Öffentlicher Verkehr:Vier Vorschläge für den Nahverkehrs-Ausbau im Landkreis Ebersberg

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SZ Karte (Foto: SZ)

Wenn die Region weiter so stark wächst, wird es immer enger auf den Straßen. Damit die Menschen nicht dauernd im Stau stehen, müsste der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. Unsere vier Vorschläge.

Von Wieland Bögel

Wie beliebt der Landkreis ist, zeigt sich nicht nur an den zahlreichen neuen Wohngebieten sondern auch auf der Straße und in der Bahn. Schließlich müssen die vielen Neubürger in der Früh ihre Arbeit oder Schule erreichen, in die Kita gebracht werden, haben Behördengänge oder Arzttermine zu erledigen. Bereits jetzt, mit knapp 140 000 Landkreisbürgern stößt die vorhandene Verkehrsinfrastruktur gelegentlich an ihre Grenzen. Behalten die Statistiker Recht, werden jedes Jahr gut 1000 Neubürger hinzukommen. Damit dies nicht zum Verkehrskollaps führt, muss der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. Dazu gibt es verschiedene Vorschläge und Ideen, einige sind realistischer als andere.

S-Bahn nach Wasserburg

Die Idee: Dieser Ausbauvorschlag ist der Klassiker unter den Ideen zur Verbesserung des Nahverkehrs im Südosten des Landkreises. Bereits seit Jahrzehnten gibt es Forderungen, endlich den Streckenabschnitt zwischen Ebersberg und Wasserburg - beziehungsweise Reitmehring, wo der Zug seit einem Erdrutsch in den 1980er Jahren endet - mit einer Oberleitung zu versehen. Dann könnte endlich auch die S-Bahn von der Isar bis zum Inn verkehren.

Wer es fordert: Eigentlich alle. Erst im Frühjahr hatten sich die Kreisgrünen für die Elektrifizierung der Strecke Richtung Wasserburg im Rahmen ihrer "Alternativen S-Bahn-Spatenstiche" ausgesprochen. Auch im Positionspapier der MVV-Landkreise steht eine Fortsetzung des S-Bahn-Astes nach Osten, und erst kürzlich stellte der CSU-Bezirksverband "die Elektrifizierung Ebersberg-Wasserburg" als Forderung in seine Ballungsrauminitiative ein.

Realisierbarkeit und Zeitplan: Dass es irgendwann eine Oberleitung auf der Strecke geben wird, gilt als sicher. Andere Voraussetzungen für einen dichteren Takt, wie der Kreuzungsbahnhof in Steinhöring, sind bereits umgesetzt. Wann allerdings die erste S-Bahn nach Reitmehring - und anders als bei der Geisterfahrt 1988 - auch wieder zurück nach Ebersberg fährt, ist unklar. Bei der Bahn steht das Projekt auf der "Noch-zu-erledigen-Liste" der nächsten zehn Jahre.

Ausbau der S-Bahn-Strecken

Die Idee: Für mehr Pünktlichkeit und einen dichteren Takt sollen einige Engstellen im S-Bahn-Netz beseitigt werden. Das betrifft die derzeit eingleisigen Abschnitte zwischen Grafing Bahnhof und Ebersberg sowie zwischen Markt Schwaben und Erding. Von zwei auf vier Gleise soll die Strecke zwischen Feldkirchen und Markt Schwaben ausgebaut werden.

Wer es fordert: Auch diese Idee ist eigentlich unumstritten, sie findet sich im S-Bahn-Konzept der Grünen ebenso wie im Positionspapier der MVV-Landkreise. Die Anliegergemeinden Poing und Markt Schwaben haben sich ebenfalls des Öfteren für einen solchen Ausbau stark gemacht, auch Grafing und Ebersberg fordern seit Jahren mehr Gleise, genau wie der Landkreis selbst. Die Grafinger haben vergangenes Jahr sogar einen Stadtratsbeschluss zu dem Thema gefasst.

