helmut Brunner besucht den Zehmerhof in Gelting, um Werbung für regional produzierte Eiweißfuttermittel wie Sojabohnen zu machen

Von Anselm Schindler, Pliening

Seit mehr als einem Jahrtausend und 22 Generationen steht der Zehmerhof in Gelting. Er war die erste Ansiedlung in dem kleinen Ort nahe Pliening. Auf dem Hof der Hubers war selten viel los, Landwirtschaft eben. Doch die steht, seit Regionalität und Ökologie auf die Tagesordnung gesetzt wurden, vor neuen Herausforderungen. Und damit auch der Hof der Hubers. Am Dienstag hat Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) das Anwesen besucht, um über die Fortschritte im Anbau von heimischen Eiweißfuttermitteln zu sprechen.

Als der Dienstwagen des Ministers anrollt, stellen sich alle im Halbkreis auf: Die Hubers, Angestellte vom Landesamt für Landwirtschaft, der Landrat und einige Presse-Vertreter sind gekommen. Das Auto bremst und der Minister steigt aus. Der Fahrer bleibt sitzen, hängt seine Beine aus der Tür, "weil der Herr Minister ja eh glei wieder weiter muss", wie einer der Landwirte mit einem Schmunzeln anmerkt. Familie Huber hat viel vorbereitet in einer Halle nahe der Flughafentangente: Eierkartons liegen auf einem Tisch, in Trögen werden Futtermittel zur Schau gestellt und es gibt Käse-Häppchen. Und Landwirtschaftsminister Brunner weiß den Trubel für sich zu nutzen, "ich bin dran", sagt Brunner, als Ludwig Huber den Familienbetrieb kurz vorgestellt hat. Brunner ist zufrieden mit den Fortschritten, die die bayerische Landwirtschaft beim Ausbau von Eiweißfuttermitteln in den vergangenen Jahren erreicht hat. 2001 startete das Ministerium das Aktionsprogramm "Heimische Eiweißfuttermittel". Die Ziele: den Anteil an heimisch produzierten Sojabohnen, Erbsen, Leguminosen und anderen Futtermitteln steigern, um unabhängiger von Importen zu werden und die Umwelt zu schonen. Und um sicherstellen zu können, dass die Endprodukte auch wirklich gentechnikfrei sind, wie es viele Verbraucher fordern.

Sojapflanzen werden vermehrt auch in Bayern angestellt und inzwischen offenbar auch in getoasteter Form verkauft. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Diesen Zielen sei man inzwischen ein ganzes Stück näher gekommen, berichtet Brunner. Und das auch dank dem Zehmerhof. Familie Huber setzt seit rund acht Jahren auf regionale Fütterung. Mehr als die Hälfte des Futters, das der Betrieb für seine 14 500 Hühner benötigt, besteht aus selbst angebautem Körnermais und Weizen. Für ein Viertel des Futters bilden Sojabohnen die Grundlage, hier baut der Familienbetrieb auf fünf Hektar aber nur einen geringen Teil selbst an. Dafür stammt das Soja zu 90 Prozent aus bayerischen Betrieben und nicht etwa aus den USA, aus Argentinien oder Brasilien. "Wie es da zugeht, weiß jeder von uns aus Fernsehberichten", erklärt Brunner. Für den Sojaanbau würden oft riesige Flächen Regenwald gerodet. Gentechnik-Konzerne wie Monsanto stürzen die Landwirte in Abhängigkeiten, sie haben das Patent auf das Soja-Saatgut. Für viele Kleinbauern der Ruin.

Ein großer Lastwagen steht vor einem der vier Ställe, er kommt einmal im Monat und bringt die riesigen trichterförmigen Futtermischanlagen zur Zubereitung des Hühnerfutters. Die Freilandhühner gackern wild herum, sie zerren und zupfen mit ihren Schnäbeln an allem, was nicht niet- und nagelfest ist. Drinnen steht Landwirtschaftsminister Brunner und lässt sich von den Hubers die Zusammensetzung ihres Futtermittels zeigen. Die regionale Herstellung des Futters hat ihren Preis. Denn das Soja aus Süd- oder Nordamerika ist einfach billiger, auch wegen des Einsatzes der hierzulande verbotenen Gentechnik und aggressiver Spritzmittel wie Roundup, das ebenfalls vom Gentech-Riesen Monsanto hergestellt wird. Das teurere Futter macht sich auch im Endprodukt bemerkbar, pro Ei sind es rund 1,5 Cent, die der Kunde mehr bezahlen muss, wie Anton Huber, Seniorchef des Hofes erklärt. Bei einer großen Packung Eier sind das hochgerechnet bereits 18 Cent. Doch die Kunden seien in vielen Fällen bereit, für die Regionalität der Produkte mehr zu bezahlen, betont Anton Huber. Auch wenn die Produkte der Hubers nicht das Bio-Siegel tragen. "Für uns geht Regionalität ganz klar vor Bio", sagt Anton Hubers Sohn Ludwig. Wenn es ein Produkt in Bio-Qualität in der Region eben nicht gebe, sei es auch keine Lösung, lange Transportwege in Kauf zu nehmen. Das sei schließlich erst recht nicht ökologisch.

Landwirtschafsminister Brunner (Mitte) mit Familie Huber, Landrat Niedergesäß und Bürgermeister Frick. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das sieht Minister Helmut Brunner genauso. Ihm geht es beim Programm "Heimische Eiweißfuttermittel" auch darum, die bayerische Landwirtschaft zu stärken. Und die Bemühungen tragen Früchte: Der Sojaanbau wurde in Bayern in den vergangenen Jahren nahezu verdoppelt.

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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