Ökologischer Aschermittwoch:Schnapsidee mit Zukunft

Lesezeit: 2 min

Hans Zäuner und Werner Stinauer berichten in Baldham vom Bau ihres Windrades bei Bruck. (Foto: Christian Endt)

Die Betreiber des Hamberger Windrades stellen ihr Projekt vor

Von Christian Bauer, Vaterstetten

Die Energiewende soll im Landkreis voranschreiten. Ob man diesem Ziel beim Ökologischen Aschermittwoch im Baldhamer Pfarrsaal Maria Königin einen Schritt näher gekommen ist, bleibt abzuwarten: Mit 13 Zuhörern sind nicht einmal die Hälfte der aufgestellten Stühle besetzt, der Altersdurchschnitt liegt deutlich über 50. Umso aufmerksamer aber hören die Anwesenden den Referenten Hans Zäuner und Werner Stinauer zu, die von ihrem Vorzeigeprojekt berichten. Dank diesem steht seit 2016 in Hamberg bei Bruck ein Windrad. Wer schuld ist? "Unsere Frauen", verrät Zäuner.

Diese nämlich hätten die beiden zum Kinderfasching mitgeschleift, wo sie "bei einem Tragl Bier unterm Tisch" ins Gespräch gekommen seien. Bei diesem habe eine Idee Gestalt angenommen: Die eigene Heimatgemeinde mit einer Windkraftanlage zu bereichern. Genauer gesagt die sechs östlichen Ortschaften der Gemeinde, zusammen unter dem Namen Osterkling bekannt. Ein Vorhaben, bei dem man ab und zu einen Schnaps braucht, merkt Stinauer an. Denn die Umstände waren beileibe nicht einfach. Von Bürgerinitiativen, die sich "von Weitem" gegen die Anlage zusammengeschlossen hätten, bis hin zum Wechsel des Ingenieurbüros habe es keine Schwierigkeit gegeben, die ihnen erspart geblieben wäre.

Dies ist der Grund, warum die beiden viel unterwegs sind und von ihren Erfolgen, aber auch Schwierigkeiten berichten: Dass es von der Idee bis zum tatsächlichen Bau fünf Jahre - von 2011 bis 2016 - dauert, "das muss nicht zweimal passieren."

Wie sie gelernt hätten, sei es ganz wichtig, alle Vorgaben strengstens zu erfüllen, sodass die Baugenehmigung nicht mehr anfechtbar ist. Ihr eigenes Anliegen sei "über drei Jahre zu Tode geprüft" worden.

Nun stößt ein Windrad von 138 Meter Nabenhöhe nicht nur auf Begeisterung der Anwohner. Im Gegenteil, sogar einen tätlichen Angriff auf ihn gab es, erzählt Zäuner. An gewissen Punkten hätten sie beide gedacht: "Nein, den ganzen Ärger ist es nicht wert." Wieso sie trotzdem durchgehalten haben, und sich die Betroffenen am Ende doch hinter das Projekt stellten? Weil man mit den Einwohnern gearbeitet habe. Bei einer Abstimmung in Hamberg habe sich eine deutliche Mehrheit für das Projekt ausgesprochen. Nun gehört das Windrad zu 99 Prozent den 16 Osterklinger Familien, die sich finanziell an dem Vorhaben beteiligt haben, mit einem Prozent ist zudem ein Steuerberatungsbüro beteiligt. "Das ist der Schlüssel zum Erfolg", stellt Zäuner fest. "Dass die erneuerbare Energie in Bürgerhand liegt".

Eine Million der 3,7 Millionen Euro, die für das Gesamtprojekt nötig waren, stammt von den Konten der Teilhaber-Familien. Den Rest hat man sich von der ortsansässigen Bank geliehen. Der produzierte Strom wird an den Landkreis verkauft. Ziel sei, das Doppelte des eingesetzten Kapitals nach den vorerst angesetzten 20 Jahren Betriebszeit herauszubekommen. Momentan läuft es gut: Der Januar 2019 war der bis dato ertragreichste Monat.

Allen, die ein ähnliches Projekt für ihre Gemeinde auf die Beine stellen möchten, raten Zäuner und Stinauer vor allem eines, nämlich die Reihenfolge einzuhalten, die da lautet: Zuerst die Bürger fragen, sich dann um den Pachtvertrag kümmern, und erst ganz am Ende bei der Gemeinde vorsprechen. Nur so sei zu gewährleisten, dass das Bürgerprojekt auch ein solches bleibe, und das sei unbedingt nötig, wenn es erfolgreich sein soll. Ein weiterer Tipp: Vor Antragstellung die komplette Vegetation zu begutachten, "samt Eisbären und allem." Ansonsten könne man wieder bei Null anfangen - was die beiden im Laufe ihres Projekts zweimal am eigenen Leib erfahren mussten.

Auf die Anmerkung aus dem Publikum, dass ein solches Vorhaben gelinge, sei eine "ausgesprochene Ausnahme", antwortet Stinauer: "Wenn die Leute mitreden dürfen, so wie bei uns, dann geht so etwas nochmal. Und wenn es nochmal geht, dann geht es danach nochmal und nochmal."

Das Geheimnis ist also, nicht auf die Politik zu warten, sondern die Zukunft als Bürger selbst zu gestalten - ganz nach dem Motto, das stolz auf dem Windrad prangt: "Wir können den Wind nicht ändern, aber unsere Richtung."

© SZ vom 08.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: