Oboe trifft Saxofon:Musikalische Geschichtsstunde

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Den Klang von Oboen und Saxofonen vergleichen konnten Besucher bei einem Konzert in der Baldhamer Kirche Maria Königin. (Foto: Christian Endt)

Zwei Ensembles machen in Maria Königin an ihren Instrumenten Vergangenheit und Gegenwart hörbar

Von Claus Regnault, Vaterstetten

In der nahezu ungeheizten Kirche Maria Königin in Baldham fand ein Konzert statt, welches ein wenig einer musikalischen Geschichtsstunde glich. Da trafen sich zwei Ensembles, die Vergangenheit und Gegenwart an ihren jeweiligen Instrumenten hörbar machten, das Concert Royal aus Köln, auf historischen Oboen des 17. und 18. Jahrhunderts, und das Saxofon-Quartett Saxofourte aus Frankfurt. Und dies mit einem Programm, welches von Marc Antoine Charpentier über Johann Sebastian Bach bis zu Astor Piazolla reichte.

Die Oboe ist ein Holzblasinstrument mit einer langen Geschichte. Ihre Vorläufer reichen bis in die vorantike Zeit zurück (Aulos, Schalmei), als Konzertinstrument bis in ihre Rolle in der "Hausband" Ludwigs XIV. von Frankreich unter ihrem Chef und Constructeur Louis Hotteterre. Und die Begegnung mit ihr fand nun in einem Jahr statt, welches zum "Jahr der Oboe" ausgerufen wurde. Kurt Schneeweis, künstlerischer Leiter der Vaterstettener Rathauskonzerte, hat dem in seinem Programm schwerpunktmäßig Rechnung getragen, denn das Publikum wird in diesem Jahr noch weiteren Oboisten begegnen, so am 18. Juni vor allem Albrecht Mayer, dem großartigen Solo-Oboisten der Berliner Philharmoniker.

Das Saxofon ist demgegenüber ein Instrument unserer Zeit, 1840 von dem Belgier Adolphe Sax zur Welt gebracht. Zwangsläufig ergeben sich aus einer solchen Gegenüberstellung Berührungspunkte, die sich in einer Vielzahl von Bearbeitungen klassischer Musik, insbesondere derjenigen von Johann Sebastian Bach, niedergeschlagen haben. Die Bearbeitungspraxis ist ja vor allem ein Kind des Barock, in welchem für andere Instrumente komponierte Werke auf das jeweils eigene Instrument umgeschrieben wurden. Berühmtes Beispiel ist Bachs Umarbeitung des Vivaldi-Konzerts für drei Violinen in ein Konzert für drei Cembali.

So hörte man bei dem Konzert also im Wesentlichen derartige Bearbeitungen statt der Originale, teilweise unter Beteiligung beider Ensembles an ein und demselben Stück. Und dieses Zusammenspiel fand vor allem bei Werken von Bach statt, so beim Eingangschor aus der Kantate "Höchsterwünschtes Freudenfest" (BWV 194) und dem gregorianischen Magnificat als Grundlage des Eingangschors aus der Kantate BWV 10 und des Schlusschors aus der Kantate "Nun danket alle Gott" (BWV 192). Hierbei war vor allem das Oboenensemble Träger der instrumentalen Entwicklung, während den Saxofonen der melodiebetonte Choralgesang des Originals zugewiesen war.

Da wurden dann deutliche Klangunterschiede zwischen dem "näselnden" gepressten Ton der Oboen und dem weichen Saxofonklang deutlich. Beide Ensembles sind von hoher professioneller Qualität; bemerkenswert ist aber doch, dass bei den gemeinsam musizierten Stücken von Piazolla der Saxofonton eine blühendere Tonqualität zeigte, so als wollten die Saxofone demonstrieren, in welchem nahegelegenen Jahrhundert sie eigentlich zu Hause sind.

Ähnliches war schon bei der durch die Saxofone gesungenen "Aria" (Cantilena) aus "Bachianas brasilieras Nr. 5" von Heitor Villa-Lobos zu erleben. Ausgesprochen virtuos ihre Bearbeitung von Bachs h-moll-Suite (BWV 1067), vertraute Musik, die sich in der "Badinerie" in schräge Jazzkontrapunkte steigerte.

Insgesamt eine fesselnde Begegnung und, vor allem im zweiten Teil des Konzerts, spürbare Annäherung verschiedener musikalischer Epochen, die vor begeistertem Publikum stattfand und mit einer Piazolla-Zugabe einen mitreißenden Schlusspunkt setzte.

© SZ vom 01.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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