Pliening:Alles bio - schon vor dem Trend

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Als sie vor 18 Jahren den Großhandel Epos Biopartner gründeten, mussten Hermann und Susanne Oswald oft noch Skeptiker überzeugen. Heute ist die Firma etabliert und gerade in neue Räume in Pliening umgezogen

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Steve Jobs gründete sein Unternehmen in einer Garage. Hermann und Susanne Oswald haben es ganz ähnlich gemacht, nur haben sie sich, dem eher ländlichen Umfeld ihres Heimatorts entsprechend, eine Scheune ausgesucht. Und wenn auch die Firma Epos Biopartner nach 18 Jahren nicht die weltumspannende Ausdehnung des Apple-Konzerns erreicht hat, so haben es die Grafinger mit ihrem Betrieb von ursprünglich drei auf inzwischen 50 Mitarbeiter gebracht, ein Vertriebs- und Lieferantennetz aufgebaut, das sich vom Landkreis Ebersberg aus über Ingolstadt bis Landshut, ins Allgäu und bis ins österreichische Mühlviertel erstreckt. Weltweit - das würde mit der Philosophie von Nachhaltigkeit und Regionalität kaum harmonieren.

Aus der Scheune eines Grafinger Bauern, wo Hermann Oswald und seine Frau Susanne Ende der 90er Jahre begonnen haben, ist die Firma längst ausgezogen. Vor acht Jahren ließ sich Epos Biopartner im Plieninger Gewerbegebiet in Landsham nieder. Von hier aus, wo der Großhändler für Bioprodukte seit Anfang dieses Jahres auf allen Etagen eines 5000-Quadratmeter-Gebäudes an der Gewerbestraße 12 zu Hause ist, mit allein 3000 Quadratmetern Hallenfläche, beliefern seine acht Lkws Großküchen von Unternehmen, Mensen und Kinderbetreuungseinrichtungen. Nudeln und Tomaten, Mozzarella und Müsliriegel, Würstl, Fleisch und Eier, Obst, Kräuter und vieles mehr stehen auf der Lieferliste. Allein 2000 Produkte hat die Firma in Landsham ständig in ihrer Lagerhalle - in der Epos, so weit es geht, auf Handarbeit setzt. Weitere 8000 Produkte kann sie innerhalb von 24 Stunden über ihren Vertragspartner Bodan in der Nähe des Bodensees besorgen. Alles garantiert biologisch, hergestellt entsprechend der EG-Öko-Verordnung.

Das Vertriebs- und Lieferantennetz erstreckt sich heute bis ins österreichische Mühlviertel und ins Allgäu. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der klassische Biofachhandel habe längst seine Bezugsquellen gehabt, als sich das Unternehmen zu entwickeln begann, erzählt Hermann Oswald. Erzeugerverbände wie Naturland oder Bioland gibt es seit 30 beziehungsweise 40 Jahren, die Marke Demeter existiert seit 1928 und ihre Vorgaben gehen in manchen Produktionsbereichen sogar über die EU-Anforderungen hinaus. Die traditionellen Anbauverbände und die angeschlossenen Erzeuger gehören ebenso zum Lieferantenkreis für Epos, wie regionale Höfe, Mühlen oder auch Brauereien, wie Tagwerk, der Seepointerhof, die Herrmannsdorfer Landwerkstätten oder die Wolfmühle.

Ein Wachstumsplus von sieben Prozent verzeichnete die deutsche Biobranche im Jahr 2014, ähnlich wie in den Jahren davor, "und wächst noch ein bisschen mehr", sagt Oswald. "Inzwischen gehört Bio in vielen Restaurants und Betrieben ja zum guten Ton." Zu Beginn der Firmengeschichte sah das noch ganz anderes aus. Während seines Studiums jobbte Hermann Oswald häufig im Messebau, und, erzählt er, "ich kam viel in allen möglichen Restaurationen herum". Doch jedes Mal, wenn er nach biologischen Gerichten fragte - privat sei er schon früh auf entsprechende Ernährung umgestiegen - war seine Enttäuschung groß. Das habe sich längst geändert.

2000 Produkte hat das Unternehmen in seiner Halle in Landsham ständig auf Lager, alles garantiert biologisch. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Neben Restaurants und Kindergärten gehören Unternehmen wie Linde, die Bayerische Versicherungskammer, das Landshuter Kinderkrankenhaus Marien, die evangelische Akademie Tutzing, das Tagungshotel Gut Sonnenhausen oder die Glonntaler Backkultur zu den Kunden des Landshamer Großhändlers. Susanne Oswald ist froh, dass die schwierigen Jahre des Aufbaus vorbei sind. "Ich habe sicher ein Jahr meines Lebens am Telefon verbracht", erzählt sie lachend, inzwischen aber habe die Firma einen Mitarbeiter, der sich im Außendienst ausschließlich um Akquise kümmert. Nicht nur, weil sich der Name Epos im Bereich des Bio-Caterings herumgesprochen habe - "wir haben sehr viele langjährige Geschäftspartner" - sondern auch, weil gesellschaftliche Rahmenbedingungen dazu beitrügen, die Existenz der Firma zu sichern. Hermann Oswald verweist auf die Zielvorgaben der Bio Regio Bayern 2020 des Landwirtschaftsministeriums, mit der eine Verdoppelung an Ökoprodukten aus Bayern in den kommenden fünf Jahren erreicht werden soll.

