Zwist wegen Ausstellung:Obermayr stärkt Schäfer: "Er hat mein vollstes Vertrauen"

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Angelika Obermayr auf der Grafinger Bürgerversammlung 2017. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Grafings Bürgermeisterin stellt sich demonstrativ hinter den in die Kritik geratenen Stadtarchivar Bernhard Schäfer. Auch er selbst meldet sich zu Wort.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Der Münchner Königsplatz im Dritten Reich, die Kreistage der NSDAP im Landkreis Ebersberg, Grafing und Umgebung zur Zeit des Ersten Weltkriegs, und, und, und. Dann wurde die Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) gnädig mit ihren Stadträten. "Naja, Sie können ja selber lesen." Über fünf Seiten hätte Obermayr da noch weiter referieren können.

Diese lange Liste von Bernhard Schäfers bisherigen Publikationen war Antwort auf die Frage des Bündnis für Grafing (BfG), ob der Grafinger Stadtarchivar überhaupt die nötige Qualifikation mitbrächte, im Museum der Stadt eine Ausstellung zu kuratieren. Die Sitzung am Dienstag hat die Bürgermeisterin genutzt, um Schäfer demonstrativ aus der Schusslinie zu nehmen.

"Dieser Angriff entbehrt jeder Grundlage, er hat mein vollstes Vertrauen", rief Obermayr in Richtung BfG und Evamaria Volland vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), die Vorsitzende des Ebersberger Kreisverbands verfolgte die Sitzung von den Gästeplätzen. "Die Ausstellung folgt nüchtern - auf breiter Quellenbasis und flankiert von der aktuellen Forschungsliteratur - der historischen Faktenlage." Sie stimme zu, das alles möge bisweilen langatmig sein. "Aber diese ausführliche Schilderung ist nun einmal der komplexen Faktenlage geschuldet."

Für die Bürgermeisterin reflektiert die Ausstellung differenziert

Sehr wohl würde die Ausstellung die Wirren um die Jahre 1918 und 1919 differenziert reflektieren, verteidigte Obermayr weiter: "Wer unvoreingenommen durch die Räume geht, sieht eine größtenteils kriegsmüde Bevölkerung, die durchaus bereit ist, sich auf die revolutionären Neuerungen einzulassen." Es ließe sich aber nun einmal schlecht ignorieren, dass die anfängliche Offenheit bald in Ablehnung umgeschlagen hätte. "Als sich nämlich bei den neuen Machthabern diejenigen Kräfte in den Vordergrund drängten, die stark sozialistische Positionen vertraten, traditionelle Wertvorstellungen und Belange der ländlichen Bevölkerung ignorierten und die angekündigte Demokratisierung verschleppten."

Auch Schäfer selbst meldete sich in der Sitzung zu Wort. Etwa zum Vorwurf, er verwende allen voran "rechte" Quellen. "Es gibt in Grafing aus dieser Zeit fast nur Quellen aus dieser politischen Gesinnungshaltung", sagte er. "Darüber kann man sich ärgern oder schämen oder wie auch immer. Aber das müssen wir nun einmal akzeptieren." Genauso wenig könne er nun einmal behaupten, "dass alle Grafinger, die gegen die Räte gezogen sind, deshalb Vorläufer der NSDAP gewesen sind".

Noch existierende Aufzeichnungen des Grafinger SPD-Gründers Martin Pletzer habe er für die Veranstaltung freilich gesichtet. Die seien ihm jedoch für das Thema der Ausstellung wenig relevant erschienen. Auch die Kritik, er würde die sozialen Aspekte der Revolution ausklammern, wollte Schäfer so nicht gelten lassen. "Die Ausstellung geht nicht über die Errungenschaften der Revolution oder den 'weißen Terror' in München", sagte er. "Sie stellt rein sachlich und nüchtern die Geschehnisse in und um Grafing dar." Für die gesamtgesellschaftliche Einordnung gebe es deshalb ein Begleitprogramm in Form von mehreren Abendveranstaltungen.

Eine dabei nicht ganz unwesentliche Randnotiz: Die Abendveranstaltung am Sonntag, 10. Februar, über Münchens vergessene Revolutionärin Sarah Sonja Lerch findet ausgerechnet in Kooperation mit einem scharfen Kritiker der Ausstellung statt - dem DGB.

© SZ vom 17.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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