Obdachlos :Noch keine Lösung in Sicht

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Im März wurde die Obdachlosenunterkunft in der Eberhardstraße geschlossen. Seither suchen die Gemeinden nach einer gemeinsamen Lösung. (Foto: Christian Endt)

Weil die Zahl der Obdachlosen ständig steigt, soll eine gemeindeübergreifende Unterkunft geschaffen werden. Doch bisher gibt es weder ein Grundstück noch eine Finanzierungsvereinbarung

Von Stella Vogl, Ebersberg

Immer mehr Menschen im Landkreis haben kein eigenes Dach über dem Kopf: Eine Statistik des Landratsamtes zeigt, dass im Jahr 2018 insgesamt 177 Menschen obdachlos waren, vier Jahre zuvor waren es noch 75 gewesen. "Ich merke, wie das in den Gemeinden wirklich gärt", sagt Ernst Weinzierl von der Brücke Ebersberg, der sich auch um diesen Personenkreis kümmert. Beim Plan der Kommunen, eine gemeinsame Unterkunft zur Verfügung zu stellen, gibt es bisher noch keine großen Fortschritte.

Denn grundlegende Fragen müssen erst noch geklärt werden. "Wir brauchen ein Grundstück, wir brauchen ein Gebäude, wir brauchen eine Finanzierungsvereinbarung", zählt Albert Hingerl auf. Der Poinger Bürgermeister und SPD-Fraktionschef im Kreistag hatte eine gemeinsame Lösung vorgeschlagen, nachdem in Ebersberg eine gemeindeübergreifende Obdachlosenunterkunft in der Eberhardstraße schließen musste. Für 14 Bewohner musste eine andere Unterbringung gefunden werden - eine Herausforderung für die Gemeinden, die hierfür zuständig sind und bisher für die Unterbringung oft auf Pensionen ausweichen müssen. Trotz des großes Aufwands, so Hingerl, halte man an einer gemeinsamen Lösung fest: "Ich glaube, dass alle an einer vernünftigen Unterbringung Interesse haben." Seiner Ansicht nach wäre es "beschämend", wenn die Kommunen keine Antwort auf dieses drängende Problem fänden.

Bisher allerdings funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden nach Weinzierls Ansicht nicht besonders gut, gleichzeitig werde die Lage angesichts steigender Mietpreise immer schwieriger. Bereits jetzt verschärft sich die Lage jedes Jahr weiter, das zeigt auch ein Blick auf die Entwicklung in den einzelnen Gemeinden. So stieg die Zahl der Obdachlosen laut der Zahlen aus dem Landratsamt zwischen 2014 und 2018 in Grafing von neun auf 39 Fälle, in Kirchseeon von sieben auf 19, in Markt Schwaben von 13 auf 25 und in Vaterstetten von zwölf auf 16 Personen.

Wie diese Entwicklung aufgehalten werden könnte, das war auch bei einem Workshop Anfang Juli Thema, den das Landratsamt für die Bürgermeister und die zuständigen Fachleute in den Gemeinden angeboten hatte. "Die entscheidende Rolle bei der Unterbringung von obdachlos gewordenen Menschen spielen die Gemeinden, lösen können wir diese gesellschaftliche Problematik aber nur mit vereinten Kräften", so Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Deutlich wurde bei dem Termin aber auch: Sehr viel mehr als Beratung kann das Landratsamt bei diesem Thema nicht anbieten, um nicht in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen. Darum sind es eben weiterhin die Gemeinden, die hier im Zugzwang sind.

Und oft geht es auch nicht nur darum, den von Wohnungslosigkeit Betroffenen eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, was ohnehin eine kommunale Pflichtaufgabe ist. Viele der Menschen bräuchten darüber hinaus auch Unterstützung bei Problemen im Alltag und sozialpädagogische Betreuung - beides gab es in der inzwischen geschlossenen Obdachlosenunterkunft in der Eberhardstraße, die von der Diakonie betrieben worden war. Weinzierl befürchtet, dass bei einer kommunen-übergreifenden Lösung den Bewohnern dieser Unterkunft zu wenige Sozialarbeiter zur Seite gestellt würden.

Diese Meinung teilen auch andere, etwa Rainer Schott, der in der Gemeinde Kirchseeon für das Thema Obdachlosigkeit zuständig ist. "Ich bin nicht so der Freund davon", sagt er über die Idee einer zentralen Lösung. Sollte man sich dennoch dafür entscheiden, müsse "gewährleistet werden, dass die Obdachlosen gescheit betreut werden". Für ihn spielt eine gute Betreuung eine ausschlaggebende Rolle dafür, ob die Betroffenen sich auch wieder einmal aus ihrer schwierigen Situation befreien können und eine richtige Wohnung finden. Schott selbst ist es bereits gelungen, Wohnungen zu vermitteln, aber außerhalb des Landkreises: "Der Wohnungsmarkt im Landkreis ist mehr als angespannt. Sozial Schwache können es sich nicht mehr leisten." Der Preis für einen Quadratmeter in Kirchseeon belaufe sich inzwischen auf 18 Euro - dies sei für Menschen mit sehr wenig Geld, aber auch für Normalverdiener, einfach nicht mehr zu stemmen.

© SZ vom 23.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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