Pläne der neuen Staatsregierung:Erst einmal abwarten

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Vertreter von Umweltverbänden, Wirtschaft, Landwirtschaft und Kommunen sehen im Koalitionsvertrag der neuen schwarz-orangen Landesregierung viele Absichtserklärungen. Sie hoffen, dass bald Konkreteres folgt

Von Barbara Mooser, Ebersberg

"Das klingt sauguad", sagt Franz Lenz zur Ankündigung der neuen Koalitionsregierung, die bäuerlichen Familienbetriebe etwa durch verlässliche Rahmenbedingungen im Steuerrecht besser zu unterstützen. Doch das große Aber hört man gleich mit in der Reaktion des Ebersberger Kreisobmanns des Bauernverbands. "Die Frage ist, was daraus gemacht wird", sagt er. Auch sonst fallen die Reaktionen im Landkreis auf den Koalitionsvertrag der neuen schwarz-orangen Landesregierung eher abwartend aus. Dass jetzt beispielsweise wieder Bürokratieabbau für Mittelstand und Handwerk angekündigt werde, sei ja schön und gut, sagt Sonja Ziegltrum-Teubner, Vorsitzendes des IHK-Gremiums im Landkreis. Aber solche Versprechen habe es schon oft gegeben - dabei sei für jede abgeschaffte bürokratische Hürde eine neue eingeführt worden.

Grundsätzlich, das verhehlt jedoch Ziegltrum-Teubner nicht, erwarte sie von der neuen Regierungskonstellation eher wirtschaftsfreundliche Politik: "Das ist eine Konstellation, mit der wir ganz zufrieden sein können." Doch es gebe auch viel zu tun sagt sie, beispielsweise beim Fachkräftemangel - oder beim Mangel an Mitarbeitern generell. Eine Zuwanderung von Fachkräften vom Ausland müsse zwar bundesweit geregelt werden, doch die bayerische Staatsregierung könne durchaus die Regeln für die Beschäftigung von Flüchtlingen lockern, unterstreicht die Vorsitzende des IHK-Gremiums. "Ich hoffe, dass das jetzt, wo die Wahl vorbei ist, wieder entspannter gesehen wird", sagt sie. Der Arbeitskräftemangel sei ihrer Überzeugung nach ein limitierender Faktor beim Wirtschaftswachstum.

Mit gewisser Skepsis haben Vertreter der Umweltverbände im Landkreis Ebersberg den angekündigten Schwenk zu einer grüneren Politik im Freistaat Bayern registriert. Eine Reduzierung des Flächenverbrauchs beispielsweise haben sich die Koalitionäre in München vorgenommen, angestrebt wird eine Richtgröße von fünf Hektar - genau eine Beschränkung auf diese Größenordnung hatten die Grünen und Umweltverbände in ihrem Volksbegehren gefordert, das letztlich nicht zugelassen wurde. Auch Klimaschutz soll eine größere Rolle spielen, das Thema soll sogar Verfassungsrang erhalten.

"Das sind erst einmal Schlagworte", sagt Olaf Rautenberg, Kreisvorsitzender des Bundes Naturschutz. Es bleibe abzuwarten, wie das dann tatsächlich umgesetzt werde. Auch Richard Straub, Kreisvorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz, verbindet mit der neuen Koalition erst einmal nicht allzu große Hoffnungen: "Ich bin insgesamt eher skeptisch, dass sich groß was ändern wird. Auf der anderen Seite - schlechter kann's nicht werden", so Straub. Rautenberg und Straub unterstreichen aber, dass sie sich noch nicht intensiv mit dem neuen Koalitionsvertrag befasst haben - das haben sie sich für die nächsten Tage vorgenommen.

Für Hans Gröbmayr, Klimaschutzmanager des Landkreises, ist erst einmal enttäuschend, was nicht zu finden ist im neuen Koalitionsvertrag: beispielsweise die Rücknahme der 10-H-Regelung. Dass der Klimaschutz Verfassungsrang bekommen solle, sei natürlich erfreulich, so Gröbmayr, gespannt dürfe man sein, wie dies im Detail ausgestaltet werde. "Wahnsinnig wichtig" wäre es laut Gröbmayr eigentlich, schnell auf die fortschreitende Klimaveränderung - deren Folgen gerade in Italien wieder drastisch erkennbar würden - zu reagieren und den Ausbau erneuerbarer Energien massiv zu fördern. Davon erkenne er beim ersten Blick auf den Koalitionsvertrag zu wenig: "Mir scheint es eher so, als ob es eine gewisse Zufriedenheit mit dem gäbe, wie es ist. Aber zufrieden kann man wirklich nicht sein."

Auch Franz Lenz, immerhin selbst Mitglied der Freien Wähler, sieht etliche Aussagen im Koalitionsvertrag als zu unverbindlich. "Aber wenn es nicht wieder bei Absichtserklärungen bleibt, ist einiges davon schon nicht schlecht", sagt er. Dass etwa die Änderungen im Alpenplan wieder rückgängig gemacht würden, begrüße er sehr, ebenso die Eindämmung des Flächenverbrauchs. Enttäuschend sei aus seiner Sicht, dass es kein klares Aus für die dritte Startbahn am Flughafen gibt, sondern dass das Projekt vorerst nur aufgeschoben wird: "Die hätte ich so gern weggehabt."

Udo Ockel, Kreisvorsitzender des Gemeindetags, erwartet für die Kommunen keine wesentlichen Umbrüche durch die Politik der neuen Koalition: "Es sind keine großen Überraschungen dabei, das hat sich alles angedeutet." Spannend sei vor allem, wie die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung gestaltet werde - vor allem, welche Konsequenzen das für Altfälle habe. Abwarten müsse man auch, welche Folgen die Ankündigung habe, den Flächenverbrauch einzudämmen und wie dieses Ziel umgesetzt werde: "Es ist immer leicht, ein Schlagwort in den Raum zu stellen - am Detail scheiden sich dann meist die Geister."

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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