Pliening:Alle unter einem Dach

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In Pliening hat der Bauausschuss für das Vorhaben gestimmt, ein Mehrgenerationenhaus zu errichten. Das Landratsamt muss das in Landsham geplante Gebäude allerdings erst genehmigen.

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Alle Generationen unter einem Dach. Es ist immer jemand da, der nach den Kindern sieht, sich um den Vater kümmert, der nicht mehr genau weiß, wo er zu Hause ist, oder jemand, der den Rollstuhl der Mutter in den Schatten schiebt. Aus dem kleinen Büro, zwei Eingänge weiter, dringt leise Musik, und durch das offene Fenster nebenan ist zu hören, wie der hilfsbereite IT-Spezialist, der gerne mal in der Nachbarschaft das Internet wieder zum Laufen bringt, in seine Tastatur hämmert.

So jedenfalls die Idealvorstellung eines Mehrgenerationenhauses. Und so ähnlich könnte es tatsächlich an der Landshamer "Chaussee" einmal aussehen - wenn das umgesetzt wird, was der Plieninger Bauausschuss auf den Weg gebracht hat.

Am Ortsausgang von Landsham Richtung Pliening, gleich hinter dem Autohaus Gruber, soll die Anlage mit zwei ambulant betreuten Wohngemeinschaften, 17 Förderwohnungen, barrierefrei zugänglichen Büros und mindestens zwei Aufenthaltsräumen, die für Bewohner aber auch Externe aus dem Dorf nutzbar sind, entstehen. Auf dem knapp 3800 Quadratmeter großen Grundstück im Zwickel zwischen Erdinger Straße, Brunnenweg und der Straße "An der Chaussee", die nach Süden in eine kleine Wohnsiedlung führt, sollte eigentlich ein Hotel gebaut werden.

Im Raum München sind zehn ähnliche Projekte in Planung

So zumindest war es vor einigen Jahren geplant, bis der Eigentümer die Fläche an die Maro Genossenschaft für selbstbestimmtes und nachbarschaftliches Wohnen mit Sitz in Ohlstadt verkaufte. Die Genossenschaft hat sich durch die Entwicklung alternativer Wohnkonzepte vor allem im ländlichen Raum ausgezeichnet. Elf Projekte sind im Moment in Planung, drei, in Weilheim und Ottobrunn, sind bereits fertig. "Und wir haben inzwischen Anfragen aus der gesamten Großregion um München", sagt Inge Schmidt-Winkler, eine von zwei Vorständen der Genossenschaft.

Für den Landkreis würde das Vorhaben ein Modellprojekt darstellen und einen Schritt in eine neue Richtung sozialer Wohnraumbeschaffung bedeuten. So sollen in den Wohngemeinschaften in einem Extrabau zum einen Pflegebedürftige, zum anderen Demenzkranke unterkommen. In die geförderten Wohnungen könnten dann etwa Ehepartner einziehen, die noch keine Betreuung brauchen.

Es werden aber auch vier Vierzimmer- und eine Fünfzimmerwohnung in dem L-förmigen Komplex mit drei beziehungsweise zwei Etagen entstehen, gedacht für große Familien, die auf dem freien Wohnungsmarkt keine Chance haben.

"Das sind keine Sozialwohnungen"

"Das sind keine Sozialwohnungen", so Schmidt-Winkler. Klassischerweise würden solche Wohnungen an Paare mit geregeltem aber geringem Einkommen vermietet. "Der Mann ist Angestellter und sie bleibt wegen der drei Kinder zu Hause oder arbeitet als Erzieherin." Wer in den Genuss einer solchen Wohnung komme, zahle zwar den gesamten Mietbetrag an den Träger, müsse aber nur rund fünf Euro pro Quadratmeter selbst aufbringen, den Rest bekomme er über das Landratsamt vom Bezirk Oberbayern zurück.

Neben den Wohnungen werden in der Anlage, die auf der von der Staatsstraße abgewandten Seite eine große Gartenanlage mit mehreren, voneinander abtrennbaren Bereichen haben soll, fünf Büroeinheiten geplant. Ebenso wie alle Wohnungen komplett barrierefrei und auch gefördert. "Wir haben jede Menge Anfragen von Menschen, die ihren Beruf aufgeben müssten, weil sie vielleicht ihr Büro im zweiten Stock nicht mehr erreichen können. Da können wir helfen."

Der Bauausschuss hat das Vorhaben einstimmig abgesegnet, einzig das Flachdach mit Dachterrasse hatte zu Diskussionen geführt. "Das greislige Ding fügt sich nicht ins Ortsbild ein", hatte der zweite Bürgermeister Franz Burkhardt (CSU) bemängelt. Der Ausschuss hatte über eine ganze Reihe von Befreiungen vom Bebauungsplan zu beschließen, darunter auch das Flachdach, das in Pliening sonst nicht vorgesehen ist und in der Vergangenheit wiederholt heftig diskutiert wurde. "Wozu braucht's da ein Flachdach und eine Dachterrasse? Das seh' ich nicht", sagte Burkhardt und fand einige Unterstützer im Ausschuss.

Tatsächlich mache das Flachdach doppelt Sinn, sagt Schmidt-Winkler. Schrägen im Obergeschoss beeinträchtigten die barrierefreie Nutzung für die Bewohner, außerdem verursache ein Satteldach im Gegensatz zu einem begrünten Flachdach mit Terrasse höhere Instandhaltungskosten, die auf die Miete umgelegt werden müssten. Und schließlich solle gerade für demente Bewohner hier ein Bereich geschaffen werden, wo sie ungestört von Blicken oder Bällen spielender Kinder auch mal die frische Luft genießen könnten. Ähnlich argumentierte Bürgermeister Roland Frick (CSU), dennoch stimmten vier von sechs Gemeinderäten gegen das Flachdach.

In zwei Wochen muss der Gemeinderat über das Vorhaben befinden. Dann muss sich auch noch zeigen, wie das Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde das Projekt bewertet, weil das Vorhaben die laut Bebauungsplan angestrebte Mischung von 50 zu 50 zwischen Gewerbe und Wohnen wohl nicht ganz erreicht, wie Bauamtsleiter Martin Schmidt-Roschow erklärte. Bürgermeister Frick wertete die bisherigen Signale aus dem Landratsamt jedoch als positiv, Ende Juli trifft er sich dazu mit Landrat Robert Niedergesäß (CSU).

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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