Realisierbarkeit und Zeitplan: Weder für das Vorhaben im Norden, noch für jenes im Süden, gibt es derzeit einen konkreten Plan der Bahn, in die beiden Kreisstädte dürfte noch längere Zeit nur ein Gleis führen. Grund sind unter anderem die schwierigen Eigentumsverhältnisse und die oftmals sehr dicht an den Häusern vorbeiführenden Schienen. Denkbar wären allerdings Ausweichstrecken in einigen Abschnitten, aber auch hier gibt es aktuell nichts Konkretes. Etwas besser sieht es mit dem viergleisigen Ausbau der Strecke nach Markt Schwaben aus. Denn östlich der Marktgemeinde in Richtung Mühldorf wird wohl definitiv im kommenden Jahrzehnt ausgebaut, ob dann allerdings auch Richtung München weitergebaut wird, ist unklar. Aber immerhin wird ein Ausbau seit März von der Bahn geprüft, Ergebnis steht noch aus.

Es fährt ein Bus nach Irgendwo

Die Idee: Wer zwischen nördlichem und südlichem Landkreis unterwegs ist, und dies mit öffentlichen Verkehrsmitteln tut, muss meist einen Umweg über München nehmen. Zumindest wer S-Bahn-Passagier ist. Entlastung sollen neue Busverbindungen zwischen Nord und Süd bringen, etwa zwischen Ebersberg und Hohenlinden und weiter nach Erding oder zwischen Ebersberg, Markt Schwaben, Anzing, Schwaberwegen und Forstinning. Auch zwischen Hohenlinden und Markt Schwaben via Forstinning soll der Bus künftig häufiger fahren

Wer es fordert: Der Ausbau der Buslinien steht bereits seit Jahren auf der Wunschliste der Kommunen entlang des Forsts. Erst in dieser Woche hat der Verkehrsausschuss des Kreistags einstimmig beschlossen, die Buslinien durch den Forst und nördlich davon weiter zu verbessern. So wird es in Forstinning neue Haltestellen für die Linie 446 geben, das bislang zwischen Hohenlinden und Markt Schwaben verkehrende Ruftaxi wird in die Linien 446 und 469 integriert.

Realisierbarkeit und Zeitplan: Bereits mit dem Fahrplanwechsel im vergangenen Dezember wurden die ersten Verbesserungen eingeführt, seitdem fährt der Bus zwischen Ebersberg und Hohenlinden morgens öfter. Im Dezember dieses Jahres soll dann auch die Frequenz des Busses zwischen Ebersberg, Anzing und Markt Schwaben erhöht werden und außerdem besser auf die Abfahrts- und Ankunftszeiten anderer Busse und der Bahn abgestimmt werden. Acht Jahre lang soll dann die neue Linienführung bestehen, den Landkreis wird dies zwischen 15 000 und 25 000 Euro im Jahr kosten.

Eine Bahn durch den Wald

Die Idee: Anstatt den Umweg über Berg am Laim sollen S-Bahnpassagiere mit dem Zug direkt zwischen den beiden Linien S 2 und S 4 unterwegs sein können. Verschiedene Verbindungen wären dabei möglich, etwa von Poing nach Zorneding oder sogar von Markt Schwaben nach Ebersberg beziehungsweise Grafing Bahnhof.

Wer es fordert: Gewünscht wurde eine Bahnverbindung durch den Forst in den vergangenen Jahren von verschiedenen Seiten. Am konkretesten wurde vor einigen Jahren der damalige Markt Schwabener Bürgermeister Bernhard Winter, er sprach sich für eine Trambahn entlang der Staatsstraße 2080 aus. Aktuell hat sich die Forst-Bahn zwar niemand auf die Agenda geschrieben, allerdings werden im Positionspapier der CSU-Oberbayern "tangentiale Verbindungen" zwischen den S-Bahn-Ästen gefordert, auch durch "schienengebundene Verkehrsmittel".

Realisierbarkeit und Zeitplan: Völlig offen. Weder bei den Trassenverläufen noch bei den Kosten gibt es Konkretes. Wer eine solche Strecke bezahlen müsste - die Kommunen, der Landkreis oder der Freistaat - und zu welchem Anteil, müsste ebenfalls noch verhandelt werden. Nicht zuletzt verliefe eine solche Waldbahn durch teilweise streng geschützte Gebiete - was, wie die Diskussion über die Windräder im Forst oder die geplante Umfahrung von Schwaberwegen zeigt, durchaus problematisch werden kann. Bis man also per Zug zu den Wildschweinen fahren kann, dürfte es noch einige Zeit dauern.

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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