Ottersberg:Von der Glut zum Feuerchen

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Die Isarschixn müssen sich bei ihrem Auftritt in Ottersberg zunächst einmal warmlaufen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die "Isarschixn" spielen im Ottersberger Stadl

Von Ulrich Pfaffenberger, Ottersberg

Dieser Musikstadl, den sich Rudi Zapf in Ottersberg hingestellt hat, ist ein mächtiger Resonanzkörper. Weder Musiker noch Publikum können seiner Wirkung widerstehen, und so sind im zwanzigsten Jahr der Sommerkonzert-Reihe die Plätze drinnen so gut besetzt, dass erstens draußen ein handgeschriebenes Schild "5 Personen pro Sitzbank!" hängt und zweitens draußen auch noch ein paar Bänke voller Publikum stehen. So kommt es auch, dass es Zapf gelingt, Ensembles in den Stadl zu lotsen, wie an diesem Abend die "Isarschixn", die zur Premiere ihres Daseins gleich auch noch einen Vollmond mitbringen. Beste Voraussetzungen also für einen erfüllten Abend.

Instrumentalisch, so die Priorität in der Wahrnehmung, ist das Quartett aus dem Mühldorf-Landshuter-Grenzland ein Erlebnis mit Klasse. Schon beim zweiten Stück erfreut es das Publikum, indem es "So lang die grüne Isar" zu einem veritablen Blues umfärbt, der den heimischen Gebirgsfluss zu einem Nebenarm des Mississippi anschwellen lässt. Leckere Kost im Ohr des Liebhabers und ein starkes Zeugnis für das Verständnis von Melodie und Klang in einem geistreichen Arrangement. Der anschließende "Kriminal-Fango" ist von selbiger, hoher Qualität und genauso der dezente, aber folgenreiche Wechsel in der Instrumentierung - Standard sind Bass, Gitarre, Schlagzeug und Gesang, die Variationen mit Flöte, Ziach, Melodica & Co. schier endlos. Wenn die Isarschixn dann Johnny Cashs "Ring of fire" in die kalt brennende Liebe einer herzlos Verschmähten verwandeln oder Trude Herrs Hymne an die Schokolade in die Warnung "Schleich di doch mit deine Gschicht'n, gib mir lieber an Schokolaad", spiegelt sich in den flotten Nummern die Begeisterung für gute Musik anderer, ohne dass dies einfach nur gecovert wirkt.

Geschickt spielt das Quartett zudem mit den Elementen bayrischer Musikkultur. Polka, Landler und Zwiefacher feiern fröhliche Urständ, die in Mundart gesungenen Texte geben dem Klangbild eine herzerwärmende Note. Im Wechselspiel von ursprünglichem Rock'n'Roll, mit Bossanova und 50er Jahre-Schlagermusik ergibt sich daraus eine schmackhafte Melange. Kurzum: Birgitt Binder (Gesang), Sabine Schubart (Kontrabass), Dagmar Kratzer (Akkordeon, Klavier) und Andrea Lenz (Gitarre, Percussion) bei ihrer Reise durch musikalische Epochen und Stile zuzuhören, das ist vom ersten bis zum letzten Takt ein Vergnügen. Weniger bezwingend ist die kabarettistische Note ihres Programms "Ois im Fluss". Zwar sind ihre Miniaturen übers Allzumenschliche gut beobachtet, aber spontan sind sie nicht, "schixnhaft" erst recht nicht. Zumindest nicht in der landläufigen Deutung des Begriffs. Dazu fehlt es am Hochnäsigen, Schnippischen und Arroganten, meistens auch am Schrägen. Hier mangelt es mitunter daran, dass die Texte nicht tief genug mit der Melodie verschmelzen und es ihnen an Pfiff und Würze mangelt. Mit Blick aufs Gewand der Musikerinnen daher die Feststellung: Rote Strümpfe allein machen noch keinen Rotstrumpf. Wobei nach der Pause ein spürbares Mehr an Emotion auf der Bühne aus dem Glühen im Stadl dann doch ein Feuerchen macht, das die Hände zum herzhaften Applaus wärmt.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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