"Es hat lange gedauert, bis die Politik reagiert hat, die Landwirtschaftspolitik der vergangenen Jahrzehnte hat das Land komplett verändert", sagt Oswald, der nicht von ungefähr bei diesem Thema einen Blick aus dem Fenster des Besprechungszimmers wirft. Gleich hinter dem Firmenparkplatz beginnt ein riesiges Maisfeld. "Das erneuerbare Energiengesetz hat die Anbauflächen für Mais vervielfacht", klagt er, "und die Flächen sind so viel teurer geworden." Eine Entwicklung, die es kleinstrukturierten landwirtschaftlichen Betrieben immer schwerer mache, sich zu behaupten. "Der Bauernhof mit einem Mischbetrieb, der nicht nur Sklave seiner Rindviecher ist, sondern wie der Bauer, den man von früher kennt, mit Hühnern im Hof, und verschiedenen Feldern rundherum, der kann sich im konventionellen Bereich kaum mehr behaupten." So ist der Biosektor, wo immer noch höhere Preise gezahlt werden, für traditionell wirtschaftende Bauern sogar eine Chance.

Angefangen haben Susanne und Hermann Oswald ganz klein - in einer Garage in Grafing. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Um so wichtiger, sagen die Oswalds, seien Grundsatzbeschlüsse wie die der Städte München und Augsburg, die ihre Kindertageseinrichtungen innerhalb von zehn Jahren auf Bio umstellen wollen. Gerade in den Großstädten gebe es viele Eltern, die darauf zunehmend Wert legten, sagt Susanne Oswald. Mit der Förderung biologischer und kleinräumiger Anbaustrukturen betreibe man gerade in den Ballungsregionen Landschaftsschutz - was für Hermann Oswald eine Herzensangelegenheit ist. Ausschließlich zertifizierte Betriebe nimmt Epos ins Vertriebsnetz auf. Auch die Küchen, die mit dem Biosiegel auf ihren Speisekarten arbeiteten, müssten eine Zertifizierung vorweisen, erklärt er. Wer seinen Betrieb von konventionellen Lebensmitteln umstellen wolle, bekomme von Epos nicht nur die Produkte, sondern auch eine individuelle Beratung. Es sei ganz wichtig, dass nicht nur der Chef davon überzeugt ist, sondern dass auch die Angestellten mitgenommen werden. "Wenn ein Betriebsrat darauf stolz ist, dass in der Kantine seit zehn Jahren die Preise nicht erhöht wurden, welchen Spielraum hat denn so ein Küchenchef dann schon?" Bei manchen Produkten im Biobereich, wie Nudeln, sei der Preisunterschied ja nur gering - "Bio-Nudeln mit Tomatensauce kann ich also im Kindergarten ganz leicht für geringfügig mehr Geld anbieten", - aber ein Stückchen Biofleisch koste schnell mal das Doppelte vom konventionellen Schnitzel. Gerade hier aber, so Susanne Oswald, lasse sich auch gut argumentieren: "Weil so ein Hähnchen nun mal auch doppelt so viel Platz braucht, doppelt so lange leben darf und dann eben auch doppelt so viel und besseres Futter bekommen muss."

Das werde und dürfe sich aber in Zukunft auch nicht ändern, "wir dürfen im Bio-Bereich nicht den Fehler machen, die Strukturen des konventionellen Großhandels nachzuahmen. Dort kann ich ganz schnell mal, wenn der Vertragspartner nicht liefern kann, auf einen anderen Hersteller aus irgendeinem Land ausweichen. Das geht bei uns nicht." Grundsätzlich gebe es keinen Bereich, der so stark kontrolliert werde, wie Bio-Produktion und -Vertrieb. "Vertrauen ist aber auch unser stärkstes Werbemittel", sagt Oswald. Wer damit Schindluder treibe, schneide sich ins eigene Fleisch. Ob es nun um die einheimischen Tomaten geht, die in einem der Kühlräume des Unternehmens in Landsham lagern, oder um die ersten Herbst-Äpfel aus Italien. "Was von draußen kommt, muss genauso zertifiziert sein wie alles, was hier wächst, es wird zusätzlich getestet und analysiert. Vertrauen ist für uns das wichtigste Plus."

Zu Engpässen komme es trotzdem nur sehr selten, erklärt der Firmengründer, noch halten sich Angebot und Nachfrage in der Regel die Waage. Und dann haben Küchenchefs und auch Endverbraucher, die "bio" kochen und einkaufen ja auch meist einen anderen Ansatz und oft mehr Einsehen in jahreszeitliche, klimabedingte natürliche Mechanismen. Aber auch der Biobereich sei von Modeströmungen nicht ganz frei. "Wenn in einer bekannten Kochsendung im Fernsehen ein Bio-Hühnchen verwendet wird, dann kann es schon mal passieren, dass plötzlich alle nach Bio-Hühnchen rufen. Aber so schnell wachsen die Viecher halt nicht."

© SZ vom 08.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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